Winfried Kountz kann die Haltung der Stadt nicht verstehen. Aus einem „Akt der Notwehr“ heraus habe er die Anrampung am Gehsteig zum Hotel-Parkplatz anbringen lassen, erklärt der Besitzer des Waldhaus Jakob in der Konstanzer Eichhornstraße. Seit Anfang Juli ist die Zufahrtstrecke zum Strandbad Horn für Autos nur noch in Richtung Mainaustraße befahrbar. Wer mit dem Auto von der Stadt kommend zum Hörnle gelangen will, muss über die Hermann-von-Vicari-Straße fahren. Die Regelung soll zunächst nur für eine Testphase im Sommer 2021 gelten.
Damit seine Gäste „ihre Felgen nicht kaputt fahren“, habe er nun die kleine Rampe am Bordstein angebracht, erklärt Kountz. Bevor die Eichhornstraße zur Einbahnstraße wird, können sie nämlich über den Hermann-Hesse-Weg und die Straße Zur Torkel zu seinem Hotel vorfahren und dann rechts über den Gehsteig auf den Parkplatz einbiegen.

Doch schon kurz nachdem er die Rampe „vorschriftsgemäß von einer Fachfirma“ habe bauen lassen, so Kountz, seien auch schon die ersten Anrufe und E-Mails des Konstanzer Tiefbauamts bei ihm eingetrudelt. „Weil ich keine Bewilligung eingeholt habe“, so der Hotelbesitzer. Die Forderung des Amts: Die Anrampung müsse unverzüglich weg. Doch Kountz denkt nicht daran.
Bereits jetzt habe die neue Verkehrsführung viele seiner Gäste vergrault. „Sie sind teilweise seit vier bis sechs Stunden im Auto unterwegs, wenn sie in Konstanz ankommen, und wenn sie dann vor dem Einbahn-Schild stehen, wissen sie weder ein noch aus.“ Einige hätten nach ihrer Ankunft auch gesagt, dass sie „bei so einer blöden Anfahrt“ nicht wieder zu kommen brauchen, betonen Kountz und ein Mitarbeiter der Rezeption des Waldhaus unisono.

Durch die Anrampung versucht Kountz, den Gästen die Anfahrt nun zumindest ein bisschen zu erleichtern. Doch die Stadtverwaltung bleibt auf SÜDKURIER-Nachfrage hart. „Die Anrampung wurde im Bereich einer Bushaltestelle errichtet und ragt in den Straßenkörper ein. Sie stellt einen gefährlichen Eingriff in den Straßenkörper dar“, schreibt Pressesprecher Walter Rügert.
Hindernisse wie diese Rampe seien eine potentielle Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer. „Deshalb wird Herr Kountz aufgefordert werden, dieses Hindernis wieder auf seine Kosten zurückzubauen. Sollte er auf Dauer dieser Aufforderung nicht nachkommen, wird die Beseitigung durch die Stadt Konstanz erfolgen.“ Die entstandenen Kosten würden Kountz in Rechnung gestellt.
„Die Anrampung kann ich auch in jeder anderen gewünschten Form machen“, entgegnet der Hotel-Besitzer, dem es sowieso am liebsten wäre, wenn die neue Verkehrsführung nochmals überdacht würde. „Das war die schlechteste Lösung, die man gewählt hat“, so Kountz.
Hörnle-Wirt sammelt Unterschriften gegen die Einbahnregelung
Kein Verständnis für die neue Verkehrsführung hat auch Ibrahim Yildirim, der erst seit Frühjahr Pächter des Restaurants beim Strandbad Hörnle ist. „Per Telefon haben Leute angerufen und gefragt, wie sie nun zum Hörnle kommen sollen. Es gab auch viele Beschwerden“, erklärt der Wirt dem SÜDKURIER.
Selbst bei schönem Wetter kämen jetzt weniger Leute ins Strandbad und ins Restaurant als sonst im Sommer üblich, sagt Yildirim: „Ich selbst habe noch keine Erfahrungswerte, da es meine erste Saison ist. Aber das ist das, was mir Gäste und Rettungsschwimmer berichten.“
Wenn sich sonst 5000 bis 6000 Besucher auf der Wiese des Bads tummelten, seien es jetzt nur zwischen 3000 und 4000. Yildirim wünscht sich, dass die Eichhornstraße für Autos wieder in beide Richtungen befahrbar ist. Deshalb sammelt er seit vier Tagen Unterschriften für eine Petition, die er dem Gemeinderat vorlegen will. Bis jetzt (Stand 18. August) seien rund 400 zusammengekommen. „Unser Ziel ist, es bis Montag auf 1800 bis 2000 zu bringen“, betont Yildirim.
Weitere Petition zählt wohl bald über 1000 Unterschriften
Bereits an der 1000-Marke knabberte am Mittwochabend eine weitere Petition, die gegen die neue Verkehrsführung in der Eichhornstraße gestartet wurde. Über die Internetplattform www.change.org sammelt Kilian Kraus seit rund einer Woche Unterschriften, damit die „unsinnige Einbahnstraßenregelung am Hörnle“ rückgängig gemacht wird, wie es auf der Internetseite heißt. 946 haben bis jetzt (Stand 18. August) ihren Namen unter die Petition von Kraus gesetzt. „Ich denke, das ist ein recht deutliches Zeichen“, betont er.
Kraus ist Eigentümer einer Wohnung in der Eichhornstraße, wie er dem SÜDKURIER am Telefon erklärt. „Ich wohne zwar nicht selbst in Konstanz, bin aber oft in der Eichhornstraße und habe das mitgekriegt.“ Er verstehe zwar, dass die Stadt den Radverkehr fördern wolle, jedoch, so Kraus: „Der Gedanke ist gut, aber die Umsetzung ist suboptimal. Es gäbe andere Möglichkeiten, den Radverkehr attraktiver zu machen. Man könnte zum Beispiel die Radfahrer über den für Busse reservierten Wilhelm-von Scholz-Weg leiten, der vom Therme-Parkhaus zur Eichhornstraße führt.“
Auf der Petitionsseite führt Kraus aus, dass durch die Umwege, die Autofahrer wegen der Einbahnstraßenregelung fahren müssen, mehr CO2-Emissionen entstünden. Zudem käme es zu mehr Verkehr vor dem Heinrich-Suso-Gymnasium und in Wohngebieten – und dadurch zu einem erhöhten Gefahrenpotential, wie es auf der Internetseite heißt.
Stadtverwaltung: Kritik soll in Auswertung mit einbezogen werden
Dieses Gefahrenpotential sieht die Stadtverwaltung nicht, wie sie auf SÜDKURIER-Nachfrage betont. „Die Regelung führt zwar zu mehr Verkehr in der Hermann-von-Vicari-Straße, aber zu weniger Verkehr in der Eichhornstraße, das heißt auch vor dem Suso-Gymnasium“, schreibt Pressesprecher Walter Rügert. Und weiter: „Wir sehen dagegen ein deutlich vermindertes Gefahrenpotential für die Fußgänger im Lorettowald. Hier kam es in der Vergangenheit durch den starken Radverkehr zu kritischen Situationen mit Fußgängern, vor allem auch vielen älteren und mobilitätseingeschränkten Fußgängern aus nahe gelegenen Einrichtungen.“
Durch die neue Verkehrsregelung sei diese Gefahr nun beseitigt. Was die zusätzlichen CO2-Emissionen anbelangt, betont Rügert: „Durch die neue Regelung wird die Situation für Radfahrer in diesem Gebiet attraktiver. Das kann den Wechsel vom Auto auf das Rad unterstützen. Auch die Busangebote sind attraktiv.“ Der Umstieg auf Rad oder Bus könnte den zusätzlichen CO2-Ausstoß kompensieren. Selbstverständlich werde die durch die Petitionen geäußerte Kritik jedoch in die Auswertung der Testphase mit aufgenommen, so der Pressesprecher weiter.