„Sauerei“, „Unerhört“ oder „Geht es denn nur um Fahrradfahrer hier?“: So klang die Verärgerung passierender Autofahrer, die Mitarbeitern der Technischen Betriebe Konstanz am Mittwochvormittag entgegenschlug. Die Männer in Orange zeichneten gerade einen Fahrradstreifen in der Eichhornstraße, als die Wagenlenker ihren Unmut über die neue Regelung durch die geöffneten Autofenster Luft machten.

Doch viele Autofahrer sind nicht nur verärgert, sondern auch überfordert. Die neue Verkehrsführung ist bei Google Maps und in vielen Navigationssystemen offenbar noch nicht aktualisiert worden. Autofahrer auf dem Weg zum Strandbad halten daher vor den neuen Schildern, drehen um und nehmen den Weg über die Hermann-von-Vicari-Straße. Andere fahren einfach wie bisher über die Eichhornstraße, die nun aber eine Einbahnstraße ist.
Testphase Eichhornstraße
„Planung der Stadt an den Bürgern vorbei“
Besonders die Gastronomen und Hotelbetreiber am Hörnle betreffe die neue Regelungen, sagt Manfred Hölzl, zweiter Vorsitzender der Dehoga-Kreisstelle Konstanz. „Wir halten die Verkehrsführung für umweltschädlich und geschäftsschädigend“, sagt er. „Zwar wird die Bürgerbeteiligung in Konstanz groß geschrieben, hier aber ist die Planung an den Gastronomen vorbeigegangen.“

Der ehemalige Konzilwirt kritisiert die mangelhafte Beschilderung am Hermann-Hesse-Weg und in der Hermann-von-Vicari-Straße. „Man müsste hier besser erklären, wie die neue Verkehrsführung aussieht und wie man zu welchen Betrieben kommt.“
Außerdem äußert der CDU-Stadtrat Unverständnis darüber, dass die Regelung mitten in der Hauptsaison umgesetzt worden sei. „Es wäre besser gewesen, die Verkehrsführung in der Nebensaison zu verändern.“ So hätte man nicht das Sommergeschäft der Betriebe gefährdet. „Am Hörnle gibt es nämlich Unternehmen, die von der Pandemie betroffen sind – sie müssen Umsätze generieren, um zu überleben.“
Neue Hürde nach sieben Monaten im Lockdown
Winfried Kountz, Besitzer des Hotels Waldhaus Jakob, sieht das ganz ähnlich. „Das ist der falsche Zeitpunkt für so eine Regelung“, sagt er. „Wir haben sieben Monate Lockdown hinter uns, jetzt können wir wieder öffnen und man macht uns diese Möglichkeit kaputt.“ Die Gastronomie leide massiv unter der neuen Verkehrsführung, sagt er. „Und in einer Woche beginnen die Sommerferien.“

Das Problem beschreibt Kountz folgendermaßen: „Viele Gäste verstehen die neue Regelung nicht und müssen längere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das kann man hier regelmäßig beobachten.“ Die Stadt habe die Schilder „in einer Nacht- und Nebelaktion“ Anfang Juli montiert und die Eigentümer nicht ausreichend informiert, kritisiert der Hotelbesitzer.
Gastronom kritisiert Vorgehen der Stadt
Bei der Gaststätte Nicolai Torkel an der Ecke Eichhornstraße/Jakobstraße meldeten sich seit Einführung der neuen Verkehrsführung regelmäßig Gäste, berichtet Mitgeschäftsführer Tilman Gurlitt. „Die Gäste rufen an, weil sie den Weg zu unserem Lokal nicht mehr finden.“ Außerdem hätten sie Schwierigkeiten, zum öffentlichen Parkplatz am Lorettowald zu gelangen.

Die Veränderung sei für die Geschäftsführer überraschend gekommen, sagt Gurlitt. Obwohl die Stadtverwaltung die Anlieger Ende Juni per Postwurfsendung über die bevorstehende Maßnahme informierte und Anlieger bereits im Frühjahr zu einer Online-Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung eingeladen hatte, sei dies nicht ausreichend gewesen, sagt der Gastronom. „Die Betroffenen hätten direkt eingeladen werden müssen. Wir waren ja damals im Lockdown.“ Gurlitt bezweifelt, dass sich die Gäste schnell an die neue Regelung gewöhnen werden. „Wir hoffen, dass es hier nur bei einer Testphase bleibt.“
Stadtverwaltung weist Vorwürfe zurück
Die Konstanzer Stadtverwaltung habe die Kritik der Gastronomen und Gewerbetreibenden an der neuen Verkehrsführung wahrgenommen, bestätigt Walter Rügert, Pressesprecher der Konstanzer Stadtverwaltung auf SÜDKURIER-Nachfrage. Den Vorwurf, dass die Stadt in dieser Sache nicht gut informiert hätte, könne man jedoch nicht nachvollziehen, sagt er.
„Es gab mehrere Informationen in Printmedien und sozialen Medien sowie eine Online-Informationsveranstaltung.“ Dennoch würden alle Rückmeldungen zur Testphase bei der Auswertung und der Entscheidung zum weiteren Vorgehen bezüglich der Zufahrt zum Strandbad Horn geprüft, sagt der Pressesprecher.
Dass Navigationssysteme der Autofahrer am Hörnle noch nicht auf die neue Verkehrsführung eingestellt seien, liege nicht in der Verantwortung der Stadtverwaltung, sagte Pressesprecher Rügert. „Es gibt keine rechtliche Verpflichtung der Unteren Straßenverkehrsbehörde zur Meldung geänderter Verkehrsführungen.“
Dennoch habe die Stadt eine Vereinbarung mit einem Navigationsdienstleister. „An diesen senden wir in regelmäßigen Abständen verkehrsrechtliche Anordnungen, welche in deren Geo-Informationsdaten übertragen und so weitergegeben werden.“ Auch die Änderung in der Eichhornstraße sei bereits dem Dienstleister gemeldet worden sei, erklärte Rügert.
Mögliche „Modifizierungen“ der Verkehrsführung
Für CDU-Stadtrat und Dehoga-Vertreter Manfred Hölzl besteht Hoffnung, dass sich die Lage für Gastronomen und Gewerbetreibende am Hörnle verbessern wird. „Ich glaubt zwar nicht, dass die Stadtverwaltung die Verkehrsführung aufhebt. Wir können aber fordern, dass bei der Beschilderung nachgebessert wird“, sagt er. Dieses Anliegen trug er bei der Gemeinderatssitzung am Donnerstag vor.
Während dieser Sitzung meldeten sich im Rahmen der Bürgerfragstunde auch Betroffene wie Eberhard Teufel, Besitzer vom Schloss Seeheim in der Eichhornstraße, zu Wort. Er schlug vor, dass zumindest Anwohner und Gäste der Betriebe den Straßenabschnitt passieren dürften.
Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn erklärte, dass man die Anliegen der Betroffenen ernst nehme. „Modifizierungen im Rahmen der Testphase sind möglich“, sagt er. Welche konkreten Auswirkungen die Kritik der Gastronomen, Gewerbetreibenden und Anwohner auf den weiteren Verlauf der Testphase haben werde, blieb dabei aber unklar.