Samstag für Samstag und Brückentag für Brückentag stehen Autofahrer in Konstanz im Stau. Das ist nichts Neues – auch nicht, dass sich unter den Wartenden viele Schweizer befinden. Doch nun ist offenbar das Ende der Geduld erreicht. „Wir haben so keine Lust mehr, nach Konstanz zu gehen“, wird eine 60-jährige Schweizerin in einem Artikel des Mediums „20 Minuten“ zitiert.
Was war passiert? Sie und andere Gäste hätten zuletzt zwei Stunden gebraucht, um aus dem Lago-Parkhaus wieder hinausfahren zu können. Der Stau vor dem Einkaufszentrum habe außerdem dafür gesorgt, dass die Parkenden noch zehn Euro nachzahlen mussten, weil die Parkkarte inzwischen abgelaufen war.

Der öffentlich abgelassene Frust der Einkaufstouristen lässt auch auf Facebook die Wellen höherschlagen. Manche Kommentatoren fordern noch mehr Parkhäuser, um die Verkehrssituation zu entspannen, die anderen denken an die Wieder-Eröffnung des Grenzübergangs Klein Venedig für Autos. Wieder andere User sind der Meinung: Wer aus der Schweiz immer noch mit dem Auto nach Konstanz fährt statt mit dem Zug, ist selbst Schuld.
Und was sagt das Centermanagement des Lago zu den Vorwürfen? Ist es ein Imageschaden für den Handelsstandort Konstanz, wenn Schweizer verkünden, sie wollten hier kein Geld mehr ausgeben? Das Einkaufszentrum sei regelmäßig mit der Stadt im Gespräch, „um die berechtigten Interessen des Einzelhandels einzubringen“, schreibt Lago-Sprecherin Anna Wehking.

Viele Fragen bleiben unbeantwortet
Folgende SÜDKURIER-Nachfragen blieben unbeantwortet: An wie vielen Tagen kam es zuletzt zum Stau bei der Aus- oder Einfahrt des Lago-Parkhauses? Wie lange mussten die Autofahrer im Schnitt ungefähr warten? Warum mussten die Parkgäste nachzahlen, obwohl sie nichts für den Stau können, und bekommen sie ihr Geld zurück? Ist das Bezahlsystem mit Parkautomaten noch zeitgemäß oder denkt das Lago daran, Bezahlung per Handy zu ermöglichen?
Anna Wehking antwortet auf erneute Nachfrage: „Wenn unseren Besucherinnen und Besuchern durch die städtischen Baustellen derlei Probleme und Unannehmlichkeiten entstehen, denen wir entgegenwirken können, ergreifen wir natürlich die uns zur Verfügung stehenden Mittel. Auch Kontaktaufnahmen von Betroffenen nehmen wir ernst und kümmern uns.“
Für die Schweizer und auch für das Lago-Management steht fest, dass die Baustelle des Kreisverkehrs vor dem Einkaufszentrum für die langen Staus verantwortlich ist. Die Stadtverwaltung dagegen schreibt: „Die starke Belastung der Altstadt durch den motorisierten Individualverkehr an Hochlasttagen, speziell den Einkaufstourismus aus der Schweiz, ist nicht durch die Baustelle am Bahnhofplatz entstanden, sondern war auch in den Vorjahren festzustellen.“

Verwaltung ermöglicht zweiten Weg aus der Innenstadt
Dennoch hat die Stadt nun beschlossen, auf diese Situation zu reagieren. Ab Samstag, 13. Januar, haben Autofahrer bei Bedarf am Nachmittag eine weitere Möglichkeit, aus der Stadt zu fahren: Sie können an Tagen mit besonders hohem Verkehrsaufkommen zusätzlich über die Bahnhofstraße und Sigismundstraße in Richtung Schnetztor oder Schweiz fahren. Dies sei aber nur an Hochlasttagen möglich, vor allem also an Samstagen, teilt die städtische Pressestelle mit.
Somit legalisiert die Verwaltung einen Weg, den so manch Autofahrer ohnehin schon gewählt hatte, bislang aber unerlaubt. „Diese weitere Ausfahr-Option ist vorübergehend und wird ausschließlich durch die Verkehrskadetten angeleitet“, betont die Stadtverwaltung. An anderen Tagen sei die Bahnhofstraße weiterhin Fußgängerzone und für den motorisierten Individualverkehr gesperrt.
Nicht alle werden sich aber freuen, dass Autos nun an besonderen Tagen durch die Sigismundstraße fahren dürfen. So beklagte sich Anwohner Benjamin Nissenbaum bereits im September 2023: „Es kommt mir hier vor wie eine Autobahn.“ Dadurch, dass dies die Ausweichstraße für Busse ist, würden die angrenzenden Häuser stark vibrieren, so Nissenbaum. Er befürchtet Schäden an den Häusern.

Zudem hatte Peter Kopp aus Wallhausen die Stadtverwaltung schon kurz vor Weihnachten 2023 darüber informiert, dass sich einige Autofahrer unerlaubterweise einen Schleichweg durch die Sigismund- und die Bahnhofstraße gesucht hatten, allerdings in anderer Fahrtrichtung und gegen die ausgeschilderte Einbahnstraße.

Künftig soll Verkehr besser fließen
Und die Schweizer? Sie werden aus Sicht der Stadt künftig keinen Grund mehr haben, sich über Stau vor dem Lago-Parkhaus zu beschweren. „Generell sind nach Fertigstellung des Kreisverkehrs in der Bodanstraße im April 2024 längere Wartezeiten nicht mehr zu erwarten. Bis dahin ist kein mit der Weihnachtszeit vergleichbares Verkehrsaufkommen prognostiziert“, schreibt die Pressestelle.
Sobald der Kreisverkehr fertig ist, könnten die Gäste sowohl über den Bahnhofplatz als auch über die Bodanstraße aus der Stadt hinausfahren. „Daher wird sich die Verkehrssituation auch während der Baustelle am Bahnhofplatz bis Mitte 2025 entspannen“, wird prognostiziert. Außerdem soll die Ampelschaltung am Schnetztor noch in diesem Jahr optimiert werden.