Immer mehr E-Roller fahren durch Konstanz. Nachdem sie erstmals im September 2020 durch die Straßen der Konzilstadt rollten, hat sich die Zahl der Fahrzeuge seither deutlich erhöht. Anbieter und Nutzer freuen sich darüber, für andere stellt dies ein großes Ärgernis dar.

Schätzungen gehen weit auseinander

E-Scooter sind ein Phänomen der sogenannten Mikromobilität: Die Fortbewegung mit Kleinfahrzeugen wie Rollern oder Skateboards – egal ob elektrisch angetrieben oder nicht – soll den Verkehr in Städten schneller, grüner und flexibler gestalten. In Konstanz haben sich im vergangenen Jahr die E-Roller der US-amerikanischen Firma Bird und des Münchner Unternehmens Zeus im Stadtbild etabliert.

Wie viele genau in der Stadt am See unterwegs sind, ist unklar: Die Stadt Konstanz geht derzeit von insgesamt etwa 220 Fahrzeugen aus. Der Anbieter Bird beziffert auf SÜDKURIER-Anfrage die Anzahl seiner Geräte auf mehr als 200, Zeus auf mehr als 100 – Tendenz steigend. Dieses Wachstum kann jedoch zu Problemen führen, die mit dem Nutzungssystem der Roller zusammenhängen.

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Dieses System ist kundenfreundlich aufgebaut: Die Nutzer sehen auf der Karte in der Smartphone-App die Standorte von verfügbaren Fahrzeugen, beginnen dort die Fahrt und stellen das Gerät an ihrem Zielort ab. Das Problem an diesem sogenannten „Free-Floating-System“: Es ist nicht klar geregelt, wo genau die Roller abgestellt werden sollen.

Häufig werden diese auf Gehwegen stehen- oder liegengelassen und stellen somit ein Hindernis für Fußgänger dar, vor allem in der Nacht. Nicht selten kommt es vor, dass die Nutzer die Gehwege sogar befahren. Vorgeschrieben ist die Nutzung von Radwegen und Radfahrstreifen, sofern vorhanden, sowie das Befahren der Straßen.

So soll es sein: Ordentlich abgestellte E-Roller auf einer breiten Fläche am Wollmatinger Bahnhof.
So soll es sein: Ordentlich abgestellte E-Roller auf einer breiten Fläche am Wollmatinger Bahnhof. | Bild: Maurice Sauter

Die Konstanzer Polizei hat dazu eine klare Meinung: „E-Roller sind Kraftfahrzeuge und haben daher nichts auf Gehwegen verloren. Entsprechend verbotswidrig abgestellte, teils umgefallene oder umgeworfene Roller stellen Hindernisse für Fußgänger dar und können so zu Gefahrenstellen auf Gehwegen werden. Insofern kann auch das ‚Free Floating‘-System aus polizeilicher Sicht keinesfalls gutgeheißen werden“, teilt Sprecher Dieter Popp mit. Und es geht noch weiter: Das Abstellen eines E-Rollers auf dem Gehweg stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, welche Polizei und Ordnungsamt mit Bußgeldern ahnden können.

Eigenmächtig umstellen können die Ordnungshüter dieses „Free-Floating“-System nicht, denn die Nutzungsbedingungen sind Sache der Anbieter. Allerdings hat die Stadtverwaltung zusätzlich zum Fahrverbot in Fußgängerzonen bereits zum Start der E-Roller im September 2020 Parkverbotszonen eingerichtet. Diese befinden sich in der Altstadt, an allen Ufergebieten des Seerheins und Bodensees, an Friedhöfen sowie in Wäldern.

In Fußgängerzonen wie der Marktstätte gilt ein Fahrverbot für E-Roller.
In Fußgängerzonen wie der Marktstätte gilt ein Fahrverbot für E-Roller. | Bild: Oliver Hanser

Hier lässt das System das „Auschecken“, also das Beenden der Fahrt mit dem E-Roller nicht zu, fahren kann man in diesen Bereichen dagegen schon. Damit soll das Stadtbild in diesen Gebieten ordentlich gehalten werden. Auch Vandale sollen es dadurch schwerer haben, die Geräte im Wasser zu versenken. Dies stellt nicht nur Sachbeschädigung, sondern auch Umweltverschmutzung durch auslaufende Chemikalien der Batterien dar.

In allen anderen Bereichen der Stadt ist es jedoch den Nutzern mehr oder weniger selbst überlassen, wie sie die Roller hinterlassen. Klare Regeln stellen die Anbieter zumindest nicht auf. So heißt es von der Firma Zeus lediglich: „Egal wo Sie parken, stellen Sie bitte sicher, dass Sie mit dem Scooter keine Fußgänger und andere Fahrzeuge blockieren.“ Bird gibt seinen Nutzern sogar die Anweisung: „Beim Parken auf dem Bürgersteig müssen mindestens 1,6 Meter Breite frei bleiben.“

Anbieter droht Nutzern mit möglichen Mahngebühren

Auf SÜDKURIER-Anfrage teilt das US-amerikanische Unternehmen Bird mit: „Um Falschparken zu vermeiden, sind unsere Flottenmanager täglich in all unseren Städten im Einsatz, um unsere Fahrzeuge zu kontrollieren.“ Zeus gibt an: „Falschparken befürworten wir in keiner Weise. Wir nehmen solche Beschwerden sehr ernst und kontaktieren die verantwortlichen Nutzer. Wir behalten uns vor, Mahngebühren zu erheben.“

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Die Polizei ist sich der Falschparker-Problematik bewusst und denkt über Alternativen nach. „Hierfür sollten entsprechende Parkflächen abseits der Gehwege geschaffen werden“, schlägt Polizeisprecher Popp vor. An ausgewählten Haltestellen des öffentlichen Verkehrs seien solche Flächen „angedacht“, sagt Stephan Fischer vom Amt für Stadtplanung und Umwelt. „Allerdings ist an vielen Standorten die Möglichkeit für gesondert ausgewiesene Flächen durch die Flächenverfügbarkeit eingeschränkt.“ Solange es diese Flächen noch nicht gibt, empfiehlt Polizeisprecher Popp, die Roller an Fahrradstellplätzen zu parken.

Werden noch mehr Roller in Konstanz verteilt?

Bei allem Ärger haben die Fahrzeuge nach gut einem Jahr Gebrauch aber auch positive Effekte erzielt. „Die E-Roller können dazu beitragen, dass weniger Wege mit dem Auto zurückgelegt werden“, teilt Stadtsprecher Walter Rügert mit. Besonders in schlechter angeschlossenen Gebieten dienen die elektronischen Fahrzeuge als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehrsnetz, beispielsweise für die Wege zwischen Bahnhof oder Bushaltestelle und Wohn- oder Arbeitsort.

Bird teilt dazu mit: „Die Einwohner in dieser Region sind eindeutig daran interessiert, den Verkehr zu reduzieren und nachhaltige Mikromobilität zu nutzen.“ Wird die Zahl der Roller also weiter steigen? Gut möglich, denn die Nachfrage bestimmt das Angebot. „Derzeit passt unsere Flottengröße perfekt zur Nachfrage“, heißt es von Bird. Die Stadt möchte die Zahl bei etwa 330 deckeln – in etwa so viele sollen es schätzungsweise in der Hochsaison im vergangenen August gewesen sein.