Lautlos und ohne Abgase vom Bahnhof zur Universität und dann weiter bis zur Insel Mainau. Genauso schnell wie eine Straßenbahn, aber ohne den Platzbedarf im engen Konstanzer Stadtraum. Und so ungewöhnlich, dass schon das erste laute Gedankenspiel ein bundesweites Echo fand: So war das, als 2013 der damals frisch gewählte Oberbürgermeister Uli Burchardt mit einer Idee um die Ecke kam. Man könne noch den Großparkplatz bei der Schänzlebrücke mit einer Seilbahn an das Zentrum der Stadt anschließen.

Neun Jahre später liegt ein Gutachten auf dem Tisch, das der Idee wohl endgültig den Garaus macht. Lange vor der Corona-Krise hatten die Stadträte es bei dem auf Nahverkehr spezialisierten Beratungsunternehmen Rambøll in Auftrag gegeben.
Nun liegt es endlich vor und besagt zusammengefasst, dass eine Seilbahn „das Nachfragepotenzial nicht ausreichend abschöpfen kann, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten“. Will heißen: Es gibt zu wenige Fahrgäste, und die Seilbahn bleibt ein Zuschussgeschäft.
In der Gondel von Kreuzlingen bis zur Mainau
In Konstanz, wo der früh als kostendeckend gepriesene Katamaran über den Bodensee nach Friedrichshafen viele Jahre brauchte, um in die Gewinnzone zu fahren, war die Lust an innovativen Verkehrsmitteln ohnehin nicht durchgehend groß.
Kaum eine Fasnachtsveranstaltung kam ohne einen Seilbahn-Witz aus. Dass Burchardt die Idee ausgerechnet von einem Besuch der Vorarlberger Seilbahnfirma Doppelmayr im Rahmen eines Bürgermeisterausflugs mitgebracht hatte, zerstreute die Skepsis auch nicht gerade.

Dennoch untersuchten die Fachleute mit dem Ernst von Gutachtern verschiedene Linienführungen. Der kühnste Plan sah ein System mit mehreren Teilstrecken vor, das den Hafen der Schweizer Nachbarstadt Kreuzlingen, den Bahnhof, den Stadtteil Paradies, den Stadtteil Fürstenberg, die Universität und die Insel Mainau verbunden hätte, eine Strecke von rund zehn Kilometern.
Doch am Ende blieben die Zahlen ernüchternd: 6850 Fahrgäste seien – noch auf der Grundlage von Vor-Corona- und Vor-Homeoffice-Zeiten – zu erwarten, doch erst ab 20.000 würde es wirtschaftlich.
In der Radstadt Konstanz wird der Drahtesel bevorzugt
So ganz will oder darf sich die Stadtverwaltung das Scheitern allerdings nicht eingestehen. So wird es in einer Vorlage an den Gemeinderat auch notiert, der Gutachter empfehle, „die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs auch durch die Einführung eines höherwertigen ÖPNV-Systems nicht aus den Augen zu verlieren“. Was so viel heißt: Zusätzlich zu den roten Stadtbussen ergibt irgendeine Art von Bahn irgendwann vielleicht schon noch Sinn.
In der Politik sind die Reaktionen eher schmallippig. Zumal das Gutachten auch zeigt, dass das im Städtevergleich bereits sehr gute Konstanzer Busangebot nur für viel Geld noch so weit attraktiver gemacht werden könne, dass die Zahl der Nutzer deutlich steigt. So werden zwar laut Verkehrsplaner nur noch 25 Prozent aller Wege innerhalb der Stadt mit dem Auto zurückgelegt. Aber nicht, weil die Konstanzer in Massen ihre Busse nutzen, sondern weil der Fahrrad-Boom gar nicht aufhören will.
Nachdem Konstanz in den nächsten Jahren massiv sparen muss (es fehlen rund 15 Millionen Euro pro Jahr), hielt sich die Begeisterung für die Vorschläge des Rambøll-Gutachtens im Technischen und Umweltausschuss des Gemeinderats in engen Grenzen. Mit einiger Überzeugungskraft konnte sich die Verwaltung immerhin eine Mehrheit dafür organisieren, dass sie an einer Verbesserung des Busnetzes weiterarbeiten darf.
Dass in der Klimanotstand-Stadt nun ganz schnell viele neue Busspuren entstehen, weitere Ampeln umgebaut und -programmiert werden oder Kreuzungen so umgebaut werden, dass Bus und Rad klar den Vorrang haben, ist nach der Debatte nicht zu erwarten; allerdings kommt das Thema am Donnerstag, 21. Juli auch noch in den Gemeinderat (ab 16.30 Uhr, Hedicke‘s Terracotta, Luisenstraße). Die Seilbahn wird wohl erst recht als Idee in den Schubladen bleiben.

Was es über die Jahre gekostet hat, diesen Vorschlag zu prüfen, ist wegen der Verknüpfung mit anderen Verkehrs-Untersuchungen nur schwer zu beziffern. Linken-Stadtrat Holger Reile ätzte schon mal, die Verwaltung solle es ermitteln und die Rechnung dem Oberbürgermeister persönlich zustellen. Auch wenn es so weit wohl nicht kommen wird – das Thema Seilbahn wird in Konstanz wohl kein Politiker so schnell wieder auf die Agenda setzen.