Um die finanzielle Situation der Gemeinden im Kreis Konstanz steht es nicht gut. Die Einnahmen der Städte und Gemeinden aus Gewerbesteuern gehen seit Kurzem zurück, ihre Ausgaben, die aus ihren Aufgaben resultieren, bleiben aber unvermindert hoch. Allmählich formiert sich Widerstand aus den Reihen der Bürgermeister.

  • Wie genau stellt sich die Situation dar? Benjamin Mors, Vorsitzender des Gemeindetags Kreis Konstanz, lässt keinen Zweifel daran, dass die Finanzsituation der Gemeinden schlecht ist. Er bezieht sich auf eine Umfrage, die der Kreisverband initiiert hatte: Sechs Kommunen gäben darin an, dass sich die tatsächliche Situation im Ergebnishaushalt gegenüber den Planwerten verschlechtert habe, schreibt er in seinem Brief an Landrat Zeno Danner. Drei Gemeinden erwarteten ein Haushaltsergebnis gemäß den Planungen, elf
    ein besseres Ergebnis. Beim Planungsstand für 2025 kämen die Kommunen des Landkreises auf ein addiertes Defizit von 42,5 Millionen Euro.
  • Was genau fordern die Bürgermeister der Kommunen? Benjamin Mors möchte stellvertretend für alle Bürgermeister des Landkreises, dass der Kreis höchst sparsam mit den ihm von den Kommunen übertragenen Geldern umgeht. „Die berechtige Sorge der Kommunen ist es, dass die immensen Investitionsprojekte und Erhaltungsmaßnahmen, welche der Landkreis in den nächsten Jahren angehen möchte, in eine Phase sinkender volkswirtschaftlicher Prosperität fallen“, schreibt Mors in seinem Brief. Er bittet deutlich darum, eine Risikostrategie zu formulieren. Gesetzt und prioritär ist der Bau des neuen Klinikums. Eine Risikostrategie müsse deshalb beinhalten, welche parallel dazu stattfindenden Projekte notfalls gestoppt werden könnten.
  • Was kritisiert Benjamin Mors noch? Der Vorsitzende des Kreisverbands des Städtetags sieht ein gewisses Ungleichgewicht zwischen der Finanzlage der Kommunen und jener des Kreises. „Aus kommunaler Perspektive müssen die Lasten zumindest gleichmäßig zwischen Landkreis und Gemeinden aufgeteilt werden“, schreibt er. So sei es aus seiner Sicht nicht akzeptabel, dass die Kommunen in der Summe ein Defizit von 42 Millionen Euro für das Jahr 2025 erwarteten, der Kreis aber mit einem positiven Ergebnis von 3,8 Millionen Euro kalkuliere. Der Nachweis für die Überforderung der Kommunen müsse auch im Haushalt des Landkreises erkennbar sein, heißt es in dem Brief.
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  • Wie ist es um die finanzielle Lage der mittelgroßen Stadt Radolfzell bestellt? Radolfzell rechnet für 2024 mit einem positiven Ergebnis in Höhe von 3,2 Millionen Euro. Zu dem Ergebnis trügen Einsparungen bei den Personalkosten und Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 1,5 Millionen Euro bei, wie Kämmerin Petra Ohmer berichtet. Trotz des noch positiven Ergebnissen sieht Ohmer die Schwierigkeiten, die die Stadt in Zukunft haben wird, einen ordentlichen Haushalt aufzustellen. Die Steuerschätzung 2024 gehe von einer schleppenden konjunkturellen Entwicklung aus. Das bedeutet, dass die Ergebnisse der Haushalte 2025 und in den Jahren 2026 bis 2028 im Millionenbereich negativ prognostiziert würden.
    Die Stadt verfolge die Entwicklung des Kreisumlagehebesatzes mit großer Sorge. Die eigentlich positive gestiegene Steuerkraft im Jahr 2024 trage mit dazu bei, dass die nun notwendigen Zahlungen an den Kreis hoch ausfielen. Auch Petra Ohmer ist der Meinung, dass der Kreis mit Blick auf den Hebesatz auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden achten müsse. Gleichzeitig werde die Stadt Radolfzell in der Zukunft gewisse Standards und auch gewissen Leistungen hinterfragen müssen.
  • Wie ist die Wirtschaftslage in Konstanz, der größten Stadt des Kreises? Mit Finanzsorgen blickt Konstanz in die Zukunft: Die Stadt gibt seit Jahren mehr Geld aus, als sie einnimmt. Zugleich wird die Liste der noch nicht umgesetzten Projekte immer länger – auch, weil die Verwaltung nicht alles umsetzen kann, was der Gemeinderat beschließt. So stehen die noch vor Weihnachten beginnenden Beratungen für den Etat 2025/26 unter schwierigen Vorzeichen: Oberbürgermeister Uli Burchardt hat das strukturelle Defizit schon vor einiger Zeit auf 14 Millionen Euro im Jahr beziffert, und die bisherigen Sparbemühungen haben die Lücke allenfalls leicht geschlossen.
    Das Defizit könne aus den Rücklagen der vergangenen Jahre gerade noch ausgeglichen werden, wie Elena Oliveira, Pressesprecherin der Stadt, berichtet. Nun könnte es auch ans Eingemachte gehen – der Gemeinderat hat eine Haushaltsstrukturkommission einberufen. Dahinter verbirgt sich eine Gruppe vom Kommunalpolitikern, die die Aufgabe haben, den Rotstift anzusetzen. Treffen könnte es freiwillige Leistungen der Stadt. Die Kämmerei geht davon aus, dass künftig zur Finanzierung von Investitionen in Kitas und Schulen und für Maßnahmen zum Klimaschutz Kredite aufgenommen werden müssen.
  • Wie geht es der kleinen Gemeinde Mühlingen im Stockacher Umland? Thorsten Scigliano, Bürgermeister von Mühlingen, kann im Moment noch beruhigt sein Amt ausüben. „Wir haben gut gewirtschaftet und können vermutlich ein Ergebnis von 500.000 Euro im Plus erzielen“, sagt Scigliano. Das sei sehr zufriedenstellend bei einem Haushaltsvolumen von 7,5 Millionen Euro. Der Bürgermeister begrüßt dies, da so die anstehende Investition in den Bau einer Kindertagesstätte gut planbar sei.
    Doch auch Scigliano sieht, dass die komfortable Situation brüchig ist. „Für 2025 werden wir noch einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. Doch ab 2027 werden wir sicher in ein Defizit von mindestens 100.000 Euro rutschen.“ Diese werden nicht mehr aus Rücklagen auszugleichen seien. Der Bürgermeister möchte anstehende Projekte dann eigentlich nicht über Kredite finanzieren müssen. „Wir sind bislang schuldenfrei.“ Es könne nicht Ziel sein, dass die Kommunen immer mehr Aufgaben von Bund und Land übernähmen.
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Benjamin Mors, Bürgermeister von Steißlingen und damit einer Gemeinde, die traditionell gut aufgestellt ist, will mit dem Schreiben im Namen des Städtetags Kreisverband Konstanz auch weiteren befürchteten Entwicklungen vorbeugen. Es sei wichtig, dass die Bürger über die Grenzen der Leistungsfähigkeit ihrer Gemeinden Bescheid wüssten und dafür Verständnis entwickelten. Der Brief fordert eine den Umständen entsprechende Lastenverteilung und, möglichen rechtlichen Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen.