Es liegt Stunk in der Luft. Landrat Zeno Danner schweigt satte 30 Sekunden während der Sitzung des Kreistags. Er wirkt verärgert. Sucht nach Worten. Entscheidet sich dann, nichts zu sagen. Was ist passiert?

In der jüngsten Sitzung des Konstanzer Kreistages wurde das Integrierte Klimaschutzkonzept (IKK) für den Landkreis vorgestellt. Vier Jahre von der Idee bis zur Fertigstellung hat es gedauert. Nun ist es da und wird den Kreisräten vorgestellt.

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Kreisrat Siegfried Lehmann macht seinem Ärger Luft

Auch Kreisrat Siegfried Lehmann von den Grünen hört sich den Inhalt des Konzeptes an. Er ist unzufrieden. Ihn nervt, dass es jedes Jahr im Kreistag erneute Diskussionen über Klimaschutzmaßnahmen gebe. Wenn man nun schon einen Konzept habe, sollten diese Diskussion ausbleiben – findet er.

Außerdem: „Was die Menschen erwarten, ist, wenn wir die Zahl 2035 schreiben, dass wir alles in unserem Entscheidungsbereich tun, damit dieses Jahr erreicht wird. Nicht mehr und nicht weniger. Das müssen wir machen. Sonst können wir das Papier einstampfen.“ Tatsächlich wird im Konzept nicht das Jahr 2035 bis zur Klimaneutralität für die Kreisverwaltung angepeilt, sondern 2040.

Das Integrierte Klimaschutzkonzept für den Landkreis Konstanz ist ein Maßnahmenkatalog, der die Kreisverwaltung bis 2040 klimaneutral ...
Das Integrierte Klimaschutzkonzept für den Landkreis Konstanz ist ein Maßnahmenkatalog, der die Kreisverwaltung bis 2040 klimaneutral gestalten soll. | Bild: Steinert, Kerstin

Klimaneutralität bis 2035 ist unrealistisch

Danner wartet noch die flammende Rede des Grünen-Kreisrats ab. Schweigt. Lässt andere Kreisräte reden – darunter auch lobende Worte zum IKK. Doch dann setzt Danner an: „Wir schreiben nur Sachen in das Konzept, von denen wir glauben, dass wir die auch erreichen können, Herr Lehmann. Deshalb schreiben wir nicht 2035, sondern 2040.“ Damit bewege man sich auch im Rahmen des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg.

Alleine ist Lehmann mit seiner Kritik nicht. Nur wenige Tage zuvor haben die Klimaaktivisten von Fridays for Future (FFF) aus Konstanz, Singen und Radolfzell einen Brief an den Landrat geschrieben. Sie prangern an, dass die Ziele und Maßnahmen im IKK nicht weit genug gehen. Die Vorwürfe gehen sogar noch weiter. Wissentlich plane der Landkreis mit dem IKK, dass bis 2035 der Ausstoß der Treibhausgase eineinhalbfach überstiegen werde, heißt es in dem Schreiben der FFF.

(Archivbild) Die Fridays for Future (FFF) aus Konstanz, Radolfzell und Singen sind nicht begeistert von dem Integrierten ...
(Archivbild) Die Fridays for Future (FFF) aus Konstanz, Radolfzell und Singen sind nicht begeistert von dem Integrierten Klimaschutzkonzept des Landkreises Konstanz. Sie finden: Es könnte mehr gemacht werden. Unser Bild zeigt einige Aktivsten bei einem Protestmarsch durch die Radolfzeller Innenstadt. | Bild: Jarausch, Gerald | SK-Archiv

Landrat Danner antwortet den Klimaaktivisten schriftlich (liegt dem SÜDKURIER vor). In seinem Antwortbrief wirbt er für Verständnis des Konzepts. Der Landkreis habe nun einmal nur beschränkte Möglichkeiten. „Das IKK umfasst vorrangig Maßnahmen, welche von der Kreisverwaltung in eigener Zuständigkeit beeinflusst und umgesetzt werden können“, so Danner.

Weiter heißt es: „Um das Ziel eines klimaneutralen Landkreises zu erreichen, enthält das IKK darüber hinaus Maßnahmen, die bewusst über den Zuständigkeitsbereich der Kreisverwaltung hinausgehen.“ Die eigentliche Macht und damit Zuständigkeit, hilfreiche Klimamaßnahmen zu beschließen und umzusetzen, liege bei den Gemeinden. Darauf verweist Johannes Moser von den Freien Wählern in der Kreistagssitzung.

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Was für den Klimaschutz getan wird

Im Landkreis gibt bereits einige Projekte, die auf das Klimaschutz-Konto einzahlen sollen. Darunter zum Beispiel die Gründung des Amtes für Klimaschutz und Kreisentwicklung, Umstellung des Kreis-Fuhrparks auf E-Fahrzeuge, Verleihung des Klimaschutzpreises, Umsetzung einer Solaroffensive und energetische Nutzung von Bioabfällen und Deponiegas.

Das Ziel, die Klimaneutralität zu erreichen, soll durch das IKK mehr Schwung erhalten. Danner betont daher auch: Das Konzept sei kein Papiertiger. Daran glauben auch die meisten Kreisräte und stimmen mehrheitlich für das Klimaschutzkonzept. Die Zielmarke: das Jahr 2040. Ein Antrag, die Ziele doch bis 2035 umzusetzen, wird von der Mehrheit des Kreistages abgelehnt.