Am Untersee und Hochrhein vermischen sich die Kulturen. Wo die Grenze sich zwischen der Schweiz und Deutschland im Zick-Zack verwischt, sind die Verbindungen stärker als das Trennende. Die Corona-Pandemie hat diesen Grundsatz allerdings ausgehebelt. Zumindest zeitweise.
Schweiz entscheidet sich für Lockerungen
Während die baden-württembergische Landesregierung mit zahlreichen Beschränkungen einen regiden Kurs zur Bekämpfung des Virus fährt und damit teilweise die Akzeptanz der Bürger aufs Spiel setzt, haben sich die Schweizer schon relativ früh für Lockerungen der Auflagen entschieden. Aus deutscher Sicht könnte man meinen, sars-cov-2 hat einen Bogen um die Schweiz gemacht. Immer wieder hört man die zynische Bemerkung: „In der Schweiz gibt es wohl kein Corona.“ Tatsächlich hatten sich dort aber viel mehr Menschen mit dem Virus infiziert.
Mit einem gewissen Neid schauten viele Deutsche über den Rhein ins Nachbarland, weil hier alles ein bisschen besser zu funktionieren schien: Kein Chaos bei der Vergabe von Impfterminen, viel weniger Kontaktbeschränkungen und jetzt auch noch der Verzicht auf Masken beim Einkaufen.
Deutsche genießen den Ausflug in die Schweiz
Vor einem Jahr waren Besuche aus touristischen Gründen im jeweiligen Nachbarland noch verboten. Nicht alle Deutschen hielten sich daran und setzten sich mit Freunden auf der anderen Seite der Rheins in Restaurants und Cafés. Sie kamen sich verwegen vor. Verwegen muss man im Frühjahr 2022 nicht mehr sein. Der touristische Austausch ist trotz anhaltender Pandemie schon lange nicht mehr verboten. Umso mehr genießen Besucher aus Deutschland den Ausflug ohne Mund-Nase-Bedeckung in die Schweiz. Ob für einen Kaffee, zum Skifahren oder zum Shoppen.

In Stein am Rhein wird das ganz deutlich spürbar, besonders an sonnigen Wochenenden. „Wir hatten sehr viel mehr deutsche Kundschaft“, sagt Ruth Domeisen vom zentral gelegenen Supermarkt Volg. Das kann Caroline Bader nur bestätigen. „Die Kunden aus Deutschland sind froh, dass sie bei uns ohne Maske einkaufen können“, sagt sie. Und auch für die Verkäuferinnen sei das super, weil man endlich wieder richtig miteinander kommunizieren könne. „Die Maske verdeckt das halbe Gesicht. Da kann man die Mimik nicht deuten“, erklärt Caroline Bader. „Jetzt können wir endlich mal wieder Witzle machen und sehen wie die Leute reagieren.“
Schweizer Einzelhändler freuen sich über deutsche Einkäufer
Ein paar Häuser weiter steht Manuela Heim im Manufakta. Sie verkauft Düfte unter anderem für Innenräume und Bäder der Wigoltinger Firma Provalora, World of Fragrance. „Heute haben sich Schweizer und deutsche Kunden bei uns die Waage gehalten“, sagt die Designerin am Ende eines sonnigen Ausflugstages und freut sich über die hohe Frequenz aus Deutschland.

Firmeninhaber Ted Chiari ergänzt: „Die deutschen Besucher schätzen nach zwei anstrengenden Jahren sehr, dass die Situation bei uns ein bisschen lockerer ist.“ Gerade bei Düften sei es wichtig, dass man ohne Maske einkaufen könne, weiß Manuela Heim. „Die Kunden waren richtig froh, nach so langer Zeit mal wieder alles anfassen und riechen zu können.“ Angst vor einer Ansteckung mit Corona hat sie nicht. Sie sei geboostert, achte aber immer noch auf Abstand.
Im Supermarkt werden Masken nur noch vereinzelt getragen
Bei Migros in Moskau, kurz hinter der Grenze bei Ramsen, wechseln sich deutsche und Schweizer Fahrzeuge auf dem Parkplatz ab. Im Laden gibt es noch vereinzelt Kunden mit FFP2-Maske. Doch sie sind die Ausnahme.

Familie Kusche steigt aus ihrem Auto mit Konstanzer Kennzeichen. Sie kommen gelegentlich hierher zum Einkaufen. Jetzt genießen sie es, dass sie keine Masken mehr tragen müssen. „Wir sind begeistert“, sagt Kerstin Kusche, räumt aber auch gleich ein, dass es sich für sie nach zwei Jahren etwas komisch anfühle. „Man fühlt sich nackig ohne Maske.“ Bei Migros kaufen sie ganz gezielt Produkte ein: Nudeln, Schokolade und Kaffee. Daran hat sich also nichts geändert.