Volle Bahnsteige auf Gleis 3 in Singen. Pendler und Schüler, die morgens vergeblich auf den Zug Richtung Schaffhausen warten. Die Ungeduld ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Die Zugverbindung, die im Fachjargon Vergabenetz 19 heißt, ist schon seit geraumer Zeit ein Ärgernis für die Fahrgäste.

Szenen wie diese könnten aber bald der Geschichte angehören. Denn auf der Chaos-Strecke, die von der DB Regio mehr schlecht als recht betrieben wird, fahren ab Ende des Jahres die Züge der SBB Deutschland GmbH. Das hat das Verkehrsministerium in Stuttgart bekannt gegeben.

Viele Beschwerden über Zugverbindung

Mit der Neuvergabe hat das Verkehrsministerium auf die vielen Beschwerden über die Zuverlässigkeit der Züge auf der Strecke reagiert. Das Vertragsverhältnis wurde vorzeitig beendet.

Betriebsbeginn der SBB für das Netz 19 ist bereits im Dezember. Ist die Zeitspanne nicht zu knapp? Nein, sagt Patrick Altenburger, Geschäftsführer der SBB Deutschland. „Die Fahrzeuge sind reserviert und die erforderlichen Lokführer in Ausbildung“, schreibt er auf SÜDKURIER-Nachfrage.

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Die Züge werden nach dem gleichen Fahrplan verkehren wie bisher. Stehen, wie in der Sardinenbüchse, solle der Vergangenheit angehören. „Die eingesetzten Fahrzeuge weisen gegenüber dem heutigen Angebot bei einem Großteil der Verbindungen 80 Prozent mehr Sitzplätze auf“, schreibt Altenburger.

Änderungen könnte es in absehbarer Zeit aber nicht nur auf der Chaos-Strecke Singen-Schaffhausen geben. Auch die Verträge mit den Betreibern der Schwarzwaldbahn (DB Regio) und des Seehas (SBB Deutschland GmbH) laufen in den kommenden Jahren aus.

Der Seehas wird 2023 ausgeschrieben

Die Zugverbindung Konstanz-Engen des Seehas (Netz 10) wird nach Angaben von Wenke Böhm, Pressesprecherin des Verkehrsministeriums, voraussichtlich 2023 ausgeschrieben. Welche Kriterien die Bewerber erfüllen müssen, ist noch nicht ganz klar. „Der Netzzuschnitt, die Losaufteilung und das Fahrzeugkonzept sind noch in Abstimmung“, sagt Böhm auf SÜDKURIER-Nachfrage.

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Ist dann ein Viertelstundentakt möglich? Die Pressesprecherin winkt ab: „Unabhängig von der Ausschreibung der Verkehrsleistungen ist ein Viertelstundentakt auf der gesamten Linie aufgrund der aktuellen Infrastruktur nicht umsetzbar.“ Die Gründe: Der Abschnitt Petershausen-Konstanz ist nur eingleisig. Es würde zu Konflikten mit den Expressverkehren (zum Beispiel der Schwarzwaldbahn) führen.

Bleibt der Seehas ein SBB-Produkt?

Ob das der Fall sein wird, kann man jetzt noch nicht sagen. Allerdings ist das Land Baden-Württemberg als Auftraggeber mit der Leistung der SBB zufrieden. Laut des bwegt-Qualitätsranking des Landes legt die SBB mit dem Seehas den vierten Platz. Insgesamt erhält der Seehas die Note 2,22. Vor allem im punkto Zuverlässigkeit hat die Bahn fast 100 Prozentpunkte erreicht. Aber will die SBB Deutschland GmbH auch weiterhin den Seehas betreiben? „Die Grenzgürtelstrategie der SBB sieht das vor“, sagt Altenburger. Noch läuft der Vertrag der SBB bis 2027.

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Schwarzwaldbahn steht zur Ausschreibung bereit

Die Schwarzwaldbahn, die von Karlsruhe über Offenburg, Villingen bis nach Konstanz fährt, steht für 2026 auf dem Ausschreibungsplan. Ab Dezember 2026 könnte die Schwarzwaldbahn entweder weiter von der DB Regio oder einem neuen Verkehrsunternehmen betrieben werden.

Zufrieden ist das Land mit der Leistung der DB Regio aktuell nicht. „Das Land sieht an diversen Stellen Optimierungspotentiale für die DB Regio. Eine Sondersituation stellen die aktuellen Einschränkungen des RE auf der Schwarzwaldbahn dar, die sich maßgeblich auf technische und externe Faktoren zurückführen lassen. Das Land ist hiermit keinesfalls zufrieden und drängt auf eine schnelle Lösung des Problems im Sinne der Fahrgäste“, schreibt Böhm und spielt damit auch Abnutzung der Reifen an, die zeitweise zu einer zwei-Stunden-Taktung zwischen Offenburg, Villingen und Konstanz geführt hat.

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Welche Kriterien bei der Ausschreibung für die Schwarzwaldbahn entscheidend sein werden, darüber ist sich das Verkehrsministerium selbst noch nicht sicher. Böhm wiederholt, was sie schon zur Ausschreibung beim Seehas gesagt hat: „Der Netzzuschnitt, die Losaufteilung, das Fahrzeugkonzept und die Kriterien für die Vergabe sind noch in Abstimmung.“