Mit seinem grauen Familienkombi steht Olaf Ducho neben einem Parkscheinautomaten am Parkplatz des Bodenseeforums. Während im Hintergrund der Baulärm stört, stört den Familienvater etwas anderes: die Konstanzer Verkehrspolitik. Für einen Ganztages-Parkplatz mit Busticket zahlt er hier für seine Familie 5 Euro. Wenn die ganze Familie ab Dettingen mit dem Bus anreist, zahlt er hingegen mehr als 11 Euro, wie er kürzlich auf einem Tagesausflug feststellte.
Als er mit seinen Kindern in den Bus einstieg, war dieser Betrag für ihn erst einmal ein Schock: „Bei dem Preis hat es mir fast die Socken ausgezogen.“ Die Situation am Parkplatz bedeutet nun für ihn, dass er und seine Familie fürs Autofahren belohnt würden. Umwelttechnisch sei dies laut Olaf Ducho absurd, gerade weil Konstanz als eine der ersten Städte medienwirksam den Klimanotstand ausgerufen habe. Er fragt sich weiter: Warum bietet die Stadt für ihren Busverkehr nicht ein 1-Euro-Ticket an?
Der Parkplatz ist eine besondere Situation
In Anbetracht der Kosten für ein Familien-Tagesticket entsteht bei ihm der Eindruck, dass die Bedingungen für eine ökologische Verkehrstransformation hier erschwert werden. Allerdings hat die Stadt Konstanz extra Park-and-Ride-Parkplätze eingerichtet, um die Innenstadt vom Autoverkehr freizuhalten. Dies gilt auch beim Parkplatz Bodenseeforum, wo aktuell ein großes Parkhaus gebaut wird.
Auch wenn der Parkplatz nur eine Sondererscheinung sein soll, ändert das für den 37-Jährigen wenig an dem Gefühl, dass die Stadt Konstanz gerade im Busverkehr ihre Klimaziele verfehle. In den verkehrspolitischen Auseinandersetzungen hin zu einem ökologischen Wandel sind dem Dettinger, der nach Schaffhausen pendelt, besonders die persönlichen Anreize wichtig: „Ich würde gerne mal aufs Auto verzichten, gerade für kurze Fahrten in die Stadt. Aber es ist teurer und kostet mich mehr Zeit.“ In seinem Ärger rund um den ÖPNV kontaktierte er im September 2024 die Stadtwerke.

Dabei erzählt er, wie er mit seiner Familie an einem Samstag für 11 Euro in einem überfüllten Bus hätte stehen und sich „nicht um Sitzplätze, sondern um Stehplätze prügeln“ müssen. Außerdem schreibt Olaf Ducho in der E-Mail, dass er sich als Einheimischer besonders stark belastet fühle, da Feriengästen vergünstigte Preise angeboten würden und Schweizer sowieso günstig nach Konstanz anreisen könnten. Zu den hohen Preisen für Konstanzer Fahrgäste meint er: „Klar, wir wohnen ja auch im Paradies, oder zumindest in Dettingen, nicht wahr?“
Dass Schweizer Fahrgäste für einen Franken das Busnetz in Deutschland teilweise mitbenutzen können und sogar Radolfzell nun ein 1-Euro-Ticket anbieten, macht ihn stutzig: „Warum bekommt das die Klimanotstandsstadt Konstanz nicht hin?“ Stadtwerke-Geschäftsführer Norbert Reuter hat ihm persönlich geantwortet, und zwar sehr ausführlich. Das Schreiben beinhaltet eine detaillierte Aufstellung der Kosten, wenn die vergünstigten Tarife eingeführt würden, und die Auswirkungen auf den ohnehin defizitären Busbetrieb.
Das 1-Euro-Ticket ist komplexer, als es klingt
Reuter schreibt, dass Kreuzlingen deshalb ein günstiges Ticket anbieten kann, da aufgrund des deutlich geringeren Fahrgastaufkommens der Stadtbusverkehr weniger stark bezuschusst werden müsse, wie hierzulande: „Die Nachfrage im ÖPNV bewegt sich in Konstanz auf einem vollkommen anderen Niveau, womit ein solches Tarifmodell in Konstanz finanziell wesentlich extremere Auswirkungen hätte, bei gleichzeitig deutlich geringerem Potenzial für Fahrgaststeigerungen.“
Das Defizit würde auf elf Millionen steigen
Die Stadtwerke rechnen mit der Maßnahme des 1-Euro-Tickets mit einem Einnahmerückgang von etwa sechs Millionen Euro. Zusammen mit dem ohnehin bestehenden Busverkehrsdefizit von jährlichen fünf Millionen Euro würde das ein Minus von insgesamt elf Millionen Euro bedeuten.
Da die Nachfrage des Stadtbusverkehrs sowieso schon hoch sei, erwarten die Stadtwerke keine explosiven Fahrgaststeigerungen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eher Fahrradfahrer auf den Bus umsteigen würden. Zudem sei ein günstiger Nahverkehrstarif durch das Deutschlandticket ohnehin schon gegeben.

Olaf Ducho überzeugt die Rechnung der Stadtwerke nicht. Auf die Frage, wie die Mehrkosten im Haushalt ausgeglichen werden könnten, reagiert er dem SÜDKURIER gegenüber mit einer Gegenfrage: „Kann eine Stadt wirklich so sparen wie die schwäbische Hausfrau?“ Olaf Ducho ist der Meinung, dass sich verkehrspolitische Maßnahmen sich auf langfristige Sicht immer rentierten, auch wenn deshalb Schulden gemacht oder andere große Investitionsprojekte zurückgeschraubt werden müssten.