Anstrengende Monate liegen hinter Familie Zulic vom Hottenlocher Hof bei Mühlingen. Sie hat sich mächtig ins Zeug gelegt, um ihr Ziel zu erreichen, den Hof kaufen zu können. Denn sie will auch nach Auslaufen des Pachtvertrags hier weiter biologisch-dynamische Landwirtschaft betreiben. Doch zum Jahreswechsel stand fest: Familie Zulic hat es nicht geschafft, genügend Geld für den Kauf des Hofs aufzubringen.
Rund 2,5 Millionen Euro hätten sie an ihren bisherigen Verpächter bezahlen müssen, um ihm den Hof abzukaufen. „Trotz einer unglaublichen Resonanz auf unseren Aufruf beziehungsweise unsere Bitte um Privatkredite zum Erwerb des Hottenlocher Hofs ist es uns nicht gelungen, die erforderliche Summe zusammenzubekommen, obwohl wir die Aquise bis Ende des Jahres ausgedehnt hatten“, schreiben Daniela und Alexander Zulic.
Das Geld hat nicht ausgereicht
Rund 850.000 Euro seien auf diese Weise am Ende zusammengekommen. „Viel Geld, aber leider eben nicht genug“, schreiben die Zulics. Trotzdem seien sie allen dankbar, die sich engagiert haben, sei es mit Kreditzusagen oder Ratschlägen. Die Gelder wären erst dann eingegangen, wenn der Hofkauf zustande gekommen wäre.
Der Hottenlocher Hof sei ab Januar neu verpachtet an einen Bio-Landwirt aus der Nachbarschaft. Roland Ballier, Eigentümer und Verpächter des Hofes, bestätigt die Neuverpachtung des Hofes an einen Landwirt aus dem Großraum Mühlingen. Auch sei es korrekt, dass dort weiter Bio-Landwirtschaft betrieben werden soll, erklärt Ballier auf Nachfrage des SÜDKURIER.
Rückzug vom Hottenlocher Hof
In einem Schreiben, das Familie Zulic bereits vor dem Jahreswechsel veröffentlicht hat, gibt die Familie an, eine Unterverpachtung mit dem neuen Pächter vereinbart zu haben, sodass die Familie die Räumlichkeiten, die dieser auf dem Hottenlocher Hof noch nicht benötigt, vorerst nutzen kann. „Das erleichtert uns den Abschied natürlich erheblich“, schreibt Familie Zulic.
Doch wie geht es für die Familie selbst weiter? Wie sie nun berichten, hat sich schon vor einigen Monaten eine Alternative zum Kauf des Hottenlocher Hofs aufgetan: Der Familie sei die Übernahme eines Hofs in Rorgenwies-Glashütte angeboten worden.
Die Familie habe sich dazu entschlossen, diese Gelegenheit wahrzunehmen. „Zum einen, um auch im Fall eines Scheiterns beim Hofkauf eine Alternativlösung zu haben, und zum anderen, um im Falle eines Gelingens zukünftig einer neuen Generation von Bewirtschaftern Platz machen zu können“, so Daniela und Alexander Zulic.
Viele Tiere mussten zum Schlachter
Dort liegt für die beiden nun also die Zukunft. Doch das sei noch mit viel Arbeit verbunden. Zum einen sei lange nicht klar gewesen, ob sie auf dem Hottenlocher Hof bleiben können oder nicht, weswegen jetzt noch einige Aus- und Aufräumarbeiten erledigt werden müssen. „Inzwischen sind Käserei und Besenwirtschaft weitgehend ausgeräumt, Lagerräume entrümpelt, viel Heu und Stroh wurde verkauft und viele Tiere mussten den Weg zum Schlachter antreten“, berichtet Familie Zulic.
Bis zum Jahresende werde die Hottenlocher Herde auf 20 Tiere schrumpfen. Zum Vergleich: Zu Hochzeiten gehörten rund 140 Rinder zur Herde des Hottenlocher Hofs, auch wenn das schon lange her ist, wie Familie Zulic bei einem früheren Gespräch mit dem SÜDKURIER berichteten. „Das tut weh“, schreiben die beiden nun. Die verbliebenen 20 Tiere sollen auf dem nahegelegenen Hof Berenberg überwintern, denn der Stall und das Wohnhaus am neuen Zuhause der Familie Zulic in Glashütte seien noch nicht nutzbar.
Viel Arbeit steht noch an
Auch hier werde die Familie noch viel Arbeit investieren müssen. Ob ein nahtloser Umzug vom Wohnhaus am Hottenlocher Hof in die neue Bleibe in Glashütte möglich sein werde, sei derzeit noch höchst fraglich, machen die beiden deutlich. Sie betonen aber dennoch: „Obwohl es eine weitere Mammutaufgabe wird, hier Lebensraum zu gestalten, ist es doch ein wunderschöner Ort und wir bleiben in unseren sozialen Strukturen.“
Verpächter blickt positiv in die Zukunft
Roland Ballier zeigt sich gegenüber dem SÜDKURIER zufrieden mit der neuen Situation. „Die zahlreichen Verhandlungen mit dem neuen Pächter sind alle sehr harmonisch, fair und in sehr gutem Einvernehmen erfolgt. Ich bin außerordentlich zuversichtlich, was die Zukunft des Hofes und die Zusammenarbeit mit dem neuen Pächter anbelangt.“
Die Hoffnung, dass die jahrelangen Streitereien mit dem bisherigen Pächter der Vergangenheit angehören würden, habe sich indes noch nicht gänzlich erfüllt. Einige strittige Punkte seien noch immer offen, sagt Ballier. Als er den Hof vor fast 30 Jahren verpachtet habe, habe sich zunächst alles ganz gut entwickelt. „Es ist eine Besenwirtschaft entstanden, ein Hofladen und eine Hofkäserei wurden eingerichtet und eine Biogasanlage wurde installiert, bewirtschaftet wurden insgesamt weit über 100 Hektar, damit hatten die Pächter eine gute wirtschaftliche Basis“, so Ballier.
Mehr Respekt für die Landwirtschaft
In der Folgezeit sei es aus seiner Sicht allerdings mehr und mehr bergab gegangen. „Zuletzt gab es keinen Hofladen mehr, die Besenwirtschaft und die Käserei wurden nicht mehr betrieben, der Betrieb der Biogasanlage eingestellt. Trotz massiver Investitionen meinerseits war ein gewisser Niedergang des Hofes unverkennbar. Deshalb wurde das zeitlich befristete Pachtverhältnis dann nach über 25 Jahren nicht mehr verlängert“, erklärt Ballier. Geärgert habe ihn die darauf erfolgte Stimmungsmache gegen ihn und seine Familie auf diversen Kanälen, zum Teil auch die Berichterstattung in unterschiedlichen Medien.
Nun aber gehe der Blick nach vorne, voller Zuversicht und Optimismus. Die ökologische Landwirtschaft stelle für Roland Ballier als Nebenerwerbslandwirt seit über 40 Jahren eine Herzensangelegenheit dar, betont er. Dem neuen Pächter wünsche er vor diesem Hintergrund viel Erfolg und auch die Anerkennung seiner Leistungen. „Dies haben er und die wenigen Landwirte, die es überhaupt noch gibt, verdient. Es gibt kaum einen Berufsstand mit entsprechendem Missverhältnis zwischen Arbeitsvolumen und wirtschaftlichem Risiko einerseits und finanziellem Ergebnis andererseits“, so Ballier.