Das Wohngebiet "Binderwies" in Wangen ist mit noch nicht einmal 13 000 Quadratmetern ein relativ kleines Areal, in dem nun nach den Vorstellungen des Gemeinderates die Möglichkeit zur Errichtung zusätzlicher Häuser geschaffen werden soll. Dort stehen bereits 13 Gebäude. Maximal sieben weitere Häuser könnten auf den verbleibenden Flächen entstehen. Dies führte bereits in der letzten ordentlichen Sitzung von Bürgermeister Andreas Schmid zu der Frage, ob es sich finanziell überhaupt rechnen würde, für diese überschaubare Anzahl an Bauflächen einen Bebauungsplan aufzustellen, denn die Kosten eines Bebauungsplanes würden letztlich von den Bauwilligen bezahlt werden müssen. Doch die Gemeinderäte entschieden vor einem Monat anders und wollten die Aufstellung eines Bebauungsplanes durchsetzen. Sie argumentierten, dass für alle Beteiligten so mehr Rechtssicherheit geschaffen würde und Bausünden verhindert werden könnten. Doch schon auf der Sitzung im letzten Monat war klar: Das bringt die Gemeindeverwaltung und die Räte ganz mächtig unter Zugzwang, da im Rahmen der bereits erfolgten Offenlage mehr als 120 Anregungen, Wünsche und Widersprüche eingegangen waren.
Der bisher öffentlich ausgelegte Plan muss also überarbeitet und nochmals neu öffentlich ausgelegt werden. Das Ganze jetzt auch noch unter einem großen Zeitdruck, denn die ausgesprochene Veränderungssperre läuft unwiderruflich am 27. Juni ab, eine Verlängerung ist nicht mehr möglich. Die nächste Offenlage muss also fristgerecht erfolgen, damit es keine Lücke zwischen einem gültigem Bebauungsplan und dem Ablauf der Veränderungssperre gibt. Das führte jetzt zu einer außerplanmäßigen Sitzung des Gemeinderates am Dienstag.
Keine leichte Aufgabe, die der Rat da zu bewältigen hatte. Rund 120 Anregungen, Wünsche und Widersprüche bedeuteten 120 Einzelentscheidungen zum Bebauungsplan. Bruno Schnur (CDU) ahnte es schon vorher: "Es gibt im Baurecht wohl nichts Komplizierteres, als über Nachverdichtung in einem bereits bewohnten Gebiet nachzudenken." Man kann es da nicht allen Grundstückseigentümern Recht machen. Auf der einen Seite weckt ein Bebauungsplan Begehrlichkeiten, auf der anderen Seite führen Gesetze aber auch zu ganz anderen Ergebnissen für die Eigentümer als bisher gedacht. "Wir können in einem Bebauungsplan auf bereits bestehende, aber nicht genehmigte und auch nicht nachträglich genehmigungsfähige Bauwerke keine Rücksicht nehmen", schilderte Ekkehard Böhler vom beauftragten Planungsbüro den Ratsmitgliedern. Baufenster aufgrund von bestehenden Schwarzbauten zu verschieben geht also nicht. Für nicht genehmigte Bodenversiegelungen gilt das Gleiche. Gegen solche Verstöße wollen nun die Behörden notfalls auch gerichtlich vorgehen. "Da kann schon einmal die Forderung nach einem Rückbau aufkommen", zeigte Böhler die Konsequenzen auf.
Alexander Dietrich (Offenes Bürgerforum) brachte seine Gefühle zum Ausdruck: "Wir wollen es doch allen Menschen hier in Öhningen und den Ortschaften ermöglichen, in Ruhe und Frieden zu leben und miteinander auszukommen." Die Sitzung hatte es in sich. Es war äußerst spannend zu erleben, wie die Räte sich mit Vorträgen auseinandersetzten – und damit aufzeigten, wie Basisdemokratie funktioniert.
Das Areal
Die besondere Herausforderung beim Bebauungsplan "Binderwies" liegt in den Einhaltungen von Begrenzungen. Zum einen gilt es, Mindestabstände zur Landesstraße L 192 einzuhalten, zum anderen schränkt die Hochwasserzone des Untersees das Baugebiet ein. Ziel des Planes ist es, eine möglichst moderate Innenverdichtung zu verwirklichen, die den historisch gewachsenen Charakter des Areals erhält, Belange des Naturschutzes berücksichtigt und trotzdem weitere Baufenster ermöglicht.