Wer ist Daniil B.? Der ukrainische Staatsangehörige wurde laut der Generalbundesanwaltschaft am Samstag in Konstanz festgenommen, weil er sich mit zwei weiteren Männern spätestens Ende März 2025 gegenüber einer oder mehreren mutmaßlich im Auftrag russischer staatlichen Stellen handelnden Personen dazu bereit erklärt habe, „Brand- und Sprengstoffanschläge auf den Gütertransport in der Bundesrepublik Deutschland zu begehen.“

Kurz nachdem der Fall öffentlich wird, erfahren mehrere Medien, dass B. in einer Asylunterkunft in Konstanz gewohnt haben soll, dem SÜDKURIER liegen auch Informationen vor, um welchen Standort genau es sich handelt.

Vor Ort weiß niemand etwas

Vor Ort weiß aber niemand etwas: Weder der Sicherheitsmitarbeiter, der nach eigener Aussage zumindest Samstagnacht gearbeitet hat, noch die Bewohner. Es hat auch niemand mitbekommen, dass seither jemand fehlt. An einen Daniil B. kann sich niemand der Befragten erinnern. Auch eine Nachbarin, die mit direktem Blick zur Unterkunft wohnt, hat am Samstag nichts von einer Festnahme mitbekommen.

Eine Namensliste der Bewohner des einen Gebäudes der Flüchtlingsunterkunft, die dem SÜDKURIER vorliegt, listet auch keinen Daniil B. auf. Unklar ist zunächst, ob er vielleicht unter falschem Namen dort lebte. Die Behörden verweisen auf Fragen nach Details mit einer allgemeinen Stellungnahme auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Denkbar ist auch, dass das baden-württembergische Landeskriminalamt Daniil B. ganz unauffällig festnahm.

Festnahmen auch in Thurgau in Köln

Die anderen beiden Männer, Vladyslav T. und Yevhen B., sind am vergangenen Freitag in Köln und am Dienstag im schweizerischen Kanton Thurgau festgenommen worden. Sie konnten wohl durch Hinweise an den Verfassungsschutz ermittelt werden.

Die drei beschuldigten ukrainischen Staatsangehörigen sollten lau der Bundesanwaltschaft arbeitsteilig von Deutschland aus an Empfänger in der Ukraine Pakete mit Spreng- oder Brandvorrichtungen versenden, die sich während des Transports entzünden würden.

Testpakete waren bereits unterwegs

„Um geeignete Transportwege auszukundschaften, gab Vladyslav T. Ende März 2025 in Köln zwei Testpakete auf, in denen sich unter anderem GPS-Tracker befanden. Den Auftrag hierzu erteilte Yevhen B.“, so die Bundesstaatsanwaltschaft. Er habe über Daniil B. auch die Paketinhalte zur Verfügung gestellt.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs habe in den Fällen der beiden in Deutschland Festgenommenen die Haftbefehle erlassen und in Vollzug gesetzt. Die Vorführung von Yevhen B. vor den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs erfolge nach seiner Überstellung aus der Schweiz, schreibt die Bundesanwaltschaft. Sie führe das Verfahren aufgrund der besonderen Bedeutung, mit den Ermittlungen sei das Bundeskriminalamt beauftragt.

Strobl: „Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr richtig im Frieden“

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat derweil zu mehr Wachsamkeit aufgerufen. „Wir müssen uns auf neue Gefahrenlagen einstellen“, sagte er. „Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr richtig im Frieden.“ Deutschland sei Angriffen fremder Staaten ausgesetzt. Die Dienste aus Russland seien hierzulande operativ tätig, sie nähmen gezielte Sabotageakte vor, würden spionieren und Desinformationskampagnen betreiben.

Strobl sagte, er sei dankbar, dass vermutlich ein Sprengstoffanschlag verhindert werden konnte. Mit Blick auf die neue Gefahr sprach er von einem „tektonischen Beben“. Häufig handele es sich um sogenannte „Low-Level-Agents“ oder Wegwerf-Agenten. „Das sind oft junge Menschen, oft mittellose Menschen oder Menschen mit sehr wenigen Mitteln, die mit schnellem Geld angeworben werden und häufig gar nicht wissen, dass sie in Wahrheit für einen feindlichen Geheimdienst tätig sind.“ Das könnte auch bei den drei festgenommenen Männern der Fall sein.

Es kommt immer wieder zu Fällen, hinter denen Russland vermutet wird

Zuletzt war es immer wieder zu Sabotageakten in Deutschland und anderen EU- und Nato-Staaten gekommen, hinter denen mutmaßlich Russland steht. So ging etwa im vergangenen Jahr ein Container des Logistikunternehmens in Flammen auf – wohl wegen eines Brandsatzes mit Zeitzünder.

In Warschau war es vor einem Jahr zu einem Großbrand in einem Einkaufszentrum gekommen, hinter dem die polnische Regierung auch Moskau vermutet.