Es gibt ein Urteil im Höri-Schilderstreit: Die Anwohner, die ein eigenes „Freiwillig-Tempo-30“-Schild in ihrem Garten aufgestellt haben, müssen dieses laut Urteil des Verwaltungsgerichtes Freiburg abbauen. Darüber informierte das Gericht in einer Presseinformation am Dienstagnachmittag. Die Gefahr der Verwechslung mit amtlichen Schildern sei zu groß, heßt es in der Mitteilung. Das Verwaltungsgericht Freiburg entschied in drei Beschlüssen vom 8. August, mit denen es Eilanträge der Anwohner ablehnte.
Diesem Urteil geht ein monatelanger juristischer Streit zwischen Anwohnern der Halbinsel und dem Landratsamt Konstanz voraus, der bundesweit für viel Aufsehen gesorgt hatte. Das Landratsamt hatte zuletzt Ende April dieses Jahres die Anwohner aufgefordert, die Schilder zu entfernen, und mit einem Bußgeld in Höhe von 800 Euro gedroht. Nachdem das Regierungspräsidium Freiburg die Widersprüche gegen das Bußgeld zurückgewiesen hatte, haben die Anwohner Klage erhoben und Eilanträge gestellt. Diese wies das Verwaltungsgericht nun im Wesentlichen ab.
Mehrere Bewohner der Höri hatten mit den Schildern die Autofahrer aufgefordert, 20 Stundenkilometer langsamer zu fahren, als es eigentlich erlaubt ist. Viele haben das hohe Tempo der Autofahrer und damit auch verbundene gefährliche Situationen auf den Straßen kritisiert. Die Idee mit den Schildern hatte der Ortsverein der Grünen auf der Höri.
Schilder verstoßen gegen Straßenverkehrsordnung
Mit der Aufstellung der Schilder werde voraussichtlich gegen Paragraf 33 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen. Darin ist der Umgang mit Verkehrsbeeinträchtigungen geregelt. In dem Abschnitt heißt es konkret: „Einrichtungen, die Zeichen oder Verkehrseinrichtungen gleichen, mit ihnen verwechselt werden können oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen dort nicht angebracht oder sonst verwendet werden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können.“ Die Schilder könnten, so die Argumentation des Verwaltungsgerichtes, mit dem amtlichen Tempo-30-Schild und dem Schild, das eine Tempo-30-Zone markiert, verwechselt werden.
Maßgeblich sei das Gesamtbild des jeweiligen Schildes, wie es sich einem flüchtigen Betrachter darstelle, heißt es in der Mitteilung weiter. Hier bestehe eine Verwechslungsgefahr, weil ein Verkehrsteilnehmer sich nicht sicher sein könne, ob es sich nicht um ein amtliches Verkehrsschild handele, das nachträglich verändert worden sei.
„Die Größe und Form der Schilder, die Abbildung von fünf rennenden Kindern und die Aufschrift ‚Freiwillig‘ führten nach der gebotenen Gesamtschau nicht auf den ersten Blick zum eindeutigen Schluss auf ein privates Wunsch-/Fantasiebild“, heißt es laut dem Verwaltungsgericht.
Mit der Abbildung der Kinder sei die Ähnlichkeit zu nach der StVO vorgesehenen „schwarzen Sinnbildern“ angelegt. Nach der StVO seien auch Aufschriften zulässig. Dass das Bild der Kinder und der Schriftzug „Freiwillig“ nicht – wie es die StVO vorschreibe – schwarz umrandet seien, nehme ein flüchtiger Betrachter aber nicht zwingend auf den ersten Blick wahr.
Amtliche Schilder müssen von allen verstanden werden
Gerade bei ausschließlich fremdsprachigen Verkehrsteilnehmern sei eine Verwechslungsgefahr gegeben, da bei flüchtigem Blick nur die vermeintliche Geschwindigkeitsbeschränkung, aber nicht die Überschrift „Freiwillig“ verstanden werde, so die weitere Argumentation des Gerichtes. Doch gerade amtliche Verkehrszeichen müssten international verständlich sein. Auch weiche die Größe der Schilder nicht offensichtlich von der Größe vergleichbarer amtlicher Verkehrszeichen ab.
Einen ganz praktischen Alltagstest hat es wohl bei der Bewertung der Schilder auch gegeben: Die Fahrerassistenzsysteme der Dienstwagen des Landratsamts und des Regierungspräsidiums hätten beim Vorbeifahren an den Schildern eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern angezeigt. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass die Verwechslungsgefahr negative Folgen für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs haben könne, wenn manche Verkehrsteilnehmern nur 30 Stundenkilometer fahren würden, während andere Verkehrsteilnehmer die zulässige Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern ausnutzen wollten.
Nicht dass andere das nachmachen
Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Zulassung entsprechender Schilder einen Nachahm-Effekt nach sich ziehen dürfte: Das Verwaltungsgericht fürchtet die Aufstellung weiterer im Wesentlichen gleicher Schilder, wie in der Mitteilung abschließend deutlich wird.
Bei der Aufstellung der Schilder handle es sich nicht um isolierte private Einzelmaßnahmen. Vielmehr seien sie Teil einer breiten und von der Deutschen Umwelthilfe unterstützten Initiative, die die gesamte Halbinsel Höri mit den Landesstraßen 192 und 193 betreffe.
Die Beschlüsse sind nicht rechtskräftig. Die Anwohner können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim einlegen. Die Deutsche Umwelthilfe erklärte auf Nachfrage des SÜDKURIER am Dienstagnachmittag dazu nur knapp: „Wir werden die Beschlüsse, die am heutigen Tag kamen, auswerten und danach entscheiden, ob wir in Beschwerde gehen.“