In der Ideenschmiede des neuen Fasnachtsmuseums Schloss Langenstein geht es jetzt auf die Zielgerade. Nachdem vor kurzem erst der Baubeschluss gefasst werden konnte, wird die letzte Phase der Planung und Umsetzung für Museumspräsident Michael Fuchs und sein Team noch einmal richtig stressig.
Vor wenigen Wochen konnten sie die vier neuesten digitalen Anwendungen, die im Museum zum Einsatz kommen sollen, im Berliner Humboldt-Forum der Fachöffentlichkeit bei einem Treffen des Verbunds museum4punkt0 vorführen. Konkret geht es dabei darum, das Museum durch digitale Inhalte zu erweitern und dadurch den Museumsbesuch ein Stück weit personalisierbar zu machen.
Man habe sich bei der Zusammenkunft in Berlin einmal mehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie Digitalisierung in einem Museum gut eingesetzt werden kann, berichtet Fuchs und betont: „Wir sind mit einem riesigen Rucksack voller Inspirationen zurückgekommen.“ Gleichzeitig war dies die erste Gelegenheit, die Prototypen für die Anwendungen in einer ersten Testumgebung zu erproben.
Das sei sehr wertvoll gewesen, denn eine Rückmeldung aus einer anderen Perspektive zu bekommen, helfe auch weiter, die Anwendungen noch weiter zu entwickeln, erklärt Sandy Schmidt, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt museum4punkt0. Die neuen Anwendungen werden dazu beitragen, dass der Rundgang durch das Museum für jeden Besucher zu einem ganz persönlichen Erlebnis wird.
- Künstliche Intelligenz: Da wäre zum Beispiel das Thema Gesichtserkennung: Vor einer Medienstation mit Bildschirm und integrierter Kamera am Beginn des Rundgangs wird der Museumsbesucher dazu aufgefordert, eine Grimasse zu schneiden. Eine künstliche Intelligenz (KI) sucht dann eine Narrenmaske aus der Sammlung des Museums aus, die am besten zur Grimasse des Museumsbesuchers passt.
Diese wird dem Besucher dann am Bildschirm virtuell aufgesetzt. „Die Besucher können dann ihre Maske in der Ausstellung wiederentdecken und haben so direkt einen persönlichen Bezug“ erklärt Michael Fuchs. Ganz wichtig ist für ihn dabei, dass es sich bei der Software um eine komplette Eigenentwicklung handelt. „Wir wollten bewusst nicht auf bestehende Software zurückgreifen, damit wir garantieren können, dass keine Daten an dritte weitergegeben werden können“, so Fuchs.
- Lively Exhibitions: Zu den neuen Anwendungen zählt aber auch das Thema „Lively Exhibitions“, dabei geht es darum, die Ausstellung so lebendig wie möglich zu machen. Die Zuschauer können die Ausstellung nämlich selbst mitgestalten, indem sie Beiträge einsenden.
So können beispielsweise in den kommenden Jahren Bilder von der jeweils aktuellen Fasnacht im Museum erscheinen. Möglich macht dies eine Echtzeit-Kuration im Rahmen derer die Bilder überprüft, einem Thema zugeordnet und dann in der Ausstellung ausgespielt werden können.
- Multi-Touch: Besonders die dritte neue Anwendung sei beim Berliner Fachpublikum auf Begeisterung gestoßen berichtet Fuchs: Eine Multi-Touch-Oberfläche, die an zwei Seiten schräg aufgestellt ist wie ein Dach, bildet eine mittelalterliche Stadt ab, in der es rund um die Geschichte der Fasnacht viel zu entdecken und erkunden gibt.
Der Aufbau ermöglicht es beispielsweise einer Figur zu folgen, die hinter einem Haus verschwindet. „Das bildet eine Ästhetik ab, die besonders jüngere Menschen aus Videospielen kennen und soll eine interessante Art der Wissensvermittlung ermöglichen“, sagt Fuchs.

- Erweiterte Realität 2.0: Bei der vierten Anwendung geht es um die Weiterentwicklung des Themas erweiterte Realität. Ursprünglich war hierbei geplant, mit speziellen Brillen für die Besucher zu arbeiten, die digitale Inhalte dreidimensional in den Raum projizieren und mit denen die Besucher dann interagieren können.
Konkret geht es darum, dass die Besucher eine Weltkugel sehen, die sie hin und her bewegen können, um verschiedene Masken der Welt zu erkunden. Die Brillen haben sich allerdings als zu kompliziert in der Erklärung und Anwendung erwiesen. Deshalb wollen die Museumsmacher hierbei zukünftig auf eine webbasierte Anwendung setzen, auf die die Besucher mit bereitgestellten Tablet-PCs oder sogar mit dem eigenen Smartphone zugreifen können.

„Auch dieser Aspekt gehört zu unserer Arbeit im Rahmen von museum4punkt0; herausfinden, was nicht funktioniert um dies für zukünftige Projekte anderer Museen zu dokumentieren“, sagt Sandy Schmid. Überhaupt spielt bei allen Anwendungen das Thema Nachhaltigkeit im Rahmen von museum4punkt0 eine große Rolle.
„Wir entwickeln die ganzen Anwendungen nicht nur für uns selbst, sondern als Open-Source Projekte“ sagt Fuchs. Das heißt, wenn ein anderes Museum Interesse an einer solchen Anwendung hat, dann kann es auf Software und Know-How der Projektgruppe zurückgreifen. Das Projekt museum4punkt0 wird nämlich aus Bundesmitteln finanziert.
Der Spatenstich für das neue Museum soll in Kürze stattfinden können. „Wichtig war, dass die Finanzierung steht. Das ist jetzt der Fall“, betont Fuchs. Die rund 2,2 Millionen Euro, die der Museumsneubau kosten soll, werden zum Teil durch Spenden finanziert. Aktuell laufen die Vorbereitungen für den ersten Spatenstich und „wir hoffen, dass wir in den kommenden Wochen noch mit dem Aushub beginnen können“, so Fuchs.
Ende 2022 sollen Rohbau und Inneneinrichtung dann größtenteils fertig sein. Wann genau das Museum aber seine Türen für die ersten Besucher öffnen kann, das steht aktuell noch nicht fest.