Herr Volk, wenn Sie auf Ihre vier Amtsperioden zurückblicken: Wie hat sich das Amt verändert?
Die Themen sind in manchen Bereichen wesentlich komplexer geworden. Die Bauleitplanung bestand zum Beispiel früher in erster Linie aus Flächennutzungsplan und Bebauungsplänen. Ökologische Komponenten waren noch nicht so sehr zu berücksichtigen. Das ist heute in der Abwägung viel umfangreicher.
Stark verändert haben sich auch die Kindertageseinrichtungen und die Schule. Heute gibt es Angebotsformen, die man 1989 oder 1990 noch nicht kannte. Wir versuchen, nahe an den Interessen der Einwohnerschaft zu sein. Das bedeutet, dass regelmäßig die räumlichen Voraussetzungen angepasst werden und nötige Sachmittel zur Verfügung gestellt werden – wie die IT-Technik in unserer Grundschule. Früher war es nicht so notwendig, sich permanent damit zu befassen, das ist heute eine ganz andere Situation.

An welche Meilensteine erinnern Sie sich gern zurück?
Mir war es immer wichtig, aktuelle Herausforderungen zu einer den Ansprüchen gerecht werdenden Lösung zu führen. Anfang der 1990er-Jahre standen viele Tiefbaumaßnahmen an: Breitbandkabel, Gasversorgung, erdverlegte Stromkabel in beiden Ortsteilen. Dann die Sanierung der Wasserversorgung für die Gesamtgemeinde – das Thema hat mich immer begleitet. Erst bei der Einweihung des Hochbehälters Orsingen, dann bei der Neustrukturierung der Gesamtwasserversorgung mit der Brunnenbohrung in Nenzingen. Es folgten Verbundleitungen zwischen beiden Netzen, um so im Falle irgendwelcher Ausfälle eine gewisse Sicherheit zu haben. Jetzt werden die Steuereinheiten erneuert, um auf dem aktuellen Stand der Technik zu sein.
Auch die Zufahrt ins Industriegebiet Hardt von Nenzinger Seite war eine Zeit lang ein Thema. Wegen der Baustelle am Rißtorf-Kreisel ist es momentan sehr hilfreich, dass es diese Zufahrt gibt. (lacht)

Ein großer Entwicklungsschritt für die Gesamtgemeinde war das Camping-Resort – mit allen Konsequenzen, die daraus erwachsen sind. Ein Teil des Geländes vom SV Orsingen wurde dafür gebraucht. Mit dem Anbau am Sportheim Nenzingen und einem zusätzlichen Platz wurde Ersatz geschaffen. Auch die gute Grundversorgung im Lebensmittelbereich resultiert aus dem Camping-Resort.
Nicht zuletzt hat auch die Einführung des Seehäsles eine strukturelle Verbesserung gerade für Nenzingen gebracht. Die Gemeinde war hier zwar nicht der Auslöser, hat die Einführung aber unterstützt. Viele Menschen nutzen seither dieses Verkehrsmittel für die Fahrt zur Schule, zur Arbeit oder zum Einkaufen.

Was war Ihnen bei Ihrer Arbeit besonders wichtig?
Eine schöne Herausforderung war es immer, bei baulichen Anlagen Veränderungen auf den Weg zu bringen, die die Gemeinde nach vorne gebracht haben. Wir haben stets versucht, die betroffenen Personen mit einzubinden. Mitarbeiter in Kindergärten oder die Lehrkräfte der Schule wissen natürlich am besten, was für sie im Speziellen am wichtigsten ist. Die Schule war ein interessantes Thema, weil die Konzentration auf ein Schulgebäude einiges erforderlich gemacht hat.
Ich war mit dem Gemeinderat immer einig, dass wir gute Angebote in diesem Bereich nicht an zwei Standorten adäquat machen können, wenn man dabei auch die Finanzierung nicht ganz aus dem Blick lässt. Die Zentralisierung der Ganztagesgrundschule in Verbindung mit dem Ganztageskindergarten schafft viele Synergien durch räumliche Nähe. Das war ein Stück weit unser Ziel, als wir das Thema angegangen sind. Und mit dem ÖPNV kommen auch die Orsinger Kinder gut zur Schule in Nenzingen.
Was hat Ihnen in Ihrem Amt besonders gefallen?
Ich habe mich immer über Aufgaben gefreut, die ich in Gemeinschaft mit dem Gemeinderat, den Bürgern oder Interessensgruppen, wie beispielsweise Vereinen oder auch den Kirchengemeinden, und der Verwaltung angehen konnte. Insgesamt war es erfreulich, dass so viele Veränderungen angestoßen werden konnten, die auch in der breiten Masse mitgetragen wurden. Natürlich gibt es oft unterschiedliche Interessen. Da gilt es Kompromisse zu finden, die dem jeweiligen Thema am ehesten gerecht werden.
In den ganzen Jahren war es auf breiter Basis so, dass es einen Konsens in den wesentlichen Dingen gab, egal ob es um die Dorfgemeinschaftshäuser, Kindergärten, Schulen, Tiefbaumaßnahmen, den Standort des Bauhofs in Orsingen oder das Feuerwehrgerätehaus für beide Löschzüge in Orsingen ging.
Zu den Sachthemen kamen viele Feste und Feiern, die Ortsjubiläen von Orsingen und Nenzingen, Heimattage, Vereinsjubiläen, Narrentreffen, Altennachmittage in Orsingen und Nenzingen – das waren immer schöne gesellschaftliche Ereignisse.
Mir hat es Spaß gemacht, mich mit der Vielfalt der Aufgabenstellungen in unterschiedlichen Bereichen auseinanderzusetzen. Diese Herausforderungen sind aber alleine nicht leistbar. Es braucht entsprechende Mithilfe von verschiedenen Seiten und es ist auch wichtig, dass die Themen im Gemeinderat entsprechend aufgenommen werden. Das war eigentlich immer der Fall und so sind wir zu Lösungen gekommen, die für die Entwicklung der Gemeinde förderlich waren.
Glauben Sie, dass es Ihnen fehlen wird?
Das kann ich im Moment noch nicht einschätzen, ich kenne die Situation so ja noch nicht. Ich denke, dass ich künftig Dinge spontaner in Angriff nehmen werde. Einfach mal aufs Fahrrad sitzen und den Hegau und das Bodenseeumland erkunden und ausgiebige Spaziergänge und Wanderungen unternehmen.
Auch im und ums Haus gibt es die eine oder andere Aufgabe für mich. Heimwerkertätigkeiten habe ich schon immer gerne als Ausgleich zu Arbeiten am Schreibtisch gemacht. Künftig habe ich mehr Zeit für private Dinge, die bisher hintangestellt werden mussten. Mit meiner Frau kann ich die Aufgabenteilung dann etwas besser gestalten. Und außerdem behalte ich noch einige ehrenamtliche Tätigkeiten auf Kreisebene – ich bleibe Mitglied des Kreistags mit verschiedenen Ausschüssen, Mitglied im Regionalverband und in der Vorstandschaft des DRK Ortsvereins Steißlingen-Orsingen.
Werden Sie gelegentlich als Zuhörer im Saal sitzen oder kehren Sie der Lokalpolitik den Rücken?
Bei der einen oder anderen Veranstaltung werde ich natürlich als Gast dabei sein, aber bei der Gemeindepolitik im engeren Sinne werde ich mich raushalten. Ich denke, Gemeinderatssitzungen werden bei meiner Freizeitgestaltung eher, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle spielen.
Zur Person
Bernhard Volk ist 63 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er stammt aus dem Odenwald und trat im Jahr 1989 bei der Bürgermeisterwahl in Orsingen-Nenzingen an, als es um die Nachfolge von Alfons Fritschi (1975 bis 1989) ging. Er setzte sich damals im zweiten Wahlgang durch, wurde drei Mal wiedergewählt und war nun 32 Jahre lang Bürgermeister. (sk)