Dem heiligen Zeno, einer der drei Radolfzeller Hausherren, wird nachgesagt, Menschen mit seinen Worten und Taten von Christus überzeugen zu können. Diese Überzeugungskraft hätte Landrat Zeno Danner in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Radolfzell durchaus gebrauchen können. Es ging um die Zukunft des leerstehenden Krankenhauses auf der Mettnau. Nach unzähligen nicht-öffentlichen Diskussionsrunden zwischen Oberbürgermeister Simon Gröger und dem Landrat, dem OB und Gemeinderat und nun auch Landrat und Gemeinderat fand diese Debatte erstmals öffentlich statt.

Auch Monate nach der Schließung des Krankenhauses hatte diese Diskussion nicht an Emotionalität verloren und lässt nur vermuten, wie diese wohl noch vor einem Jahr geführt wurde. Der Landrat musste sich einige Vorwürfe gefallen lassen, er würde eine „Politik des Wegschauens“ (Christof Stadler, CDU) betreiben, der GLKN würde sich wie ein ‚chinesischer Konzern‘ verhalten (Siegfried Lehmann, FGL) und der Landrat würde zu wenig die Position der Radolfzeller einnehmen, für die er als Landrat auch Verantwortung trage (Martina Gleich, CDU).

Es geht um Verträge, nicht um Gefühle

Zeno Danner gab sich in der Sitzung gelassen und lächelte die angestaute Frustration und die mahnenden Appelle der Stadträte tapfer weg. Hier tat er es ganz seinem Namensvetter gleich: Der heilige Zeno von Verona wurde auch der lächelnde Bischof genannt. Denn auch nach Abzug aller Emotionen und verletzten Gefühle geht es hier in erster Linie jetzt um Verträge.

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Und diese können wie so oft in den Rechtswissenschaften unterschiedlich ausgelegt werden. In Radolfzell vertritt man die Position, dass man nicht nur das Grundstück auf der Mettnau, welches der Spitalfonds damals dem Hegau-Bodensee-Klinikum (HBK) in Erbpacht überlassen hatte, zurückbekommen sollte. Auch das Krankenhausgebäude, welches als Kapitaleinlage in den kommunalen Verbund eingegeben wurde, soll wieder in den Besitz des Radolfzeller Spitalfonds gelangen.

„Auch wir wollen das Gebäude möglichst schnell zurückgeben.“Landrat Zeno Danner
„Auch wir wollen das Gebäude möglichst schnell zurückgeben.“Landrat Zeno Danner | Bild: Ulrike Sommer

Eine schnelle Lösung ist gewünscht

Soweit gehen die Positionen nicht dramatisch auseinander. Auch der Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz (GLKN) hat laut dessen Aufsichtsratsvorsitzenden Zeno Danner kein Interesse, das Gebäude selbst zu entwickeln oder eine Entwicklung seitens des Radolfzeller Spitalfonds zu verzögern. „Auch wir wollen das Gebäude möglichst schnell zurückgeben“, so Danner. Im Weg stünden allerdings die komplizierten Verträge zwischen Spitalfonds und HBK beziehungsweise GLKN und die unterschiedlichen Erwartungen an eine Rückführung.

Siegfried Lehmann, Fraktionssprecher der Freien Grünen Liste, benannte diese Erwartungen: Das Krankenhausgebäude sei entgegen einer vertraglich festgeschriebenen Instandshaltungsklausel heruntergewirtschaftet worden. Notwendige Investitionen in die Infrastruktur seien über Jahre bis Jahrzehnte versäumt worden. Bis zu dem Punkt, dass ein Weiterbetrieb als Krankenhaus nicht nur nicht mehr wirtschaftlich, sondern auch nicht mehr zulässig sei.

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„Das Kapital, das wir eingebracht haben, ist nun kaputt“, sagte Lehmann. Und hier erwartet der Spitalfonds eine finanzielle Kompensation seitens des GLKN. Die brauche der Spitalfonds auch dringend, um eine neue Nutzung zu ermöglichen. Denn nach dem Bau des Pflegeheims ist nicht mehr viel Geld im Spitalfonds. „Eine lastenfreie Rückführung wird die Stiftung nicht überleben“, so Lehmann.

Landrat will Gebäude lastenfrei übergeben

Doch genau das, eine lastenfreie Übergabe, bot Zeno Danner an – ohne Schulden, aber auch ohne weitere Investitionsmittel. Immer wieder betonte Danner, dass es sich hier nicht um eine Sache der Kommunalpolitik, sondern um Gesellschaftsrecht handle. Und er als Aufsichtsratsvorsitzender des GLKN müsse die Position der Gesellschaft vertreten. Und in dieser erkenne er keinen Anspruch aus Radolfzell an. Auch vor dem Hintergrund, keine Begehrlichkeiten im Landkreis wecken zu wollen.

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Doch das müsse nicht das Ende der Gespräche sein, versicherte Danner. Gespräche, die der Landrat aber lieber ohne Öffentlichkeit führen möchte. Auf die Frage, ob eine gemeinsame Entwicklung des Gebäudes durch Radolfzeller Spitalfonds und GLKN möglich sei und wenn ja, mit welchem Konzept, erhielten die Gemeinderäte nur eine Antwort: „Ich verhandele nicht öffentlich“, so Danner. Er machte aber auch klar: Die Entwicklung des Gebäudes sei Radolfzeller Aufgabe, nicht Aufgabe des Landkreises. Er könnte sich nur dafür einsetzen, dass diese Entwicklung nicht durch einen langwierigen Rechtsstreit über die Verträge behindert werde.

Architekt empfiehlt großzügigen Teilabriss

Zumindest eins wurde dennoch der Öffentlichkeit präsentiert: das Ergebnis der Begehung durch Architekten im Dezember 2023. Die Stadt Radolfzell hatte ein halbes Jahr nach der offiziellen Schließung das Gebäude genau in Augenschein nehmen können. Benjamin Heller, Architekt bei KTL Architekten Rottweil, stellte die Analyse und Raumkonzepte vor. Und diese mag für die erschütternd sein, die an eine solide Bausubstanz geglaubt hatten. Denn laut Heller müsste man gut drei Viertel des heutigen Krankenhauses abreißen.

Bild 2: Ärger ums Krankenhaus: Drohen jetzt Abriss und Rechtsstreit?
Bild: Schönlein, Ute

Für ein Ärztehaus, ein kommunales Versorgungszentrum oder für Wohnraum, so die Ideen für eine weitere Nutzung, kämen nur zwei Gebäudeteile infrage: das historische Krankenhaus in seinem Grundriss von 1906 und der in den 1980er-Jahren gebaute Bettentrakt. Über mehr als 100 Jahre sei an dem Krankenhaus immer nur an- oder aufgebaut worden, so Heller. Die Infrastruktur sei zu verworren, oft auch zu veraltet, um sie wirtschaftlich gesehen wieder nutzbar zu machen. Der Aufwand sei finanziell zu groß, ein Abriss kostengünstiger.