Das Badewetter lässt zwar etwas zu wünschen übrig, aber am Buchenseebad in Güttingen ist die gerade beginnende Saison jäh unterbrochen worden. Die Stadt hat am vergangenen Donnerstag, 6. Juni, das Bad mit Bauzäunen abgesperrt. Das Betreten des Bades und das Baden im Güttinger See ist offiziell laut Stadtverwaltung untersagt. Und zwar fehlt es in Güttingen an einer zertifizierten Badeaufsicht, wie Angelique Augenstein, Dezernatsleiterin für nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, bei einem kurzfristig anberaumten Pressetermin am Freitagmittag erklärt. „Uns ist dieser Schritt nicht leicht gefallen, aber da sind uns die Hände gebunden. Es geht schließlich um die Sicherheit der Badegäste“, so Augenstein.

Die Stadt Radolfzell verpachtet die Naturbäder im ganzen Stadtgebiet. Dazu gehören neben dem Buchenseebad auch das Seebad, das Strandbad auf der Mettnau, das Bad am Böhringer See, das Bad am Campingplatz Markelfingen und das Versehrtenbad. In den Pachtverträgen hat die Stadt mit den Pächtern geregelt, dass eine Badeaufsicht zu stellen ist. „Die Badeaufsicht muss eine Erste-Hilfe-Ausbildung und das DLRG-Rettungsschwimmer-Abzeichen in Silber nachweisen“, erklärt Julia Schüssler von der Stabstelle Bauverwaltung.
Pächter hat die Prüfung vor zwei Jahren gemacht
Alles Vorgaben, die Udo Sum, seit neun Jahren Pächter des Buchenseebades, laut eigenen Angaben auch erfüllt und die jahrelang kein Grund zur Beanstandung gaben. Bis jetzt. Denn vor zwei Jahren habe Sum zu seinem Pachtvertrag eine Ergänzung bekommen, die auf Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Badwesen basiert.
Darin wurde gefordert, dass die Badeaufsicht eines Naturbades das DLRG-Rettungsschwimmer-Abzeichen in Silber alle zwei Jahre erneuern müsse. Sum hatte die Prüfung zum ersten Mal vor zwei Jahren absolviert, die Jahre zuvor hatte er einen Mitarbeiter mit entsprechender Ausbildung. Doch eine Erneuerung von Udo Sums Abzeichen habe laut Stadtverwaltung nicht stattgefunden. Aus diesem Grund sei das Bad jetzt als nicht mehr verkehrssicher einzustufen und die Stadt hat es abgesperrt und geschlossen.
Stadt habe zu kurzfristig informiert
Für Sum stellen sich nun gleich mehrere Probleme, bei denen er sich von der Stadt nicht unterstützt fühlt. Den Rettungsschwimmerkurs kurzfristig nachholen könne er nicht, da diese Kurse für gewöhnlich im Herbst und Winter, aber nicht mitten im Sommer angeboten werden. Dann würde das Ablegen der Prüfungen auch seine Zeit dauern. „Und der Sommer beginnt jetzt, währenddessen vergammelt mir Ware im Kiosk“, macht Sum deutlich.
Auch sei er von den neuen Vorgaben trotz Vertragsergänzung überrascht worden, die Stadt habe ihn auf das Fehlen der Zertifizierung erst sehr kurz vor Saisonbeginn hingewiesen. Er selbst habe gedacht, er habe eine Verlängerung seines DLRG-Rettungsschwimmerabzeichens durch eine sogenannte „Run-swim-run“-Prüfung erlangt.
DLRG-intern würden die Rettungsschwimmer das Abzeichen nicht in Gänze wiederholen, sondern diese Auffrischungsübung ablegen und somit die Gültigkeit des Abzeichens verlängern, erklärt Sum seinen Informationsstand. Die „Run-swim-run“-Prüfung beinhaltet 100 Meter laufen, 200 Meter schwimmen, 100 Meter laufen, und das alles in insgesamt acht Minuten. Das Rettungsschwimmerabzeichen hingegen umfasst 16 Lerneinheiten je 45 Minuten, Ausbildung in Theorie und Praxis und eine praktische Prüfung, die Schwimmen in Kleidung, Tauchen, Transportschwimmen und vieles mehr beinhaltet.
DLRG reicht eine Auffrischungsübung
Diesen Ablauf bestätigt Steffen Mengele, Vorsitzender der DLRG Radolfzell. Um ihr Rettungsschwimmerabzeichen zu verlängern, würden Mitglieder der DLRG einen Erste-Hilfe-Kurs, eine kombinierte Übung und die „Run-swim-run“-Prüfung ablegen. Dann sei das Abzeichen erneuert. Ein komplettes Ablegen der Rettungsschwimmer-Prüfung sei nicht üblich. Ebenso empfiehlt die DLRG eine Auffrischung alle zwei bis vier Jahre, je nach Einsatzort.
Doch laut Angelique Augenstein reiche diese Auffrischungsübung nicht, um den Pachtvertrag und die Zusatzklausel zu erfüllen. Diese sehe eine komplette Zertifizierung als Rettungsschwimmer vor. Die „Run-swim-run“-Prüfung sei in der Ausführung weit unter den Anforderungen, was ein Rettungsschwimmer können müsse. Und wenn es um Menschenleben gehe, könne man nicht vorsichtig genug sein.
Auch geht es der Stadt Radolfzell um die Haftungsfrage. Sollte etwas in dem Bad passieren und die Badeaufsicht sei nicht wie vorgegeben erfüllt, dann seien Oberbürgermeister und Gemeinderat persönlich in der Verantwortung, so Augenstein.
Stadt kommt Pächter nicht entgegen
Unverständnis äußert Bad-Pächter Udo Sum auch über die Absperrung des gesamten Bades. Nicht nur der Zugang zum Güttinger See ist hinter einem Bauzaun verschlossen, auch der Spielplatz – erst im vergangenen Herbst neu gestaltet – ist nun für Besucher geschlossen. „Ich hätte mir mehr Entgegenkommen von der Stadt gewünscht“, sagt er. Er wolle sich nicht versperren und sei bereit, Dinge zu bewegen.
Sum habe ebenso vorgeschlagen, einen externen Rettungsschwimmer für die Badesaison einzustellen, damit die Badeaufsicht nach den gewünschten Richtlinien gewährleistet sei. Dafür habe er die Stadt um ein Entgegenkommen bei der Pacht gebeten. Doch auch dies sei abgelehnt worden, so Sum. Er zieht den Vergleich zum Böhringer See. Dort habe man dem Pächter komplett die Pacht erlassen, weil man lange keinen Interessenten habe finden können. Eine solche Unterstützung hätte sich Sum auch gewünscht.
Und jetzt?
Ein Hilfsangebot gibt es zumindest von der DLRG Radolfzell. Steffen Mengele sagt, man habe dem neuen Pächter des Böhringer Sees angeboten, einen Rettungsschwimmer-Kurs auch im Sommer zu ermöglichen, falls dies notwendig sei. „Und das selbe Angebot gilt natürlich auch für den Pächter des Buchenseebades“, so Mengele.
Udo Sum hat kommende Woche am Donnerstag, 13. Juni, ein Gespräch mit Oberbürgermeister Simon Gröger. Früher sei wegen der Kommunalwahl nicht möglich gewesen.