Es war ein kühler und regnerischer Mai, der gerade zu Ende gegangen ist. Die Sonne ließ sich eher selten blicken – schade für alle, die im Garten die Seele baumeln lassen oder bereits die Füße in den See stecken wollten, aber gut für den Radolfzeller Stadtwald.
Die Bäume profitieren nun vom Wasser, nachdem in den vergangenen Jahren vielmals Dürre herrschte. Sie können dadurch gestärkt in den Sommer starten, in dem sie sich Problemen wie dem Borkenkäferbefall oder Hitze stellen müssen. „Wir haben dieses Jahr recht gute Voraussetzungen“, freut sich Revierförster Gerhard Heizmann.
Bis zum tiefe Grundwasser sei der Regen allerdings nicht vorgedrungen, damit dieses ansteige, brauche es mehr Niederschlag im Winter. Aber immerhin sei die obere Bodenschicht nach dem nassen Mai feucht. Und das, obwohl laut Gerhard Heizmann viel Niederschlag von der Kronenschicht der Bäume oder der Strauchschicht aufgefangen wurde und den Boden gar nicht erreichte. Zur Situation positiv beigetragen habe auch schon der zum Teil heftige Schneefall im Frühjahr, der ebenfalls Wasser brachte.

Dennoch sei an den winterlichen Verhältnissen nicht alles gut gewesen – denn gerade für die jungen Douglasienpflanzen im Radolfzeller Stadtwald sei die Last des Schnees zum Teil zu viel gewesen. Sie knickten oder fielen um, da ihre Wurzeln noch nicht stabil genug waren, und müssen nun zu hunderten mit einem Pfahl gestützt werden. „Aber ansonsten war der Schnee natürlich erfreulich“, sagt Heizmann.
Denn das Wasser brauchen die Bäume nicht nur, um zu überleben – das extreme Dürrejahr 2018 etwa hat an vielen Bäumen im Radolfzeller Stadtwald bis heute seine Spuren hinterlassen, zum Teil sind Äste und auch Wurzeln abgestorben. Die Nässe benötigen Fichten auch für die Harzproduktion. Die wiederum ist wichtig, um Borkenkäfer abwehren zu können. In den vergangenen Jahren sei im Radolfzeller Stadtwald vor allem durch Borkenkäferbefall viel Schadholz angefallen. 2018 seien es etwa 10.000 Festmeter gewesen, berichtet Gerhard Heizmann.

Das sei so viel Holz, wie normalerweise pro Jahr im Stadtwald eingeschlagen wird. Mittlerweile fallen laut Aussage des Revierförsters noch etwa 3000 Festmeter Schadholz pro Jahr an. „In diesem Jahr sind die Bäume durch die Niederschläge besser aufgestellt“, zeigt sich Heizmann optimistisch. Von Vorteil sei auch, dass die Bäume durch die milden Temperaturen im Mai auch weniger Wasser gebraucht hätten als sonst – bei warmem Klima verlieren sie Feuchtigkeit auch durch Verdampfen.
Probleme gibt es trotzdem
Sicher sei der Wald vor den Borkenkäfern aber auch in diesem Jahr nicht – denn es gebe eine große Anzahl der Schädlinge, selbst wenn einige abgewehrt werden können, werde ein Teil der Borkenkäfer Bäume beschädigen. „Vom letzten Jahr sind noch so viele Borkenkäfer übrig geblieben, die überwintert haben“, erklärt Gerhard Heizmann. „Wir werden wahrscheinlich wieder ein Problem bekommen.“
Dabei könne viel Regen eigentlich dabei helfen, Borkenkäferplagen einzudämmen – denn wenn es über eine lange Zeit feucht sei, könne sich unter der Baumrinde ein Schimmelpilz bilden, der die Gelege der Schädlinge befällt und diese vernichtet. „Das ist sehr effektiv“, sagt der Revierförster. Das Problem: Der Regen im Mai kam zu früh. Weil es lange noch nicht warm war, seien die Borkenkäfer nicht aktiv gewesen und hätten darum auch keine Eier gelegt. Erst jetzt gehe es mit der Fortpflanzung wieder los.
Um den Borkenkäfer zu bekämpfen, werden Gerhard Heizmann selbst sowie Forstarbeiter aktiv: Der Revierförster muss in der aktuellen Zeit die Bäume genau auf Borkenkäferbefall untersuchen. Bemerkt er Bohrmehl, also winzige Holzspäne, die die Schädlinge beim Bohren ihrer Gänge im Stamm hinterlassen haben, muss er reagieren.
Und das innerhalb von wenigen Wochen, bevor die Brut der Borkenkäfer, die unter der Rinde in der Nährschicht heranwächst, unter dieser hervorkommt und selbst für Nachwuchs sorgt. „Wenn das Wetter günstig ist, gibt es drei Generationen pro Jahr“, sagt Gerhard Heizmann. Und jedes Borkenkäferweibchen lege etwa 50 Eier. „Da liegt die Gefahr drin“, so der Revierförster.
Das befallene Holz soll verkauft werden, erklärt er. Gelinge das nicht, müsse es trotzdem aus dem Wald entfernt werden – dann werde es zur Kiesgrube bei Steißlingen gebracht. Dort bestehe genügend Abstand zu neuen Wirtsbäumen, sodass die Borkenkäfer, die nur eine bestimmte Strecke zurücklegen würden, diese nicht erreichen. Seit zwei Jahren arbeite man in Radolfzell zu diesem Zweck mit einer App, über die die befallenen Bäumen im Wald markiert und von den Forstarbeitern leichter gefunden werden können.

Doch nicht nur mit Trockenheit und Borkenkäfern muss sich Gerhard Heizmann derzeit herumschlagen. „Als hätten wir nicht schon genug Probleme, haben wir seit zehn Jahren auch noch eine Krankheit bei den Eschen“, berichtet er. Ein Pilz, der durch den globalen Holzhandel eingeschleppt worden sei, habe die Bäume befallen – sie leiden unter dem Eschentriebsterben. Weil sie dadurch absterben und die Gefahr besteht, dass sich Äste aus der Krone lösen oder die Eschen umfallen, ist der Schiedelen-Wald derzeit gesperrt.

Gegen die Krankheit vorgehen könne man nicht, sagt Gerhard Heizmann. Es bleibe nur die Möglichkeit, entlang von Wegen Bäume aus Sicherheitsgründen zu fällen und abzuwarten. Denn wenn man Glück habe, schaffe es der Wald auch von selbst, sich wieder zu erholen: „Es gibt die Möglichkeit, dass Bäume eine Resistenz entwickeln“, sagt der Revierförster. Aktuell sehe es aber schlecht für die Esche aus, Gerhard Heizmann befürchtet, dass die Esche in der Region aussterben wird.