Seit nicht einmal zehn Jahren gibt es die Artothek in der Villa Bosch in Radolfzell, in der Kunst ausgeliehen und auch gekauft werden kann. Eröffnet wurde sie im Jahr 2015, Ziel war es auch, Kunstschaffende vor Ort zu fördern. Denn sie ist die einzige in der Region, wie Heike Endemann, Leiterin des Radolfzeller Kulturbüros, in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses berichtete. Die nächste sei erst wieder in Friedrichshafen zu finden.
Angestrebt war in Radolfzell nach der Gründung ein Verleih von etwa 60 Werken pro Jahr und Einnahmen von 6000 Euro. Doch dazu kam es nicht. Verliehen wurden jährlich lediglich zwischen 13 und 49 Bilder, verkauft wurden seit der Gründung sogar nur drei. Das soll sich nun ändern, die Artothek soll belebt werden. Zu diesem Zweck schlägt die Stadt eine Neukonzeption vor, ab 2024 sollen unter anderem die Gebühren aktualisiert werden.
Ist die Artothek zu teuer?
Denn im Vergleich mit Artotheken in anderen Städten ist die Ausleihgebühr für Kunstwerke in Radolfzell sehr hoch. 126 Euro zahlen Privatleute pro Jahr und Kunstwerk, 216 Euro Gewerbetreibende. Anderswo wird wesentlich weniger verlangt, wie Heike Endemann aufzeigte: In Filderstadt sind es so etwa 60 Euro für einen Leihausweis, mit dem maximal fünf Objekte ausgeliehen werden können, in Waldshut-Tiengen sind es 52 Euro pro Jahr und Kunstwerk, in Bietigheim-Bissingen sogar nur vier Euro.
Die Hoffnung ist nun, mit geringeren Ausleihgebühren mehr Menschen zur Nutzung der Artothek zu bewegen. Geplant ist die Senkung der Leihgebühr auf 60 Euro pro Jahr für Privatpersonen und 120 Euro pro Jahr für Firmen. Dafür soll ein Leihkonto erstellt werden, mit dem bis zu vier Kunstobjekte aus der Artothek für maximal ein Jahr ausgeliehen werden können.
Wieder häufigere Öffnungen geplant
Aber auch noch an anderer Stelle soll nachgebessert werden. So soll die Artothek ab 2024 wieder einmal pro Monat geöffnet sein. Das war sie bereits bis zum Jahr 2019, seit 2021 wird sie jedoch nur noch alle zwei Monate geöffnet.
Zudem soll einmal jährlich eine viertägige Ausstellung mit allen auszuleihenden Werken der Artothek stattfinden, bei der sich Besucher auch direkt zur Ausleihe entscheiden können. Heike Endemann schlug für die erste Auflage die Zeit vom 23. bis zum 28. Januar des kommenden Jahres vor. „Da ist die Villa Bosch gerade eh nicht belegt“, erklärte sie.
Nicht nur Werke von Radolfzellern
Und noch eine Änderung ist geplant: „Wir wollen das Spektrum der Künstler auch über Radolfzell hinaus ausweiten“, kündigte Heike Endemann an. So sollen langfristig zu je einem Drittel Werke von lokalen, regionalen und überregionalen Künstlerinnen und Künstlern in den Bestand aufgenommen werden. Auch wird zum Jahresbeginn 2024 der Leihbestand aktualisiert und Werke, die zwei Jahre lang nicht ausgeliehen wurden, werden entnommen.
Zudem müssen Künstlerinnen und Künstler, deren Werke in der Artothek präsentiert werden, künftig entweder Mitglied eines Berufsverbandes oder Mitglied der Künstlersozialkasse sein. Alternativ müsse müssen sie ein künstlerisches Studium abgeschlossen haben oder eine mindestens dreijährige Ausstellungstätigkeit nachweisen können.
Darüber hinaus soll für die Artothek künftig kräftiger geworben werden. Wie Heike Endemann berichtete, wurden in der jüngeren Vergangenheit dafür zum Beispiel schon Sozialen Medien und Radiowerbung genutzt. Das scheint auch schon Wirkung gezeigt zu haben: „Es kommen jetzt deutlich mehr Besucher als zu Jahresbeginn“, so Endemann.
Evaluierung im Herbst
Der Kulturausschuss stimmte geschlossen für die Neukonzeption der Artothek. „Ich denke, die Veränderungen sind dringend erforderlich“, befand Helmut Villinger (CDU) angesichts der Entwicklungen der vergangenen Jahre. Gisela Kögel-Hensen (FGL) sah als Grund für die geringe Nutzung der Artothek derweil vor allem eine zu geringe Bekanntheit. „Ich glaube, das liegt daran, dass das nicht genug verinnerlicht wird“, sagte sie. „Das muss in Radolfzell ankommen.“
Die Stadt möchte die Neukonzeption ab 2024 umsetzen, im Herbst soll dann eine Evaluierung der Nutzung der Artothek stattfinden. Bei nicht signifikanter Verbesserung im Vergleich zur aktuellen Lage soll der Ausschuss noch einmal über das weitere Vorgehen entscheiden.