Mit 55 Jahren Zugehörigkeit ist Wolfgang Riester der dienstälteste Musiker in den Reihen der Stadtkapelle. In diesem Jahr wird er zum 54. Mal das Hausherrenfest als Mitglied der Stadtkapelle erleben. Den Weg in den Kreis der erlauchten Musiker trat er als 14-jähriger Junge an.
Damals musste der Leiter der Stadtkapelle, Heinrich Braun, noch händeringend um neue Mitglieder werben. Das tat er, indem er in den Radolfzeller Schulen nach jungen Nachwuchsmusikern suchte, um die eher spärlich besetzte Kapelle mit Personal aufzustocken. Offenbar traf er bei Wolfgang Riester den richtigen Ton: „Ich war einer seiner ersten Schüler“, erinnert sich Riester im Gespräch mit dem SÜDKURIER.
Den alten Vertrag hat er noch immer
Sogar der alte Vertrag, den sein Vater zusammen mit Heinrich Braun unterzeichnete, ist noch im Besitz des 68-Jährigen. Die Akquise in den Schulen reichte dennoch nicht, um die Stadtkapelle auf das gewünschte Niveau zu bringen, erinnert sich Riester. „Bei der Stadt stellte man bewusst Berufsmusiker ein, die sich dann verpflichten mussten, in der Stadtkapelle zu spielen“, berichtet er.
Es dauerte einige Jahre, bis sich die ersten Erfolge einstellten. Unter der Regie von Heinrich Braun, der später auch die Radolfzeller Musikschule leitete, wuchs die Stadtkapelle zu einer bundesweit und international anerkannten Formation. „Wir haben erste Preise bei den Bundeswettbewerben gewonnen und waren auf dem Weltmusikfestival in Kerkrade“, erzählt Riester. Obwohl man als Stadtkapelle ein kleiner Verein war, konnte man bei dem Festival, dass nur alle vier Jahre stattfand, die Gold- und Silbermedaille erspielen.
Besondere und kuriose Erlebnisse
Das für ihn persönlich wichtigste Ereignis in der langen Musiker-Laufbahn ist die Teilnahme an den Musiktagen in Donaueschingen im Jahr 1981. Damals durfte die Stadtkapelle zusammen mit dem renommierten Vienna Art Orchestra auf der Bühne spielen: „Das war für mich das Größte – mit den Weltstars des Jazz zusammen Musik machen“ , sagt Wolfgang Riester noch heute.
Aber auch sonst hat er einige kuriose Dinge mit der Stadtkapelle erlebt. Unter anderem waren sie nach dem Mauerfall in Moskau, um auf der Mai-Parade auf dem Roten Platz zu spielen. Die Musiker aus Radolfzell waren quasi der Ersatz für ein Orchester aus der DDR, das es schon nicht mehr gab. Damals wohnten die Radolfzeller bei russischen Musikern in Privatwohnungen. Aus dieser Zeit stammt auch noch ein Posaunendämpfer, den Wolfgang Riester für umgerechnet gerade einmal 23 Pfennig in Moskau erworben hat.
Musik spielt eine große Rolle
In der Stadtkapelle wechselt der Dienstälteste mitunter auch das Instrument. Er beherrscht wahlweise das Tenorhorn, auf dem er auch gelernt hat, und die Posaune, die er wegen seiner Liebe zum Jazz noch etwas lieber spielt. Üben muss er mit seinen Instrumenten trotz seiner langjährigen Erfahrung immer noch: „Ohne Üben geht‘s nicht“ sagt Riester. Das fällt ihm jedoch nicht schwer. Denn Musik war in seinem Leben immer gegenwärtig.
Wolfgang Riester ist aber nicht nur seit über einem halben Jahrhundert in der Stadtkapelle – er gehört auch zu Gründungsmitgliedern der Froschenkapelle, in der er 40 Jahre aktiv war und ebenso lang spielt er schon im Hannoken-Sextett. Da verwundet es nicht, dass das mehrmalige Proben in der Woche für den Musiker zum Alltag gehört – auch als Rentner.
Sein Sohn tritt in seine Fußstapfen
Generell konnte Wolfgang Riester als technischer Außendienstmitarbeiter sein Hobby immer gut mit dem Beruf vereinbaren, da er seine Zeit selbst einteilen durfte. Daher gehört das Hausherrenfest bis heute zu den Mammutaufgaben in seinem Veranstaltungskalender. Vier bis fünf Tage sind die Musiker dabei mit aktiven Musizieren, Auf- und Abbau von Ständen und dem Verkauf von Speisen und Getränken beschäftigt.
Die Liebe zur Musik hat Wolfgang Riester übrigens längst weiter vererbt: Sein Sohn ist ebenfalls in der Stadtkapelle und der Froschenkapelle aktiv.