Mit der Weihe am Morgen des 20. Novembers im Freiburger Münster wurde es offiziell: In der katholischen Kirchengemeinde Radolfzell gibt es mit Jürgen Melzer einen neuen Diakon. Mehrere Jahre lang bereitete er sich auf das Amt vor, nun wird er offiziell das Seelsorge-Team erweitern.
„Kirche war schon immer ein Thema“
„Kirche war immer in meinem Leben schon ein Thema“, erzählt der 57-Jährige. Er komme aus einer katholischen Kirche aus Radolfzell und sei immer schon zu Gottesdiensten gegangen. Als Student sei er für ein Jahr sogar den Jesuiten beigetreten, habe jedoch entdeckt, dass das für ihn nicht der richtige Weg gewesen sei.
Weiter in Richtung Kirche orientiert habe er sich in den USA. Sieben Jahre lang habe er in Dallas in Texas gelebt – in einem Staat, der zum sogenannten Bible Belt gehöre, einer Gegend, die stark von Religion geprägt ist. Dort sei es üblich, am Sonntag in die Kirche zu gehen, so Melzer. Er habe in der Zeit begonnen, in der Schola, also einem Chor für kirchlichen Gesang, zu singen.
Sänger, Lektor, Kommunionhelfer
Als er mit seiner Familie – Melzer ist verheiratet und hat zwei mittlerweile erwachsene Kinder – um Weihnachten 2014 nach Radolfzell zurückkehrte, habe er den damaligen Stadtpfarrer Michael Hauser kontaktiert und angeboten, sich in die Gemeinde einbringen zu können. Zunächst begann er daraufhin, gemeinsam mit seiner Frau im Münsterchor zu singen.
In den folgenden Jahren nahmen seine Aufgaben zu: Er begann in Radolfzell in der Schola zu singen. „Und es ist so, dass Leute, die in der Schola sind, auch Lesungen machen“, so Melzer. Offiziell zum Lektor geworden sei er aber erst auf seinem Weg zum Diakon. Auch der Kommunionhelferdienst kam dazu.
2016 kam der Impuls
Wie aber kam der Entschluss, Diakon zu werden? Unerwartet, sagt Jürgen Melzer – Anfang 2016 habe er in Radolfzell an einer Messe teilgenommen. „Und da habe ich einen Impuls bekommen“, erinnert er sich. Außerdem habe er in den USA schwere Zeiten erlebt. „Und am Sonntag in die Kirche zu gehen hat mir immer gut getan.“ Seine Motivation sei es darum, der Gemeinde das selbe Gefühl zu vermitteln und etwas zurückzugeben. Aus diesem Grund habe er mit seiner Frau und Pfarrer Hauser gesprochen und schließlich begonnen, sich auf das Amt vorzubereiten.
Und dafür war so einiges nötig. „Ich habe mit Theologie als Wissenschaft bis dahin nicht so viel zu tun gehabt“, sagt er. Also begann er Ende 2016 einen theologischen Kurs. Und später auch einen Pastoralkurs. „Beides ist die Voraussetzung für die Ausbildung zum Diakon.“ Denn die begann erst danach, im Oktober 2019. Sie habe Kurse beinhaltet, die auf das Amt vorbereiten sowie ein halbjähriges Praktikum in der Kirchengemeinde in Radolfzell. Offiziell endete sie erst mit der Diakonweihe.
Schwerpunkt Willkommenskultur
Für Jürgen Melzer beginnt nun eine Berufseinführungsphase, wie er berichtet. Konkret bedeutet das: Er ist Diakon, wird aber zu Beginn in seinen Aufgaben aber noch ein wenig begleitet und könnte noch an Fortbildungskursen teilnehmen. Die typischen Aufgaben, die zu seinem Amt gehören, übernimmt er aber schon, etwa das Durchführen von Taufen, Trauungen und Beerdigungen, sowie Wortgottesdienste und die Seelsorge.
„Und dann hat man ein sogenanntes diakonisches Feld“, erzählt Jürgen Melzer – also einen Schwerpunkt, dem sich jeder Diakon hauptsächlich widmen sollte. Seiner werde die Willkommenskultur sein und Menschen zusammen zu bringen. Ein Thema, mit dem er sich schon in der Vergangenheit auseinandergesetzt habe: Damals habe er ein Projekt in der Kirchengemeinde durchgeführt und getestet, wie es bei den Gemeindemitgliedern ankommt, wenn Gottesdienstbesucher schon am Eingang der Kirche begrüßt werden. Das sei in den USA üblich. „Und es ist damals erstaunlich gut gelaufen“, erinnert sich Melzer. „Bei einer Umfrage haben zwei Drittel der Leute gesagt, es hat ihnen gutgetan.“
Und während seiner Diakonausbildung habe er einen Sonntagskaffee in Radolfzell organisiert, da die Gemeindemitglieder nach der Pandemie eine Sehnsucht gehabt hätten, wieder zusammen zu kommen. Und als interessierte Gemeindemitglieder auf ihn zukamen, habe er sich um einen Alpha-Kurs, in dem sich Teilnehmer mit Glaubensthemen und Lebensfragen beschäftigen, bemüht.
Zusammenarbeit mit der Gemeinde
Als Diakon wolle er nun weiterhin „das Ohr an der Gemeinde haben“ und darauf achten, was sie bewegt und was sie brauche, verspricht Jürgen Melzer. So könnten auch neue Formate entstehen. Allerdings hofft er dabei auch auf die Mitarbeit der Gläubigen – man könne gerne mit Ideen auf ihn zukommen. „Ich werde versuchen, das ein wenig zu animieren“, sagt der neue Diakon.
Er freue sich nun auf seine neue Arbeit und die Zusammenarbeit mit dem Seelsorgeteam – nicht nur in Radolfzell, denn im Rahmen des Kirchenentwicklungsplas „Pastorale 2030“ rücken sechs Seelsorgeeinheiten und 38 Pfarreien in der Region zur Groß-Kirchengemeinde Höri-Radolfzell-Stockach zusammen.