Es ist eine geschäftige Zeit, die hinter dem katholischen Pfarrer Heinz Vogel liegen: Vier Tage Hausherrenfest voller Prozessionen, Messen und Andacht. Mittlerweile sind die Spuren der Großveranstaltung wieder weitestgehend aus Radolfzell verschwunden und Heinz Vogel zieht eine positive Bilanz. Er lobt die Zusammenarbeit aller Beteiligten, von der Stadtverwaltung über das Stadtmarketing bis hin zu den Vereinen und den Technischen Betrieben Radolfzell. Zudem sei das Hausherrenfest gut angenommen worden. Die Teilhabe der Bevölkerung auch am kirchlichen Teil sei groß gewesen – endlich wieder, nachdem in den vergangenen Pandemie-Jahren aufgrund der Einschränkungen kaum Publikum zusammengekommen war.
Gute Sicht auf dem Marktplatz
Dabei ist die Kirche in gleich mehrerer Hinsicht neue Wege gegangen: So fand das Hochamt am Sonntag aufgrund der Baustelle nicht im Münster, sondern im Freien auf einer Bühne auf dem Marktplatz statt. „Aber es war nicht einfach eine Notlösung“, betont Heinz Vogel. „Es hat der Würde der Feier oder der Festlichkeit keinen Abbruch getan.“ Das neue Konzept habe „hervorragend geklappt“. Von Gottesdienstbesuchern sei die gute Sicht auf das Geschehen am Altar gelobt worden. „Im Münster gibt es ja immer wieder Barrieren durch die Säulen“, erklärt der Pfarrer. Diese fehlten auf dem Marktplatz.
Auch die Musik des Schlagzeugensembles von Yu Fujiwara mit jazzigen Marimbophonklängen sei klasse gewesen. Sie und Festprediger Monsignore Professor Obiora Francis Ike aus Nigeria sorgten ebenfalls für neue Einflüsse. „Diese Weltoffenheit ist der Kern des Hausherrenfests“, sagt Heinz Vogel. „Man feiert, dass es Beziehungen gibt, die weit über die Ortsgrenzen hinweg gehen.“

Chance, voneinander zu lernen
Denn die Heiligen Hausherren selbst seien keine Radolfzeller – Senesius und Zeno haben afrikanische Wurzeln und Theopont kam der Legende nach aus Kleinasien. Passend zur Weltoffenheit hatte Heinz Vogel bei der Prozession am Sonntag auch zwei Männer aus Nigeria und Ruanda gebeten, die Gebeine des heiligen Zeno zu tragen. Zudem kamen am Freitagabend Menschen verschiedener Herkunft, darunter eine Ukrainerin, zu Wort und erzählten im Münster, was ihnen heilig ist.
„Das Hausherrenfest ist eine Chance, Menschen in das mitzunehmen, was zum Leben unserer Stadt gehört“, ist Heinz Vogel überzeugt. „Und auch zu erfahren, was ist anderen heilig.“ Von einander zu lernen sei ein Schritt zur gegenseitigen Achtung. Diese Nächstenliebe sei schließlich auch Thema der Predigt von Obiora Francis Ike gewesen.
Gemeinsamkeit macht das Hausherrenfest aus
„Wir sind nicht darauf ausgelegt, auf Distanz zu leben. Wir sind Beziehungswesen“, sagt der katholische Pfarrer. „Es braucht das gemeinsame Erleben.“ Es sei auch wichtig gewesen, dass neben der kirchlichen Seite des Hausherrenfests nun auch endlich wieder der weltliche Aspekt gefeiert werden konnte. „Das gehört alles zusammen“, betont Heinz Vogel. Gerade die Gesamtheit, „das Laute und das Leise“, mache das Hausherrenfest aus.
Zudem sei in einer Zeit, in der etwa vor dem Hintergrund der Missbrauchskanale oftmals negative Schlagzeilen zu lesen sind, auch eine andere Seite der Kirche spürbar geworden. Das bedeute nicht, dass es die Skandale nicht gegeben habe. Aber es mache es leichter, mit solchen Abgründen umzugehen.

Hochamt künftig wieder im Freien?
Wie das Hausherrenfest im kommenden Jahr daher kommen wird, weiß zum aktuellen Zeitpunkt noch niemand. „Man muss sehen, was möglich ist“, sagt Heinz Vogel. „Wenn man nicht wie gewohnt feiern kann, hat man ja auch eine Chance, etwas Neues auszuprobieren.“ Ob wie in diesem Jahr das Hochamt am Sonntag wieder im Freien stattfinden wird, sei nicht vollständig ausgeschlossen. „Man muss das noch mit allen reflektieren“, erklärt der Pfarrer. „Es gab schon die Rückmeldung, dass man so etwas wiederholen könnte. Aber das muss man erst sehen.“ Vogel gibt etwa zu bedenken, dass das Wetter zwar in diesem Jahr gut mitgespielt habe – es in Zukunft aber auch anders aussehen könne.