Über ein Jahr ist es her, seit der neue Radolfzeller Inklusionsrat im März 2023 seine Arbeit aufgenommen hat. Davor hieß er noch Behindertenrat. Mit der Namensänderung sollte der Einsatz für mehr Teilhabe und Einbeziehung der Menschen verstärkt werden – aber ist das gelungen?
Tatsächlich sei der Inklusionsrat im Vergleich zum Behindertenrat ausgebaut worden, berichten die Vorsitzende Gaby Fezer und ihre Stellvertreterin Britta Schade auf Anfrage. Der Rat bestehe nun aus Menschen mit Behinderung, pflegenden Angehörigen, Vertretern von Beratungsstellen und Menschen, die hauptsächlich ehrenamtlich in diesem Bereich tätig seien. Zudem sind in ihm nun Vertreter der Gemeinderatsfraktionen zu finden. „Das war wichtig, um in der Gestaltung wirksamer zu sein“, betont Gaby Fezer. Der Inklusionsrat verfüge nun außerdem über ein großes Netzwerk in der Stadt. Das sei wichtig, schließlich hätten etwa 15 Prozent der Menschen in der Stadt eine Behinderung.
Arbeitsgruppen gegründet
Laut Fezer und Schade sei es ein großes Ziel des Inklusionsrats gewesen, Ziele für die Stadt zu definieren, in denen auch die Ziele der Landes- und Bundesaktionspläne zum Thema Integration enthalten seien. An diese sei auch ein von der Stadt finanzierter Workshop angelehnt worden, bei dem sich im September 2023 vier Arbeitsteams zu den Handlungsfeldern „Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und Mobilität in der Stadt“, „Wohnen“, „Arbeit und Bildung“ und „Gesundheit und Freizeit“ gebildet haben.
Die jeweiligen Teams sollen sich nun mit verschiedenen Maßnahmen in Radolfzell beschäftigen und Handlungsempfehlungen für Gemeinderat und Stadtverwaltung formulieren. Erste Treffen der Arbeitsgruppen haben laut Gaby Fezer schon stattgefunden. Einige Vorschläge und Wünsche seien an die Stadt weitergegeben worden, erste Punkte werden demnach schon angegangen.
Viele Maßnahmen sind erwünscht
Zu den Maßnahmen gehören unter anderem trittsichere und rollstuhlgeeignete Wege mit Leitsystemen für Menschen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen statt des aktuellen unwegsamen Kopfsteinpflasters in der Radolfzeller Innenstadt. „Die ganze Fußgängerzone ist eine Katastrophe“, urteilt Fezer. Auch gebe es auch den Wunsch nach barrierefrei erreichbarer Gastronomie und Einzelhandels-Geschäfte. Weitere Punkte seien etwa Informationsveranstaltungen für Betriebe zu betrieblicher Inklusion und die Schaffung von inklusivem Wohnraum sowie die Qualifizierung der Stadtverwaltungs-Mitarbeiter zum Thema Inklusion.
Zum Teil hat sich laut Gaby Fezer und Britta Schade schon etwas in Radolfzell bewegt, unter anderem durch die Umgestaltung der Spielplätze in der Stadt, die so inklusiver werden würden. „Das ist sehr erfreulich“, sagt Fezer. Auch werde gemeinsam mit Schülern der Ratoldusschule an einem neuen Logo für den Inklusionsrat gearbeitet und es gebe nun eine ehrenamtliche Wohnberatung.
An anderer Stelle bemängeln die Vorsitzenden des Inklusionsrats aber fehlende Fortschritte. Im Seebad, Strandbad und am Güttinger See habe es zum Beispiel Begehungen gegeben, um dort die Barrierefreiheit zu verbessern, erklärt Gaby Fezer. Und tatsächlich gibt es im Strandbad mittlerweile unter anderem eine barrierefreie Toilette und einen verlängerten Handlauf beim Seezugang. Allerdings gebe es noch immer Bedarf, die Zugänge zum See bei allen drei Bädern zu verbessern, so Gaby Fezer.
Erst einmal wird gewählt
Die verschiedenen Wünsche und Maßnahmen will der Inklusionsrat weiter vorantreiben, erstmal stehen allerdings Wahlen an. „Die Dauer der Amtszeit des Inklusionsrats ist gekoppelt an den Gemeinderat“, erklärt Fezer. Aus diesem Grund soll voraussichtlich im September auch ein neuer Inklusionsrat gewählt werden.
Gaby Fezer und Britta Schade hoffen, dass sich möglichst viele Betroffene und Angehörige zur Wahl aufstellen, dafür könne schon jetzt Kontakt zum Inklusionsrat aufgenommen werden.