Es ist ein Problem, das wohl nicht wenige Kinder und Jugendliche, und zum Teil auch Erwachsene kennen: Mobbing, also wiederholte Schikane etwa durch Mitschüler oder Kollegen. Auch die Schulsozialarbeiter in Radolfzell haben damit immer wieder zu tun, wie jüngst im Präventionsrat deutlich wurde. „Mobbing ist an jeder Schule. Das kann man gar nicht ausschließen“, betonte Eva-Maria Beller, Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend.
Und auch die Schulsozialarbeiterin Dagmar Beck, die gemeinsam mit ihren Kollegen Arno Bone und Anabel Gleichauf von den Erfahrungen aus dem Schulalltag berichtete, bestätigte dies. „Ich für meine Person kann auch sagen, dass es zugenommen hat in den vergangenen Jahren“, berichtete sie zudem.
Schikane um der Schikane willen
Mobbing könne sich dabei auf verschiedene Weise äußern, etwa durch verbale Angriffe, aber auch durch körperliche Gewalt. „Da sind die Grenzen auch fließend“, erklärte Dagmar Beck. Im Gegensatz zu normalen Streitereien oder normalen Konflikten, die auch Teil der persönlichen Entwicklung seien, drohe diese Entwicklung beim Mobbing, Schaden zu nehmen, so Arno Bone. Und es gehe beim Mobbing auch nicht um konkrete Inhalte oder Probleme, die gelöst werden können, sondern nur um die Schikane.
Die Gründe für Mobbing seien unterschiedlich. Wie Schulsozialarbeiterin Anabel Gleichauf berichtete, sei es für manche ein Entlastungsventil für Aggressionen, „eine Kompensation von Misserfolg“ und eine Möglichkeit, sich selbst aufzuwerten, indem andere abgewertet werden. Aber auch als Mittel gegen Langeweile werde Mobbing genutzt. Und zum Teil sei es auch nur die Lust am Quälen anderer sowie ein Gefallen am Missbrauch von Macht.
Bestimmte Entwicklungen als Warnsignal
Für Sozialarbeiter sei es wichtig, möglichst schnell anzugreifen, sobald sich Mobbing entwickle. Erkennen lasse sich dies etwa durch bestimmte Signale, zum Beispiel äußerliche und persönliche Veränderung bei Betroffenen, Fehlzeiten in der Schule, Isolation oder Leistungsabfällen. Aber auch verbale und körperliche Angriffe auf Schüler, Abwertungen, verachtende Gesten und Angriffe auf das Eigentum von Schüler seien Zeichen.
Da dies alles aber nicht unbedingt sichtbar in der Schule geschieht, sondern etwa auch in Klassenchats ablaufen kann, seien die Schulsozialarbeiter auch auf Informationen von Mitschülern, Lehrkräfte, Eltern oder Betroffener angewiesen.
Was lässt sich gegen Mobbing tun?
„Mobbing macht krank“, verdeutlichte Anabel Gleichauf die Bedeutung des Themas. Um Betroffenen zu helfen, gebe es verschiedene Möglichkeiten, auch wenn manchmal nur noch ein Wechsel auf eine andere Schule helfe. „Es gibt verschiedene Interventionsmöglichkeiten, die man anwenden kann“, erklärte Dagmar Beck – auch wenn nicht alle gleich gut funktionieren würden.
In Radolfzell arbeite man etwa mit dem „No Blame Approach“ – auf Deutsch etwa der „Ansatz ohne Beschuldigung“, der allerdings auch nicht immer zum Erfolg führe. Bei dieser Methode gehe es nicht um Schuldzuweisungen, also auch nicht darum, warum gemobbt wird. Stattdessen versuche man, Schülergruppen direkt anzusprechen und sie zu Unterstützern der Betroffenen zu machen. „Es geht um Wertschätzung und Wahrnehmung“, so Beck. Auch die mobbenden Schüler selbst würden mit einbezogen.
Eine weitere Möglichkeit ist laut Arno Bone ein zweitägiges Sozialtraining, das zur Mobbingintervention wird, wenn sich herausstellt, dass es in einer Klasse Mobbing gibt. Damit Verhaltensregeln, die dabei vereinbart werden, später auch weiter eingehalten werden, werde das auch später kontrolliert. Bessert sich das Verhalten mobbender Schüler nicht, werden auch die Eltern einbezogen.
Prävention ist wichtig
Aber: „Natürlich wollen wir lieber Prävention betreiben, damit es gar nicht so weit kommt“, erklärte Dagmar Beck. Dies geschehe durch verschiedene Angebote an den Schulen, etwa Klassenräte, Achtsamkeitsübungen und Projekte, etwa zum Thema Medienkompetenz, Teambuilding oder gewaltfreie Kommunikation.
Auch sollen in diesem Jahr noch zwei Präventionsveranstaltungen durchgeführt werden, wie Eva-Maria Beller schon einmal ankündigte. Am 7. September gebe es so einen Elternabend mit Thorsten Rees, Leiter des Kreismedienzentrums, zum Thema „Soziale Netzwerke und Gaming – in welchen digitalen Welten halten sich unsere Kinder auf?“ im Milchwerk, sowie eine Fachveranstaltung für Schulleiter, Lehrer, Sozialpädagogen und Erzieher zum Thema „Mobbing – ein Lernfeld für Konfliktkultur“. Das Datum werde noch festgelegt.