Der Radolfzeller Marktplatz war am Freitag dicht besetzt, die Stimmung erwartungsfroh. Schließlich sollte hier das beliebte Marktplatzkonzert der Stadtkapelle stattfinden. Aber die Bühne blieb leer. Was war passiert? Dann endlich die Erleichterung: Der Paukist betrat die Bühne und paukte rhythmisch drauflos.

Und es richteten sich die Blicke in die Höhe: Auf dem Kirchturm hatten sich einige Bläser eingefunden, die die festliche Auftakt-Fanfare spielten, die in die Stadt schallte. Dann wieder Pause. Bis Dirigent Kuno Rauch einigermaßen irritiert auf die Bühne eilte: „Wo sind meine Musiker?“, rief er in die Menge. „Immer noch der gleiche Schlamperlade!“, antwortete es heiter aus dem Publikum.

Die Musiker kommen erst nach und nach

Als Rauch im Publikum suchte und einen Musiker sichtete, rief er erleichtert: „Komm her, du musst die Szene retten!“ Trommler Beat Schmal betrat die Bühne und baute sich in der Mitte auf. Konzentriert schlug er auf seine Trommel. Das war doch der magische Endlosschleifen-Rhythmus von Maurice Ravels Bolero? Tatsächlich!

Beat Schmal – einsamer Trommler auf der Bühne
Beat Schmal – einsamer Trommler auf der Bühne | Bild: Veronika Pantel

Langsam, aber unaufhörlich gesellten sich schließlich weitere Musiker dazu. Und das melodische Thema erfuhr immer intensivere Mixturen und immer heftigere Lautstärke, unterlegt vom unerbittlich präzisen Trommelrhythmus. Bis endlich alle Instrumente beteiligt waren und im dissonanten Schlussakkord die suggestive Musik auflösten. Das Publikum jubelte.

Viele Überraschungen an einem Abend

Doch Ravel im Flashmob-Modus sollte nicht die einzige Überraschung beim Marktplatzkonzert bleiben. Die Stadtkapelle stellte auch eine Verzahnung mit dem Hausherrenfest in drei Wochen vor. Dafür waren schon mal die Bierzelt-Garnituren fächerförmig aufgestellt wie später am Konzertsegel, war die Turmbläser-Fanfare eingebaut, wurde eine Komposition – eigens für die Stadtkapelle geschrieben und mit einem Anklang an das Hausherrenlied – ins Programm genommen.

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Und das „Hausherren-Markt-Fest-Platz-Konzert“ endete in lauer Sommernacht mit dem herrlichen Walzer „An der schönen blauen Donau“ – neben der Bühne getanzt von Mitgliedern der Radolfzeller Trachtengruppe.

Der Bolero beginnt mit der Flöten-Klarinetten-Melodie
Der Bolero beginnt mit der Flöten-Klarinetten-Melodie | Bild: Veronika Pantel

Filmmusik und Auftragskomposition

Aber natürlich kam qualitätvolle sinfonische Blasmusik nicht zu kurz – Markenzeichen der Stadtkapelle, die kurz zuvor von einem Gastbesuch in der französischen Partnerstadt Istres zurückgekehrt war. „Die Stadtkapelle vertritt unsere Stadt nicht nur mit guter Musik, sie sorgt auch für freundschaftlichen Zusammenhalt mit unserer Partnergemeinde“, erklärte OB Simon Gröger in seinem Grußwort.

Zum Schluss ein wirbelnder Walzer in Radolfzeller Trachten
Zum Schluss ein wirbelnder Walzer in Radolfzeller Trachten | Bild: Veronika Pantel

Mit den „Highlights from Hook“, der Filmmusik von John Williams, die die Erlebnisse des erwachsen gewordenen Peter Pan vorstellt, startete die präzise aufspielende Kapelle mit vielen Solorollen der Instrumentengruppen und Solisten. „Lacus Acronius“ (Der Untersee) heißt die Komposition von Nikodemus Gollnau und Johannes Mittl, die sie zum 250-jährigem Bestehen der Stadtkapelle 2022 schrieben.

„Es ist post-traumatische, äh – post-romantische Musik“, kündigte der Moderator schmunzelnd die nicht einfach zu spielende Musik an. Und nun wurde sie zum zweiten Mal aufgeführt. Wabernde Nebelschwaden oder glitzerndes Mondlicht über dem See, feurige Bodenseereiter, stürmisch-rauschender See, heiteres Glockenspiel und die Andeutung des Hausherrenliedes ließen sich in der schönen Programmmusik ausmachen. Mit den „Songs from the Catskills“ von Johan de Meij lud die Stadtkapelle zu feurigem Riverdance in den von schottischer und irischer Folklore bestimmten Weisen ein.

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Nach Themen von Komponist Hans Zimmer entstand die Filmmusik zu „Am Ende der Welt“ aus der Filmreihe „Fluch der Karibik“, wo kraftvolle wie tiefgehend sanfte Melodien als spannende Kontraste aufeinandertreffen. So gut gefiel dem Publikum das Programm, dass es sich die opulent-sinfonische Festmusik von Richard Wagner als Zugabe erklatschen konnte.