Herr Professor Wolf, Sie tragen den Vornamen des Gründers der Firma Allweiler – Gotthard. Und Ihr Nachname ist derselbe wie der des ersten Allweiler-Direktors Karl Wolf, dem Schwiegersohn des Firmengründers Gotthard Allweiler. Diese Namenskonstellation bei Ihnen ist kein Zufall?

Sie haben recht, das ist kein Zufall, ich bin direkter Nachfahre von Gotthard Allweiler und Karl Wolf. Auch meine Herkunft aus Radolfzell kann und will ich nicht verleugnen, ich heiße mit weiterem Vornamen auch noch Zeno!

Lag es aus diesen familiären Zusammenhängen für Sie nahe, das Ingenieurstudium mit Fachrichtung Gießereitechnik zu ergreifen?

Das lag schon sehr nahe, auch mein Vater war Gießereiingenieur. Ansonsten kommt ein Abiturient aus Süddeutschland ja nicht gerade auf die Idee, Gießereitechnik zu studieren. Das muss einem schon die Familie und Verwandtschaft mitgeben.

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Sie leiten mittlerweile das Gießerei-Institut an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, haben Sie noch einen Bezug zur Firma Allweiler?

Ich habe noch einen Teil meiner praktischen Ausbildung als Student bei Allweiler gemacht, aber beruflich bin ich dann in Stuttgart und Düsseldorf hängen geblieben. Ich hatte aber all die Jahre immer Kontakt zu den Gießereileitern von Allweiler und mich hat die Entwicklung der Gießerei natürlich immer interessiert, zumindest aus der Ferne.

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Noch hat Allweiler für die Produktion eine Gießerei in Radolfzell, wie beurteilen Sie die Bedeutung der Gießerei für das Unternehmen?

Die Bedeutung der Gießerei für den Standort Radolfzell darf man nicht unterschätzen. Die Gießerei steht in der Wertschöpfungskette ganz am Anfang der Produktion der Allweiler AG. Wenn die Zulieferung der Gusskomponenten an die weitere Fertigung nicht funktioniert, steht in kürzester Zeit die ganze Fertigung. Die schnelle Reaktionsfähigkeit der Firma auf Kundenwünsche fängt in der Gießerei an. Die hohe Flexibilität, Reaktionsfähigkeit und die breite Werkstoffpalette ist eine in der ganzen Branche anerkannte Eigenschaft der Gießerei von Allweiler. Solch einen Vorteil gibt niemand unüberlegt auf.

Nahm die Gießerei immer eine zentrale Stelle im Unternehmen für die Herstellung der Pumpen ein?

Das war sogar der Grund, warum Allweiler um die Jahrhundertwende damals eine eigene Gießerei eröffnete, die Versorgungssicherheit mit Gussteilen war mit der damaligen Infrastruktur anders nicht sicherzustellen. Des Weiteren wollte man auch auf den erheblichen Wertschöpfungsanteil nicht verzichten. Der Anteil an gegossenen Komponenten in Pumpen war und ist immer noch sehr hoch, das will man im Griff behalten.

Dem Mutterkonzern Circor wird nachgesagt, er wolle die Produktion nach Indien und Asien verlagern. Ist das ein Trend in der Branche?

Nein, das ist auf keinen Fall Trend der Branche. Man versucht, da zu produzieren, wo die Märkte liegen. Die Produktion folgt bei technisch anspruchsvollen Gütern dem Markt. Allein schon der Containertransport aus China braucht vier bis sechs Wochen, da ist dann der Wettbewerber, der hier produziert, einfach schneller. Wir haben ja auch gerade in der letzten Zeit gesehen, wie empfindlich Lieferketten auf politische Entscheidungen oder auf Pandemien reagieren. Die deutsche Industrie ist zwar Exportweltmeister und profitiert von international offenen Märkten, aber wie schnell sich das ändern kann, ist uns ja nun vorgeführt worden.

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Nach welchen Kriterien entscheiden diese Konzerne, ob sie ehemals eigenständige Unternehmen an ihrem angestammten Ort weiter produzieren lassen oder ob sie das Werk dicht machen und woanders in der Welt produzieren?

Die Entscheidung fällt auf keinen Fall nur aufgrund kurzfristiger Kostenvorteile am Produkt. Viel stärker ist die zukünftige Markentwicklung der Treiber. Sieht eine Firma ihren zukünftigen Hauptmarkt in Asien, wird Sie auch die Produktion dahin verlegen. Das sieht man zum Beispiel in der Automobilindustrie. Die Kostensituation kann sich so schnell verändern, Rohstoffe und Energie sind in Asien nicht deutlich billiger und den dortigen niedrigen Lohnkosten steht in Deutschland immer noch eine erheblich höhere Effektivität entgegen. Ich habe viele Jahre für einen großen Automobilzulieferer mit Werken in Brasilien und Indien gearbeitet. Bis die Teile in Deutschland waren, waren sie auch nicht mehr billiger als die deutsche Produktion. Das haben wir dann ganz schnell auf Sonderfälle reduziert. Ich war in meiner Zeit als Präsident der Weltgießereivereinigung WFO viel in asiatischen Gießereien zu Besuch, das sind schon noch gewaltige Unterschiede in Bezug auf Effektivität aber auch Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitssicherheit in den Gießereien. Die lernen zwar schnell, aber der Rückstand muss noch aufgearbeitet werden. Warten wir mal ab, wie sich das neue Lieferkettengesetz in zwei Jahren auswirkt.

Welche Überlebenschancen geben Sie Allweiler am Standort Radolfzell?

Es tut mir leid, um da eine aussagekräftige Einschätzung abzugeben, fehlen mir die Details.

Wie Allweiler von Singen nach Radolfzell kam

  • Zur Person: Gotthard Wolf, Jahrgang 1958, ist in Radolfzell geboren und aufgewachsen. Er war bei den Ministranten im Münster und war Mitglied im Ruderclub Undine. Das Abitur hat er 1978 am Technischen Gymnasium in Singen gemacht. Gotthard Wolf hat an der Hochschule in Aachen Gießerei-Technik studiert. Nach verschiedenen beruflichen Stationen übernimmt Gotthard Wolf 2014 die Professur „Gießereitechnik“ und damit die Leitung des Gießerei-Institutes an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg.
  • Zum Unternehmen: Der Schlosser und Schmied Gotthard Allweiler übernahm 1860 in Singen von seinem Vater den Betrieb. 1874 begann Allweiler dort mit der Serienfertigung von Handpumpen. 1876 verlegte der damals 42-jährige Gotthard Allweiler seinen Betrieb nach Radolfzell. In Singen wollte man dem Unternehmen nicht die Fläche für eine Erweiterung zur Verfügung stellen. 1884 ist in Radolfzell die eigene Gießerei in Betrieb gegangen. Das amerikanische Unternehmen Colfax übernahm 1998 den deutschen Pumpenhersteller Allweiler AG. 2017 verkauft Colfax Allweiler zum Preis von 855 Millionen US-Dollar an das US-Unternehmen Circor.
  • Aktuelle Entwicklung: Immer wieder tauchen Gerüchte auf, Circor möchte Allweiler verkaufen. Für Unruhe sorgen Pläne, Teile der Produktion und Verwaltung sollen nach China und Indien verlagert werden. In einer Stellungnahme der Geschäftsführung hieß es, man wolle in Kernbereiche investieren. Zudem werde der Dialog mit der Arbeitnehmervertretung fortgesetzt. Wie viele Stellen gestrichen werden müssten, könne erst nach Abschluss der Planungsphase entschieden werden.