Auf Familien mit Kindern kommen in diesem Jahr höhere Kosten zu. Und zwar nicht nur für die Betreuung im Kindergarten oder in der Krippe, sondern auch in der Kinderzeitbetreuung für Schulkinder und dem Unterricht in der Musikschule. Die Radolfzeller Stadtverwaltung muss zusammen mit dem Gemeinderat den Haushalt für das Jahr 2021 noch verabschieden.
Die Sitzung dafür findet am 19. Januar im Milchwerk statt. Damit der Haushalt auch von der übergeordneten Behörde, dem Regierungspräsidium Freiburg, abgesegnet wird, heißt es für die Stadt Kosten senken und Einnahmen erhöhen. Letztere sollen auch durch die Gebühren der Eltern für Kinderbetreuung generiert werden.
Stadt braucht deutlich mehr Einnahmen
Bei den Gebühren für Kindergarten und Krippe geht es konkret um eine Erhöhung des Kostendeckungsgrades von bisher rund zehn Prozent auf 13 Prozent bis 2023. Die Erhöhung erfolgt schrittweise um je ein Prozent pro Kindergartenjahr.
Die Landesregierung empfiehlt aktuell noch einen Kostendeckungsgrad von 20 Prozent, heißt es in der Sitzungsvorlage. Doch dieser solle eventuell auf 13 Prozent gesenkt werden, diesen Satz strebe nun auch die Stadt Radolfzell an.
Die Mehreinnahmen belaufen sich im Jahr 2021 auf 88.000 Euro, im Jahr 2022 dann auf 176.000 Euro und im Kindergartenjahr 2023 dann auf ein weiteres Plus von 264.5000 Euro. Geld, dass die Stadt dringend braucht, denn auch die Kosten für die Kinderbetreuung sind laut der Verwaltung in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Seit 2013 seien die Kosten für Kinderbetreuung, inklusive der Freien Träger, von drei Millionen auf zehn Millionen Euro angestiegen.
Jährlich eine Erhöhung von zehn Prozent
Für die Eltern bedeutet das allerdings pro Jahr zehn Prozent höhere Gebühren für die Kinderbetreuung. Für ein Kind unter drei Jahren, welches 30 Stunden in der Woche in einer Krippe betreut wird, steigen die Kosten von 259 Euro auf 284 Euro ab dem Kindergartenjahr 2021, dann auf 310 Euro im Jahr 2022 und schließlich auf 336 Euro ab Herbst 2022.
Für ein Kind über drei Jahren, welches ebenfalls 30 Stunden in der Woche in einem Kindergarten betreut wird, steigen die Kosten von aktuell 97 Euro auf 106 Euro ab Herbst 2021, dann auf 116 Euro ab 2022 und auf 163 Euro ab 2023.
Diese Erhöhung ist so vom Gemeinderat akzeptiert worden. Allerdings ist eine Gebührenkalkulation für die Zeller Karte Grundvoraussetzung für die allgemeine Gebührensteigerung. Diese soll noch im ersten Quartal dieses Jahres erfolgen und gemeinsam mit den Elternbeiräten abgestimmt werden.
Diese zeigten sich im Vorfeld der Sitzung alles andere als begeistert von den Plänen, die Kita-Gebühren um insgesamt 30 Prozent zu erhöhen. „Neben der Erhöhung der Kita-Gebühren wird auch über die Erhöhung der Beiträge für die Kinderzeit und die Musikschule diskutiert. Insgesamt bedeutet dies, dass die Familien für die Bildung ihrer Kinder an drei Stellen zugleich eine Mehrbelastung erfahren“, schreibt der Gesamtelternbeirat (GEB) Kita in einem offenen Brief an die Stadtverwaltung.
Für Familien steigen die monatlichen Belastungen deutlich
Und rechnet diese auch vor: Ein Ganztagesplatz für ein Kind unter drei Jahren würde nach dieser Erhöhung 2023 eine Mehrbelastung von 127 Euro pro Monat bedeuten. Bei einem Kind über drei wären dies 67 Euro. „Diese Gebühren können, unserer Meinung nach, dann nicht mehr als moderat bezeichnet werden und schon Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen geraten hier an die finanzielle Belastungsgrenze“, fasst der GEB Kita das zusammen.
Doch auch für Grundschulkinder, die vor und nach dem Unterricht in der Kinderzeit betreut werden, stehen höhere Betreuungsgebühren an. Hier soll der aktuelle Kostendeckungsgrad in einem Schritt von 11 auf 13 Prozent gesteigert werden. Vom Land gibt es dafür keine Vorgaben, deswegen habe man sich an dem Kostendeckungsgrad der Kindergärten und Kitas orientiert.
Eine Familie, deren Kind am Vormittag sowie an drei Tagen am Nachmittag bis 16 Uhr in der Kinderzeit bleibt, muss statt 52 Euro künftig 62 Euro bezahlen. Wird das Kind an fünf Tagen bis 16 Uhr betreut, steigen die Kosten von 87 auf 104 Euro. Hier gibt es bereits verbindliche Regelungen für Inhaber der Zeller Karte: Diese müssen nur jeweils die Hälfte der veranschlagten Gebühren bezahlen.
Gesamtelternbeirat kritisiert die Pläne zur Erhöhung
Auch der Gesamtelternbeirat Schule kritisiert die höheren Gebühren für die Kinderzeit. Die Corona-Pandemie sei für Familien ohnehin schon belastend, da auch noch höhere Gebühren anzuordnen sei unredlich, schreibt der Gesamtelternbeirat in einem offenen Brief.
So wie auch der GEB Kita bemängelt der GEB Schule das Fehlen eines Gesamtkonzeptes für die Familienpolitik der Stadt Radolfzell. Die Eltern von Kindergarten- und Schulkindern zeigten sich allerdings in den Schreiben gesprächsbereit. Doch wurden alle Erhöhungen mit einer großen Mehrheit im Gemeinderat angenommen.
Auch die Gebühren für die Musikschule müssen laut Verwaltung erhöht werden. Hier soll der Kostendeckungsgrad von aktuell 41 Prozent auf 50 Prozent angehoben werden. Dies soll ebenfalls schrittweise passieren. Ab dem Musikschuljahr 2021 werden die Gebühren um fünf Prozent angehoben, 2022 dann um weitere zehn Prozent.
Auch die Musikschule wird teurer
Eine Einzelstunde mit einer Länge von 45 Minuten kostet also aktuell 85 Euro, ab Herbst 2021 dann 89,30 Euro und 2022 dann 98,20 Euro. Ein halbstündiger Gruppenunterricht mit zwei Schülern steigt von 33 Euro auf 34,70 Euro auf 38,20 Euro. Hier erhofft man sich Mehreinnahmen von 462.000 Euro im Jahr 2023 nach dem Ende der Anpassungen.
Für den Gemeinderat war die Reihe an Gebührenerhöhungen speziell für Familien mit Kindern keine leichte Aufgabe. „Bei Gebührenerhöhungen schreit keiner Hurra“, fasst es Siegfried Lehmann (FGL) zusammen. Er plädierte für eine maßvolle Erhöhung der Kita-Gebühren. Die weiteren Stufen in den Jahren 2022 und 2023 wolle er nur unter Vorbehalt stellen.
Jürgen Keck (FDP) befand die Erhöhung als moderat, ermahnte jedoch auch an den Haushalt zu denken. „Wir müssen das erfüllen, was das RP angemahnt hat: mehr einnehmen und weniger ausgeben“. Oberbürgermeister Martin Staab erklärte, dass Radolfzell bei den Gebühren für Kinderbetreuung im Vergleich zu anderen Städten durchaus nicht so schlecht dastehe. Martina Gleich (CDU) wünschte sich, man hätte zuerst mit den Eltern gesprochen.