Klassische Stadtführungen gibt es schon, also hat sich die Aktionsgemeinschaft Radolfzell etwas anderes überlegt: Es geht um Shopping und Genuss, wenn Regina Brüsewitz durch die Radolfzeller Innenstadt führt. Sie ist Vorstandsmitglied der Aktionsgemeinschaft und Leiterin der ersten Führung, bei der sich fast alles um den Einzelhandel dreht – Einblicke hinter die Kulissen inklusive. „Wir wollten unseren Einzelhändlern auch die Chance geben, sich zu präsentieren“, sagt sie. Dabei konnten die 14 Teilnehmer auch die Menschen hinter den Geschäften kennenlernen. Und ein paar Informationen zur Stadtgeschichte gab es dann doch.

Denn zwischen den verschiedenen Stationen versorgte die Stadtführerin des Abends, Regina Brüsewitz, die Anwesenden mit allerhand Informationen. Woher haben die Teggingerstraße und die Seestraße ihren Namen? Was bedeuten die schwarzen Markierungen auf dem Boden in der Seetorstraße? Was ist das höchste Haus in der Radolfzeller Innenstadt? Dies und mehr erfuhren die Teilnehmer der neuen Führung, für die bereits weitere Termine angekündigt sind.

Urgestein des Radolfzeller Einzelhandels
Die Tour startete um 18 Uhr am äußeren Rand der Innenstadt, in der Nähe des Seemaxx Outlet-Center. Von dort aus ging es für die Gruppe weiter in Richtung Innenstadt-Zentrum zum ersten Halt der Führung – einem Urgestein des Radolfzeller Einzelhandels, dem Spiele- und Freizeitgeschäft Swars in der Schützenstraße.

Doch der Laden sei nicht immer ein Spielwarengeschäft gewesen, erzählte Heike Heinzelmann, die das Geschäft gemeinsam mit Sonja Uhl führt. Das Geschäft sei 1903 von Johann Swars als Kaufhaus gegründet worden. Erst im Jahr 1979 habe sein Enkel, Klaus Uhl, ein reines Spielwarengeschäft daraus gemacht. Denn für ein Kaufhaus habe der Platz nicht mehr ausgereicht, so Heinzelmann.

Aus Scheune wurde ein Beleuchtungsgeschäft
Nachdem alle Fragen der Teilnehmer zur Geschichte des Unternehmens und dem Tagesgeschäfte beantwortet waren, ging es für die Gruppe weiter zum nächsten Stopp in der Löwengasse 26. Im Jahr 1857 als Scheune erbaut, beherbergt das Gebäude das 1983 von Karl und Monika Biller gegründete Beleuchtungsgeschäft Elektro Biller.

Nach einer kurzen Einführung durch Sandra Biller-Stocker in die Geschäftstätigkeiten, die Unternehmens- sowie Gebäudegeschichte und einer anschließenden Tour durch den Laden musste die Gruppe schon weiter zum nächsten Halt der Stadtführung: dem Marmelad‚Or.
Dort wurden sie von der Betreiberin des Cafés, Michaela Huse, empfangen. Sie gab den Teilnehmern der Führungen Einblicke in die Ursprünge ihres Ladens als Marmeladenmanufaktur, der Weiterentwicklung zum Café, den Herausforderungen während der Corona-Pandemie und dem seit der Eröffnung des Marmelad‘Or 2018 immer weiter gewachsenen Sortiment. Bevor es zum nächsten und letzten Geschäft an diesem Abend ging, der Buchhandlung am Obertor, gab es für die Teilnehmer – passend zum Ursprung des Cafés – noch ein kleines Präsent: eine Marmelade.
Bestsellerlisten helfen nur bedingt bei Büchern
Im nächsten Geschäft gab es zwar kein Präsent, dafür Einblicke in die Unternehmensphilosophie von Sabine Schlag, die die Buchhandlung seit zehn Jahren führt. „Als unabhängige Buchhandlung dürfen wir kaufen und verkaufen, was uns gefällt.“ Ausgewählt werde gemeinsam mit den Mitarbeitern. Unter den rund 5000 Büchern seien viele Romane sowie Kinder- und Jugendbücher.

Von der Spiegel-Bestsellerliste halte sie nicht so viel, erzählte Schlager auf Nachfrage eines Teilnehmers. Denn für die Liste entscheide die Verkäuflichkeit der Bücher und nicht die Qualität. Deshalb hätten sie stattdessen Regale mit ihren Lieblingsbüchern und denen ihrer Mitarbeiter sowie den geschäftseigenen Bestsellern.
Aktionsgemeinschaft zieht positives Fazit
Den krönenden Abschluss der Stadtführung bildete der Besuch des Weinhauses Baum in der Höllstraße. Hier warteten auf die Teilnehmer nach der knapp zwei Stunden langen Tour durch die Radolfzeller Innenstadt neben einem Glas Meersburger Weißwein auch individuell verzierte Vespertüten der Landmetzgerei Rieder zur Stärkung. Beim Weinhaus Baum konnten die Teilnehmer die gewonnenen Einblicke noch einmal Revue passieren und den Abend ausklingen lassen.

Das Fazit zur ersten Stadtführung unter dem Motto Shopping und Genuss ist positiv: „Es war super“, sagte die Leiterin der Tour, Regina Brüsewitz. Mit der Teilnehmerzahl sowie der Rückmeldung der Leute sei sie sehr zufrieden. Und eines sei bei der Führung auch klar geworden: „Es gibt immer Radolfzeller, die noch nicht alles kennen und gesehen haben.“
Das sah auch der Teilnehmer Jürgen Keck so, der auch als früherer FDP-Landtagsabgeordneter schon in vielen Betrieben war: „Da waren Sachen und Dinge dabei, die ich als 63-jähriger Radolfzeller noch nicht erlebt habe.“ Deshalb sei die Führung auch für Einheimische zu empfehlen.