Es wird ernst beim neuen Konzept für den Stadtbus in Radolfzell: Schon bald sollen die EU-weiten Ausschreibungen für den Betrieb starten, 2026 sollen die Stadtbusse dann nach dem neuen Konzept verkehren. Im Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik wurden deshalb kürzlich bereits die Eckpunkte für die Ausschreibung diskutiert. Im Gemeinderat ging es nun um die finale Zustimmung. Allerdings gab es zuvor noch Fragen zu klären – auch kritische.
Zu dem neuen Konzept gehört unter anderem ein Drei-Stufen-System beim Qualitätsmanagement, nach dem es entsprechend der Leistungen Sanktionen und Überprüfungen durch die Stadtwerke als Auftraggeber gibt. Auch soll die Vertragslaufzeit verlängert werden und es soll für Fahrer Mindestanforderungen etwa bei Sprach- und Ortskenntnissen geben. Je nach Buslinie gibt es außerdem unterschiedliche Vorgaben für die Art der Busse, die auf ihnen verkehren sollen: Auf den Linien 1, 2, 3 und 5 sind so verpflichtend Elektrobusse vorgeschrieben, auf der Linie 6 ein Kleinbus mit Batterieantrieb und auf der Linie 4 Standardlinienbusse, Hybridbusse oder – technologieoffen – saubere Fahrzeuge, also vergleichsweise umweltfreundliche.
Braucht es einen Reservebus für Linie 6?
Siegfried Lehmann (FGL) störte sich daran, dass neben den regulär verkehrenden Bussen auch zwei Reservebusse angeschafft werden sollen – einer, der hybrid funktioniert oder anderweitig als sauber gilt, und ein Kleinbus mit Batterieantrieb. Zweiterer war es, dessen Notwendigkeit Lehmann in Frage stellte: „Ist es tatsächlich erforderlich, für die Linie 6 einen Reservebus anzuschaffen?“, wollte er wissen. Er schlug vor, im Notfall anderweitig für Ersatz zu sorgen. „Jeder Euro, den wir sparen können, hilft uns“, befand er.
Denn der Stadtbus wird ohnehin viel Geld kosten: Nach Schätzungen im Januar des vergangenen Jahres ergeben sich für das neue Konzept Betriebskosten von 3,3 Millionen Euro jährlich. Das sind etwa 900.000 Euro mehr als aktuell. Hinzu kommen Ausgaben für die Ladetechnik der E-Busse.
Udo Rothmund, kaufmännischer Leiter bei den Stadtwerken Radolfzell, erklärte, für die Linie 6, die auf die Weinburg fahren wird, sei „zwingend ein Bus erforderlich“. Damit das auch gewährleistet ist, wenn der reguläre Bus zum Beispiel repariert werden muss, empfehle er eine Reserve. Da bereits in den nächsten Wochen mit der Ausschreibung begonnen werden soll, empfehle er auch nicht, das Konzept noch einmal zu ändern.
Dem widersprach jedoch Jürgen Keck (FDP): „Es gibt immer ein Zurück“, befand er. „Lieber ein blaues Auge als zwei blaue Augen.“
Wo werden die Busse geladen?
Nicht um die Notwendigkeit von Bussen, sondern um die nötige Infrastruktur für Elektrobusse ging es Norbert Lumbe (SPD). Er wies darauf hin, dass die Busse ja auch geladen werden müssen, und wollte wissen, wie das bewerkstelligt wird.
Wie Udo Rothmund berichtete, soll dafür eine Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. Für diesen Zweck wolle die neue städtische Gesellschaft, die Stadtwerke Mobilität GmbH, ein Grundstück in der Eisenbahnstraße pachten. Die Infrastruktur werde dann dem Gewinner der Ausschreibung zur Verfügung gestellt.
Warum wird die Vertragslaufzeit verlängert?
Jürgen Aichelmann (Freie Wähler) interessierte sich unterdessen für einen anderen Aspekt der Ausschreibung: die Vertragslaufzeit. Laut den Sitzungsunterlagen sind nach EU-Recht als Regelfall zehn Jahre vorgesehen. Das hatte der Gemeinderat bislang eigentlich auch beschossen. Die Verwaltung schlägt aber nun eine Verlängerung auf 13 Jahre vor. Den Grund dafür wollte Aichelmann wissen – „gerade, wenn man sich etwas unsicher ist wegen der Akkulaufzeit“, wie er sagte. Wie es in den Sitzungsunterlagen heißt, sind diese nur sechs bis acht Jahre haltbar und müssen dann ausgetauscht werden.
Laut Udo Rothmund hat die Empfehlung wirtschaftliche Hintergründe: „Wenn wir die Laufzeit verkürzen, wird es noch teurer“, erklärte er. Das war auch schon im Ausschuss thematisiert worden: Mathias Schmechtig von Nahverkehrsconsult hatte damals unter anderem Fördermittel vom Land genannt, mit denen die Anschaffung von Elektrobussen unterstützt werden können. Die würden allerdings erst ab 2027 zur Verfügung stehen, sodass sie bei einer Vertragslaufzeit von nur zehn Jahren im schlechtesten Fall nur acht Jahre zum Einsatz kommen.
Und weil die Batterien eben nach sechs bis acht Jahren ausgetauscht werden müssten, müssten bei zehn Jahren Vertragslaufzeit kurz vor Vertragsende noch neue Batterien gekauft werden – und das wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll. Udo Rothmund wies zudem darauf hin, dass der künftige Betreiber ja auch Personal akquirieren müsse – auch dafür seien 13 Jahre Laufzeit sinnvoll.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Ausschuss hatte Mitte Januar bereits einstimmig für die Eckpunkte der Ausschreibung gestimmt, ausstehend war nur noch die Zustimmung des Gemeinderats. Die erfolgte nun im Februar bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.
Die Ausschreibung soll laut Udo Rothmund noch im Lauf des Februars beginnen und dann etwa drei bis vier Monate dauern. Mit einer Entscheidung, wer den Stadtbusverkehr unter dem neuen Konzept ab 2026 betreiben soll, rechnet Udo Rothmund in diesem Sommer.