Zwei Jahre sind eine lange Zeit. Ende 2022 beschloss der Radolfzeller Gemeinderat, die Wiese neben dem Krankenhaus höchstbietend für mehr als 4 Millionen Euro zu verkaufen. 24 Monate später ist der Verkauf abgewickelt, Pläne wurden gemacht, die ersten Arbeiten haben begonnen. Und es trudeln Einsprüche gegen die geplante Bebauung ein. „Es sind einige Einsprüche gegen den Bebauungsplan eingegangen, die aktuell geprüft werden“, schreibt die städtische Pressesprecherin Annabell Hauck auf Nachfrage.
Genaueres zu den Einwänden kann und möchte sie nicht sagen. Ende dieser Woche stehe das Ergebnis der Prüfung der Einwände fest. Dann werde entschieden, ob das Thema Mirabellenwiese in der kommenden Gemeinderatssitzung am Dienstag, 11. März, wieder auf die Tagesordnung genommen werden soll.
Kein sozialer Wohnraum vorgesehen
Neben der Kritik zur Höhe und dem Ausmaß der Bebauung ist sowohl im Gemeinderat, bei öffentlichen Anhörungsterminen als auch in Mails an die Redaktion kritisiert worden, dass kein bezahlbarer Wohnraum für Radolfzeller Bürgerinnen und Bürger entstehen wird. Geplant sind drei Gebäude, eins vier- und die anderen zwei fünfstöckig. Insgesamt 35 Wohneinheiten sollen entstehen. Der Bebauungsplan war erneut in der Offenlage, der Gemeinderat muss noch final zustimmen, bevor der Investor mit den Arbeiten beginnen kann.
Kritik von neuen Stadträten
Der Verkauf wurde Ende 2022 mit nur einer Gegenstimme im Gemeinderat beschlossen. Der neue Gemeinderat, seit 2024 im Amt, kritisierte die geplante Bebauung mit hochwertigen Wohnungen wieder. Nicht nur sei der Klimaschutz unzureichend bei der Planung berücksichtigt, wie FGL-Stadträtin Mona Kramer während einer Ausschusssitzung im Dezember 2024 anmerkte. Sie vermisse auch die sonst üblichen baulandpolitischen Grundsätze, die in Radolfzell bei Bauvorhaben verpflichtend sind.
Diese schreiben Investoren eigentlich eine Quote von 30 Prozent Sozialwohnungen vor. „Ich sehe das hochkritisch. Was hat die Stadt von diesem Vorhaben?“, fragte sie ihre Ratskollegen. Und auch in Mails an die Redaktion wurden die Kosten des Wohnraums, der auf der Mirabellenwiese entstehen soll, kritisiert, die für Normalverdiener nicht zu bezahlen seien.
Teurer Wohnraum auf der Mettnau? Genau das war von Anfang an der Plan gewesen, als es darum ging, das Grundstück zu veräußern. Die Baukosten des jüngst neu eröffneten Pflegeheims auf der Mettnau zwangen Spitalfond, Stadtverwaltung und Gemeinderat zu dieser Entscheidung. Bei der Finanzierung des Pflegeheims verlangte das Regierungspräsidium Freiburg als Fachaufsichtsbehörde, zwei Drittel der Baukosten aus Eigenkapitalmitteln zu finanzieren.
Spitalfonds musste etliche Grundstücke veräußern
Damals lagen die Baukosten noch bei 19,3 Millionen Euro. 13 Millionen Euro musste der Spitalfonds also 2021 vorweisen, um überhaupt bauen zu können. Dafür wurde das Tafelsilber veräußert: Wald wurde an Singen verkauft, Baugrundstücke auf der Weinburg wurden veräußert, das Haus Seestraße 44 ist für 1 Million Euro verkauft worden, die Gebäude Poststraße 15 hat die Stadt selbst vom Spitalfonds erworben. Und die Wiese neben dem alten Krankenhaus sollte ebenfalls in diese Rechnung einzahlen.
Um es für einen Investor möglichst attraktiv zu machen, wurde mit Segen des Stiftungsrates auf die baulandpolitischen Grundsätze verzichtet. Einzige Auflage war das grundsätzliche Verbot von Zweitwohnungen. Dies sei erst dann zulässig, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt die Vermarktung entgegen der Erwartung derart ins Stocken geraten sollte, dass die Finanzierung des Gesamtprojekts zu scheitern droht, wie die städtische Pressestelle informiert.