Das neue Pflegeheim auf der Mettnau hat nicht nur den Radolfzeller Spitalfonds eine Menge Geld gekostet. Dort zu wohnen wird für die Bewohnerinnen und Bewohner nun auch deutlich teurer. Denn das Heimentgelt ist mit dem Umzug vor einigen Wochen deutlich gestiegen. Neben einer Erhöhung des Pflegesatzes um 276 Euro ist vor allem der Investitionskostensatz dramatisch angestiegen, um mehr als 360 Prozent. Bewohner oder deren Angehörige müssen 909,38 Euro mehr pro Monat bezahlen.

Wurde bis vergangenen Sommer noch ein Betrag von 247,62 Euro veranschlagt, liegen sie für das Bewohnen des neuen Pflegeheims jetzt bei 1157 Euro. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt liegen die Investitionskosten bei 485 Euro monatlich und in der exklusiven Einrichtung Tertianum Residenz Konstanz sind die Kosten nur wenig höher als in Radolfzell, sie kosten 1238,09 Euro monatlich.

Sind die hohen Kosten von bislang 28,7 Millionen Euro für den Neubau des Pflegeheims Grund für die Steigerung der Gebühren? Nein, heißt es aus dem Radolfzeller Rathaus. Mit dem Investitionskostensatz kann der Spitalfonds nur einen Teil der Kosten für den Neubau refinanzieren, wie Bürgermeisterin Monika Laule auf Nachfrage erklärt. Man dürfe nicht die gesamten entstandenen Kosten des Neubaus über die Heimgebühren refinanzieren.

Kommunalverband gibt vor, was abgerechnet werden darf

In den Investitionskosten sind laut Laule die Baukosten, das gestellte Inventar des Gebäudes – alle Zimmer werden möbliert angeboten -, Kosten für die Wartung des Gebäudes, die Bildung von Rücklagen oder die Finanzierung von Fremdkapitalverbindlichkeiten enthalten. Bei den Baukosten dürfe der Spitalfonds allerdings nur einen Durchschnittswert abrechnen. Dieser Kostenrichtwert wird vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) festgelegt, er richtet sich nach der mittleren Bauzeit der Gebäude.

Echte Baukosten sind weit höher

Das heißt, refinanziert werden darf nur ein Betrag, der sich aus den durchschnittlichen Baukosten aller Pflegeheime ergibt, die im selben Zeitraum in Baden-Württemberg gebaut wurden. Zwischen den realen Kosten für das Radolfzeller Pflegeheim und den Kosten, die laut KVJS über den Investitionskostensatz wieder auf die Bewohnerinnen und Bewohner umgelegt werden dürfen, gibt es laut Bürgermeisterin Laule eine hohe Differenz. Wie hoch, das könne sie Stand heute nicht sagen, da es noch keine finale Abrechnung des Heimes gebe.

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Zu dieser Limitierung gibt es allerdings eine Ausnahme: Der durch den KVJS gedeckelten Investitionskostensatz ist nur für die Heimbewohnerinnen und -bewohner bindend, die bei den Pflegekosten Hilfe von der Pflegekasse bekommen. Sogenannten Selbstzahlern, die ihre Pflegekosten aus eigenen Mitteln bestreiten, dürfte der Spitalfonds auch einen höheren Betrag zur Refinanzierung des neuen Heimes abverlangen. Und diesen Weg hält sich Bürgermeisterin Laule noch offen.

Man habe die Selbstzahler darüber informiert, vorläufig den durch den KVJS beeinflussten Investitionskostensatz in Höhe von 38 Euro pro Tag, also die rund 1157 Euro pro Monat, abzurechnen, so Laule. Doch dieser Satz könnte sich durch einen Beschluss des Stiftungsrates erhöhen.

Hohe Selbstzahlerquote in Radolfzell

Ein Beschluss, der sich für den Spitalfonds, der sich mit dem Bau des Heims finanziell völlig verausgabt hat, lohnen könnte. Die Selbstzahlerquote in Radolfzell ist laut Heimleiterin Tanja Petzold erfreulich hoch: Von 90 Personen sind 75 Selbstzahler. „Damit stehen wir sehr gut da“, so Petzold. Überhaupt seien die gestiegenen Kosten des Heimentgelts für viele Angehörige kein belastendes Thema. Es gebe noch immer viele Anfragen nach einem Platz.

Man informiere alle Interessenten über diese Gebühren und für die meisten sei das kein K.o.-Kriterium. „Wir haben mittlerweile sogar eine Warteliste“, berichtet die Heimleiterin. Auch sei laut ihr bisher keiner der bisherigen Bewohner wegen der gestiegenen Kosten wieder aus dem Pflegeheim ausgezogen.

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Die gestiegenen Kosten seien rechtzeitig kommuniziert worden, versichert Bürgermeisterin Monika Laule. „Das war keine Überraschung mehr.“ Auch sei Hilfe angeboten worden, falls jemand durch die Kostenerhöhung Probleme bekommen sollte. Diese Beratungsgespräche seien aber im niedrigen einstelligen Bereich geblieben, so Petzold.

Nach Einschätzung der Bürgermeisterin würden viele Heime im Landkreis in den kommenden Jahren ihre Heimentgelten ebenfalls erhöhen müssen, da wegen der Landesheimbauverordnung bestimmte Vorgaben umzusetzen seien. Diese hatten für viele Einrichtungen einen Neubau oder Umbau nötig gemacht. Neuere Häuser würden nicht nur einen moderneren Standard, sondern auch höhere Kosten bedeuten, so Laule.