1,7 Millionen Euro! Um so viel teurer wurde der Bau des neuen Pflegeheims auf der Mettnau in Radolfzell noch einmal unplanmäßig im Jahr 2024. Bereits in den Jahren zuvor musste der Spitalfonds die Baukosten immer wieder nach oben korrigieren. War bei der Ausschreibung 2017 noch von 13 Millionen die Rede, lag die Berechnung 2019 schon bei 19,23 Millionen Euro. In den Jahren danach stieg die Summe zunächst auf 22,3 Millionen Euro, im Sommer 2023 dann auf 24,83 Millionen. Zuletzt plante man schließlich mit 27 Millionen, nun sind es doch 28,7 geworden. Bei insgesamt 120 Pflegebetten bedeutet das Baukosten von fast 250.000 Euro pro Platz.
Das Unverständnis der Gemeinderäte darüber ist verständlich. Denn auch für den normalen Bürger, der beim Hausbau ganz genau kalkulieren muss, um nicht plötzlich in eine Insolvenz zu geraten, sind solche Kostensteigerungen nur noch schwer nachzuvollziehen. Ebenso fragwürdig ist die Intransparenz. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde nämlich nicht klar, wohin die weiteren 1,7 Millionen Euro genau flossen, da der zuständige Architekt nicht anwesend war.
Gemeinderäte wundern sich zurecht
Die Stadtverwaltung begründet die Kostenexplosion vor allem mit Pech: Schäden durch die Fehler einer Trockenbaufirma und ein Unwetter, allgemeine Preissteigerungen in der Baubranche und die Folgen des Ukrainekriegs. Man sei mit dem Pflegeheimbau halt in eine ungünstige Mischung aus Corona-Krise, Ukrainekrieg und Inflation geraten.
Die Argumente leuchten ein. Doch sie reichen nicht aus. Warum stiegen die Baukosten für das Pflegeheim zwischen 2019 und 2024 um fast 50 Prozent an, während es bei der Markolfhalle nur 9,8 Prozent waren, merkte CDU-Stadtrat Bernhard Diehl an. Und wofür genau hat man die weiteren 1,7 Millionen Euro überhaupt ausgegeben, wundert sich sein Fraktionskollege Christof Stadler nicht ohne Grund. Immerhin eine Summe, von der man vermutlich zwei komplette Einfamilienhäuser errichten könnte.
Es braucht ein Kostencontrolling
Antworten darauf konnte die Stadtverwaltung im Gemeinderat nicht liefern. Denn der für den Neubau zuständige Architekt war nicht anwesend. Im Kreistag würde man eine solche Summe unter diesen nicht Umständen nicht durchwinken, merkte Siegfried Lehmann, der für die FGL in beiden Gremien sitzt, an.
Der Ärger im Gemeinderat ist nachvollziehbar. Die Lehre muss lauten: Künftig braucht es bei städtischen Großprojekten ein externes und transparentes Kostencontrolling, wie von einigen Räten schon gefordert. Ansonsten verlieren auch die Radolfzellerinnen und Radolfzeller das Verständnis für derart hohe Baukosten.