In vielen Familien wurde über die Zeit des Nationalsozialismus wenig bis gar nicht gesprochen. In diesem Jahr jährt sich das Kriegsende zum 80. Mal. Und auch die Bereitschaft, das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte aufzuarbeiten, ist gestiegen. Wie groß das Interesse an persönlichen Eindrücken von Radolfzell unter dem NS-Regime ist, zeigten die zahlreichen Besucherinnen und Besucher der Vernissage der Sonderausstellung ‚Diktatur. Krieg. Und danach. Radolfzell 1933 bis 1945.‘ im Radolfzeller Stadtmuseum.

Eine Ausstellung der Bürgerschaft

Zu sehen gibt es in den Räumen am Seetorplatz nicht nur Belege der lokalen Geschichte einer Stadt unter dem Einfluss des Nationalsozialismus, sondern auch viele persönliche Ausstellungsstücke aus den Familienarchiven und Beständen Radolfzeller Familien. „Das ist auch eine Ausstellung der Bürgerschaft von Radolfzell“, fasst Museumsleiter Rüdiger Specht zusammen. Von den rund 200 Ausstellungsobjekten käme ein Großteil als Leihgabe oder Schenkung von Radolfzellerinnen und Radolfzellern selbst. Specht dankte an dieser Stelle besonders Guido Moriell und Clemens Schäfle, die ihre privaten Sammlungen für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt hatten.

Bei der offiziellen Eröffnung der Sonderausstellung waren viele Gäste der Einladung ins Zunfthaus, wo es die Begrüßung und Einführung ...
Bei der offiziellen Eröffnung der Sonderausstellung waren viele Gäste der Einladung ins Zunfthaus, wo es die Begrüßung und Einführung gab, gefolgt. | Bild: Schneider, Anna-Maria

Zur Ausstellung kündigte Rüdiger Specht ein umfassendes Rahmenprogramm an. Es seien Vorträge geplant ebenso wie ein Museumscafé für Zeitzeugen, die sich nach dem Besuch der Ausstellung bei Kaffee und Kuchen über Erinnerungen und Erlebnisse austauschen könnten. Geplant habe man zudem eine Radtour zu den Städten, die in der Ausstellung vorkommen, und einen Workshop, wie man mit rechtspopulistischen Aussagen umgehen kann.

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Demokratie ist fragil und muss geschützt werden

Ein besonderes Augenmerk habe man in der Ausstellung auf die Manipulationstechniken im Dritten Reich gelegt, erklärte Bürgermeisterin Monika Laule in ihren Grußworten. Ziel sei es, die Mechanismen der Beeinflussung sichtbar zu machen. Ein Thema, das auch heute noch eine wichtige Rolle spiele. Die Sonderausstellung solle auch aufzeigen, wie fragil die Demokratie und Freiheit sei, in der wir heute leben würden. Und wie wichtig es sei, immer wieder dagegen zu halten. „Geschichte ist nichts Vergangenes, sondern eine Mahnung für die Gegenwart“, so Laule.

Michael Zachcial sang eindrückliche Lieder aus dem Widerstand oder aus dem Liedgut der Gefangenen in Konzentrationslagern. Die Stücke ...
Michael Zachcial sang eindrückliche Lieder aus dem Widerstand oder aus dem Liedgut der Gefangenen in Konzentrationslagern. Die Stücke waren zum Teil bedrückend fröhlich und heiter. | Bild: Schneider, Anna-Maria

Unterstrichen wurde diese Mahnung durch die musikalische Begleitung zur Vernissage. Es spielte an der Gitarre Michael Zachcial, Mitglied der Gruppe „Die Grenzgänger“ aus Bremen. Er sang erschütternd fröhliche Lieder, die auch die Gefangenen der Konzentrationslager oder von Menschen im Widerstand gesungen hatten. Nach der offiziellen Eröffnung der Sonderausstellung im Zunfthaus zogen die geladenen Gäste ins Stadtmuseum, um die Ausstellung anzuschauen. Die Ausstellung ist bis zum 8. Februar 2026 zu sehen.