Es wirkt ein bisschen wie der Blick in die Kristallkugel. Doch eigentlich ist es nur Mathematik. Die Stadt Radolfzell hat wieder eine Bevölkerungsvorausrechnung in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wie sehr die Stadt bis 2030 wachsen oder schrumpfen wird. Ulrich Stein, freier Statistiker aus Stuttgart, hat dem Ausschuss für Bildung, Sicherheit und Soziales seine Berechnungen vorgestellt. Und klar ist: Radolfzell wird wachsen. Aber nicht überall gleichmäßig. Vor allem die Ortsteile, in denen neue Baugebiete ausgewiesen wurden oder noch geplant sind, werden neue Radolfzellerinnen und Radolfzeller bekommen.

Wie Ulrich Stein zusammenfasste, hole Radolfzell in den kommenden Jahren all das nach, was andere Städte bereits hinter sich haben. „Wachstum auf der Überholspur“, fasste er die Entwicklungen bis 2030 zusammen.

Errechnet wurden zwei Szenarien

Errechnet wurden zwei Szenarien. In dem einen Szenario wurde mit einer zügigen Neubautätigkeit gerechnet, also alle derzeit geplanten Projekte wurden genau so in die Berechnung einbezogen. In dem zweiten Szenario wurde unterstellt, dass sich der Zuwachs an Wohnraum und der damit verbundene Zuzug auf die folgenden Jahre nach Fertigstellung der Neubauten verteilt. Das zweite Szenario wird von der Stadtverwaltung als realistischer eingestuft.

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Laut dem ersten Szenario, in dem von einer zügigen Neubautätigkeit ausgegangen wird, würde die Bevölkerung Radolfzells von 31.656 Einwohner Stand 2020 auf 34.896 Einwohner bis 2030 anwachsen. Das würde ein Plus von 3240 Einwohnern bedeuten. Im zweiten Szenario mit der etwas verteilteren Neubautätigkeit würde die Bevölkerung um 3384 neue Einwohner auf 35.040 Radolfzeller ansteigen.

Ortsteile wachsen sehr unterschiedlich

Dabei ist das Wachstum in den einzelnen Ortsteilen voraussichtlich sehr unterschiedlich. So geht Ulrich Stein davon aus, dass Radolfzell rund elf Prozent Zuwachs bis 2030 erfahren wird. Ortsteile mit Neubaugebieten wachsen prozentual mehr. Markelfingens Bevölkerung soll um 22 Prozent und Böhringens um 14 Prozent ansteigen. Ortsteile, die sich mit neuem Wohnraum schwer tun, werden laut der Berechnung eher schrumpfen. Möggingens und Güttingens Bevölkerung soll sich bis 2030 um zwei Prozent verkleinern. Stahringen soll um vier Prozent und Liggeringen um sechs Prozent wachsen.

Entwicklung in der Altersstruktur

Doch nicht nur die reine Anzahl an Einwohnern wird sich bis 2030 verändern, sondern auch die Altersstruktur der Bevölkerung. Bei den älteren Jahrgängen käme es zu einer Verschiebung, weil die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen. Hier machte Statistiker Ulrich Stein auf einen hohen Anstieg der Anzahl der Menschen älter als 85 Jahre aufmerksam. Diese Altersgruppe soll um 38 Prozent ansteigen.

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Die Altersgruppe der 68- bis 84-Jährigen soll um 14 Prozent wachsen. Dies stelle eine große Herausforderung für die gesamte Gesellschaft dar, so Stein, weil man viel Infrastruktur wie medizinische Versorgung und ausreichend Plätze in Pflegeheimen benötige.

Radolfzell bekommt auch mehr Kinder und Jugendliche

Gleichzeitig steigt auch die Anzahl an Babys, Kindern und Jugendlichen, wenn auch nicht so stark wie die der sogenannten Boomer-Generation. Grund dafür ist, dass die vielen Neubaugebiete hauptsächlich junge Familien anziehen und weniger Senioren als erwartet. So soll es bis 2030 einen Baby-Anstieg um zwölf Prozent geben.

Die Anzahl der Kinder zwischen drei und fünf Jahren soll um acht Prozent ansteigen, die Anzahl von Kindern und Teenager zwischen sechs und 18 Jahren soll um 16 Prozent ansteigen. Radolfzell wird also nicht nur deutlich älter, sondern auch deutlich jünger. Was für die Stadt bedeutet, dass auch Kindergärten und Schulen benötigt werden.

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Einen leichten Rückgang soll es in der Altersgruppe der Menschen geben, die all diese Einrichtungen nicht mehr benötigen – nämlich die, deren Kinder bereits erwachsen sind, aber die noch voll im Berufsleben stehen. Die Anzahl an Radolfzellern zwischen 50 und 67 Jahren soll um zwei Prozent sinken. Die Bevölkerungsgruppe 25 bis 49-Jährigen, die Berufstätigen, soll um 14 Prozent steigen. Alles in allem entwickelt sich nur die Altersstruktur, das Durchschnittsalter der Radolfzeller selbst verändert sich nur geringfügig: Im Jahr 2023 liegt es bei 45,8 Jahren und soll bis 2030 auf 45,9 Jahren ansteigen.