Der 54. Hochzeitstag ist für das Ehepaar Ritzl aus Radolfzell hat das Leben der beiden Rentner nachhaltig verändert. An diesem Tag drang ein Unbekannter in ihr Haus ein und stahl wertvollen Schmuck. Gabriele und Hans-Jürgen Ritzl waren beide zur Tatzeit anwesend, konnten den Diebstahl aber nicht verhindert.

Seitdem lässt diese Hilflosigkeit Gabriele Ritzl nachts nicht mehr schlafen. Sie grübelt, was sie falsch gemacht hat, wie sie hätte reagieren müssen und warum Menschen so grausam sind. Dann schreibt sie dem SÜDKURIER einen Brief. „Wenn ich schon an der Situation nichts ändern kann, will ich wenigstens andere Menschen warnen“, sagt sie.

Spendenaufruf für arme Menschen in Ungarn

Tage vor dem Hochzeitstag der Ritzls fanden sie eine Wurfsendung in ihrem Briefkasten, mit dem um Spenden für arme ungarische Familien gebeten wurde. Gesucht werde Kleidung, Küchengeräte, Fahrräder, andere technische Geräte, was man eben entbehren könne.

Mit so einer Wurfsendung haben die Spendensammler die Aufmerksamkeit der Ritzls erregt. Eigentlich wollte das Paar nur etwas Gutes tun.
Mit so einer Wurfsendung haben die Spendensammler die Aufmerksamkeit der Ritzls erregt. Eigentlich wollte das Paar nur etwas Gutes tun. | Bild: Schneider, Anna-Maria

Auf dem Flyer wird auch genau erklärt, wann und wo die Sachen abgeholt werden. Die Gegenstände sollen einfach an den Straßenrand gestellt werden und dann würden diese am Vormittag des genannten Tages abgeholt werden. Die Ritzls wollten helfen, denn in der Garage, die sich gegenüber des Wohnhauses befindet, hätten sie noch einige gut erhaltene Küchengeräte gehabt. Auch ein altes Fahrrad wollten sie abgeben.

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Am Vormittag ihres 54. Hochzeitstages kam dann der Sprinter mit ungarischem Kennzeichen in die Straße gefahren. Das Paar führte die beiden Männer in die Garage, damit diese die Sachen in den Transporter laden konnten. „Wir wollten was Gutes tun und helfen“, sagt Gabriele Ritzl. Da der Schlüssel für das alte Fahrrad nicht auffindbar war, wollte ihr Mann schnell in den Keller und eine Zange holen, um das Schloss aufzubrechen. Er verließt die Garage.

Spendensammler verlässt die Garage, der andere hält die Seniorin hin

Die beiden Männer sollen dann ein paar kurze Worte auf Ungarisch gewechselt haben, so erinnert sich Gabriele Ritzl an die Situation. Dann verwickelte sie einer der Männer in ein Gespräch, der andere verließ ebenfalls die Garage. „Mir ist das in dem Moment nicht mal richtig aufgefallen, ich dachte er holt den Transporter“, erinnert sich die 73-Jährige. Nachdem alle Gegenstände, die das Paar spenden wollte, eingeladen waren, sollen die beiden Männer davongefahren sein.

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Später am Tag wollte das Ehepaar anlässlich des Hochzeitstages Essen gehen. Gabriele Ritzl wollte für diesen Abend Schmuck anlegen, sich etwas herausputzen. Doch ihre beiden Schmuckschatullen waren verschwunden. Für die Seniorin brach eine Welt zusammen. In der roten und dunkelbraunen Schachtel war nicht nur kostbarer Schmuck, es hingen zahlreiche Erinnerungen dran. Der Ring zur goldenen Hochzeit, das Armband zur Geburt der Tochter, der Anhänger mit Saphiren, den sie anlässlich ihrer überstandenen Tumorerkrankung bekommen hatte, Ketten und Broschen, die an besondere Urlaube erinnern, alles war verschwunden.

Die Tür wurde nur angelehnt

Während ihr Mann die Zange holte und die Haustür nur angelehnt ließ, sie in der Garage hingehalten wurde, musste der zweite Mann ins Haus eingedrungen sein, in die oberen Zimmer gegangen und dort gezielt nach Diebesgut gesucht haben. „Ich frage mich, wie man so sein kann. Wir wollten nur helfen und wurden dabei bestohlen“, drückt Gabriele Ritzl ihre Fassungslosigkeit aus.

Den Fall brauchte sie augenblicklich zur Anzeige, aber dort machte man ihr keine große Hoffnung, ihren Schmuck je wieder zu bekommen. „Man sagte mir, die Gegenstände hätten längst das Land verlassen“, sagt die 73-Jährige. Sie möchte nun andere Radolfzeller warnen, nicht sorglos Spenden zu übergeben und genau aufzupassen.

Kurze Zeit später, da ist sich Gabriele Ritzl sicher, hat sie die beiden Unbekannten in einem Radolfzeller Baumarkt gesehen. Doch der Schreck saß so tief, dass sie nicht habe reagieren können. Die Seniorin geht davon aus, dass die Diebe noch in der Region sind. Das Paar lebt seit 1972 in dem Haus in Radolfzell, doch auf einmal fühlt sich Gabriele Ritzl nicht mehr sicher.

Gelegenheit hat offensichtlich Diebe geschaffen

Doch wie es aussieht, hatte das Ehepaar Ritzl schlicht Pech. „Sehr tragisch und so, wie es aussieht, auch ein Einzelfall“, sagt Uwe Vincon, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz. Die Polizei in Radolfzell habe keine weiteren Ermittlungsansatzpunkte für einen Tatverdächtigen finden können. Der Fall sei der Staatsanwaltschaft Konstanz übersandt worden. „Bis jetzt gibt es in unserem Präsidium keine vergleichbaren Fälle“, so Vincon.

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Grundsätzlich rate die Polizei, gegenüber Fremden wachsam zu sein und sie auf keinen Fall ins Haus zu lassen, außer sie seien selbst bestellt worden und könnten sich ausweisen. Alleinstehenden älteren Personen werde geraten, Nachbarn oder Hausmitbewohner um Hilfe oder Unterstützung zu bitten, wenn solche Sammlungen stattfinden. Gerade Sammler von Spenden würden oft den Vertrauensvorschuss ausnutzen, um Gelegenheit für einen Diebstahl zu erschleichen oder das Haus auszukundschaften.