Den Ablauf des erschreckenden Telefonats hat Friederike Kowalski sich ganz genau notiert. Sie habe daheim auf ihre Tochter gewartet, mit der sie die Abholung ihres Enkelkinds aus der Kita besprechen wollte, erzählt sie. Doch die Tochter habe sich verspätet – ein Umstand, der laut Friederike Kowalski dazu beitrug, dass der Anruf der Betrüger zumindest eine Zeit lang so überzeugend echt klang: „Es hat so genau gepasst.“
Denn während sie gewartet habe, habe das Telefon geklingelt und sich ein vermeintlicher Polizist gemeldet. Ihre Tochter habe einen Unfall gehabt. Eine Aussage, die angesichts der Verspätung nicht unwahrscheinlich klang. „Da kam mir überhaupt kein Gedanke, dass das ein Anruf von Kriminellen sein könnte“, erinnert sich Friederike Kowalski.
Die falsche Polizei gab sich alle Mühe, authentisch zu wirken: So habe der Anrufer das Telefon zunächst an eine Frau weitergereicht, angeblich Kowalskis Tochter, die mit tränenerstickter Stimme jedoch nicht zu verstehen gewesen sei. Und als Friederike Kowalski erwähnte, sie müsse ihr Enkelkind aus der Betreuung abholen, habe man ihr erklärt, mit der Kita sei bereits alles geregelt. Im Anschluss habe man sie nach vielen Daten gefragt – Name, Adresse, Geburtsdatum, auch von ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter.
„Dann kam der richtige Horror“, schildert die Pensionärin. Die falschen Polizisten erfanden ein Schreckensszenario, das Friederike Kowalski zutiefst schockierte: Ihre Tochter habe eine Mutter von drei Kindern totgefahren und werde nun bei der Polizei von einem Psychologen betreut, weil sie das Geschehene nicht verkrafte. Gehen könne sie erst, wenn Friederike Kowalski eine Kaution von 60.000 Euro an die Gerichtskasse zahle.
Dafür solle sie sofort ihre Bank anrufen, das Telefonat werde aufgezeichnet. Der Bank solle sie jedoch auf keinen Fall sagen, wofür sie das Geld benötige. „Das fand ich dann alles sehr seltsam“, erinnert sich Friederike Kowalski. Als sie schließlich zu ihrer Tochter fahren wollte, sei das abgelehnt worden, angeblich aufgrund der Corona-Situation, und auch eine Telefonnummer wollten die Anrufer nicht herausrücken.
Mischform aus zwei Betrugsmaschen
Glücklicherweise nahm der Spuk danach ein schnelles Ende: Ihre Tochter sei schließlich eingetroffen – unbeschadet und völlig ahnungslos. Friederike Kowalski beendete das Telefonat. Wie Dieter Popp, Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, erklärt, handelt es sich bei dem von Friederike Kowalski geschilderten Anruf um eine Mischform aus zwei Betrugsmaschen – dem sogenannten Schockanruf und dem falschen Polizeibeamten.
Er geht davon aus, dass der Anrufer, hätte Friederike Kowalski nicht aufgelegt, die Pensionärin schlussendlich zu der Übergabe des Geldes an eine Kontaktperson aufgefordert hätte. So wäre das Geld schlussendlich in den Händen der Verbrecher gelandet. Das Polizeipräsidium warnte zuletzt vor vermehrten Betrugsversuchen am Telefon im Landkreis Konstanz.
Obwohl Friederike Kowalski schon vor dem Eintreffen ihrer Tochter misstrauisch geworden war und sich sicher ist, dass sie den Anrufern auf keinen Fall Geld gegeben hätte, ärgert es sie im Nachhinein, dass sie nicht schon früher einfach aufgelegt hat. Doch im ersten Moment sei der Schreck zu groß gewesen. Es sei unglaublich, mit welcher Unverfrorenheit und Rücksichtslosigkeit die Kriminellen vorgingen.
„Ich halte das für gefährlich für manche Menschen“, sagt sie – wer etwa an einer Herzerkrankung leide, für den könne der Schreck gesundheitlich schwere Folgen haben. Friederike Kowalski hat den Betrugsversuch darum angezeigt und will auch andere Menschen auf die Masche aufmerksam machen: „Man muss diesen Leuten das Handwerk legen.“