Das Radolfzeller Krankenhaus wird voraussichtlich spätestens Ende Juni in diesem Jahr schließen müssen. Wer dafür die Verantwortung trägt, treibt gerade einige in der Stadt um. Einer, der an der eigentlichen Entscheidung beteiligt war, ist Siegfried Lehmann.
Er ist nicht nur Stadtrat und Fraktionssprecher der Freien Grünen Liste, er sitzt auch für die Grünen im Kreistag und ist Mitglied des Aufsichtsrates des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN). Und dieser Aufsichtsrat hat ohne Gegenstimmen für die Schließung von Radolfzell gestimmt. In Leserbriefen wird Lehmann für sein Abstimmverhalten kritisiert, das er jetzt in einem offenen Brief erklären möchte.

„Der Grundstein für die Schließung des Radolfzeller Krankenhauses wurde bereits 2003 mit dem Fusionsvertrag mit dem Hegau-Klinikum in Singen gelegt, da darin keine verbindlichen Regelungen zur damals schon notwendigen Instandhaltung und Sanierung des Radolfzeller Krankenhauses vereinbart wurden“, schreibt Siegfried Lehmann.
Krokodilstränen bei anderen Stadträten
Dagegen sei damals das Angebot von Helios mit umfangreichen vertraglich zugesicherten Sanierungs- und Instandhaltungsinvestitionen gestanden, welches er unterstützt habe. „Seltsam muten für mich daher die Krokodilstränen der Gemeinderäte und Parteien an, die damals die Fusion mit Singen ermöglichten und heute von Vertrauensbruch sprechen“, so Lehmann.
Das Radolfzeller Krankenhaus habe man seither oft als lästiges Anhängsel des Hegau-Bodensee-Klinikums gesehen. Dies habe sich auch mit der Fusion zum GLKN im Jahr 2012 auch nicht geändert. Schon damals sei das Krankenhaus gutachterlich als „stark sanierungsbedürftig“ mit der „höchsten Sanierungskategorie“ bewertet worden und für den weiteren Krankenhausbetrieb habe man eine „notwendige Kernsanierung“ als notwendig erachtet, schreibt Lehmann weiter. Damalige Kostenschätzung: 59,1 Millionen Euro. Diese Instandhaltungsmaßnahmen und Investitionen seien bis heute nicht vorgenommen worden.
TÜV-Gutachten legt schwere Mängel offen
Die Schließung des Krankenhauses sei wegen des wiederkehrenden TÜV-Gutachtens nicht mehr zu verhindern gewesen. Er zitiert aus dem Gutachten, dass „gefährliche Mängel“ festgestellt wurden, „die zu einer großflächigen Beeinträchtigung der Versorgungs- und Betriebssicherheit führen“, darunter auch „Brandschutz und brandschutztechnische Probleme“.
„Als Radolfzeller Mitglied des GLKN-Aufsichtsrates (seit 2019) schmerzt das, da ich mich seit über 30 Jahren im Gemeinderat engagiert für eine gute medizinische Versorgung am Radolfzeller Krankenhaus und den Weiterbestand des Krankenhauses eingesetzt habe“, schreibt Lehmann weiter. Nach 20 Jahren unterlassener notwendiger Instandhaltungen und Sanierungen am Radolfzeller Krankenhaus habe er aufgrund des TÜV-Gutachtens akzeptieren müssen, dass das Krankenhaus heute leider nicht mehr sanierbar sei und damit jede Hoffnung auf einen Weiterbetrieb bis zum Neubau des Zentralklinikums gestorben sei.
Können das Gutachten nicht ignorieren
Siegfried Lehmann geht auch auf Leserbriefe ein, die in den vergangenen Tagen im SÜDKURIER erschienen sind. Der Aussage von Hans-Jörg Blender in dessen Leserbrief, dass der GLKN sich dem Radolfzeller Krankenhaus gegenüber jahrelang verantwortungslos verhalten hätte, könne er nur beipflichten. „Unverantwortlich wäre es aber nach der TÜV-Überprüfung gewesen, die Augen zu verschließen und das Gutachten zu ignorieren“, schreibt Siegfried Lehmann.
Notwendig sei, dass der GLKN als kommunaler Krankenhausträger alle Anstrengungen unternehme und seiner Verantwortung für eine wohnortnahe chirurgische Notfallversorgung für Radolfzell und die Höri-Gemeinden nachkomme. Nach der Schließung der chirurgischen Notfallversorgung am Radolfzeller Krankenhaus im vergangenen Jahr habe sich die chirurgische Notfallversorgung für Radolfzell und die Höri-Gemeinden erheblich verschlechtert, zu einer Überlastung der Notaufnahme am Krankenhaus in Singen und zum Teil zu unhaltbaren Zuständen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger geführt.