Ein Zirkus hat es immer schwerer, einen Standort für sein Zirkuszelt zu finden – gerade jene mit Wildtieren. Denn manche Städte vermieten keine städtischen Flächen an Zirkusbetriebe, die Wildtiere mitführen. In Radolfzell scheint es zumindest keinen öffentlichen Beschluss diesbezüglich zu geben. Dennoch stellt die Stadt dem Circus Alessio, der eigentlich vom 24. Juni bis zum 7. Juli in Radolfzell gastieren wollte, keine Fläche zur Verfügung. Was ist der Grund dafür?

Sie haben schlicht keine, so zumindest die Begründung der Stadt. „Die Stadt Radolfzell verfügt aktuell weder in der Kernstadt noch in den Ortschaften über Flächen, die für Veranstaltungen in der Art und Größenordnung eines Circus geeignet wären“, erklärt die Stadt auf Nachfrage des SÜDKURIER.

Betreiber sind enttäuscht

Eine große Enttäuschung, wie die Zirkus-Direktorin Tina Kaiser berichtet. Doch aufgeben wollte der Circus Alessio nicht – auch, weil sie immer wieder von Menschen aus Radolfzell und der Umgebung gefragt worden seien, wann der Zirkus endlich wieder nach Radolfzell komme, berichtet Kaiser.

Zuletzt gastierte der Zirkus im Jahr 2022 am Ortsrand Markelfingen in der Nähe des Clubheims des SV Markelfingen. Doch die erneute Nutzung der Fläche habe die Stadt untersagt. Unter anderem, weil Teile des Geländes als gesetzlich geschütztes Biotop erfasst seien. Dafür habe der Zirkus Verständnis und deswegen die Fläche nicht erneut angefragt.

Die Suche nach einer Ausweichfläche

Um doch noch ein geeignetes Gelände für das Gastspiel zu finden, machten sie sich auf eigener Faust auf die Suche nach einer alternativen Veranstaltungsfläche. Über Kontakte seien sie dann auf die Aurelislinse – ein derzeit freies und weitestgehend ungenutztes Areal zwischen der Friedrich-Werber-Straße und der Bahnlinie, hinter dem ZG Raiffeisen Markt – aufmerksam gemacht worden, schildert die Zirkus-Direktorin.

Nach einer Besichtigung der Fläche hätten die Zirkus-Betreiber die Fläche bei der Stadt für das geplante Gastspiel angefragt. Doch auch dieses Mal seien sie enttäuscht worden. Die Aurelislinse könne dem Zirkus ebenfalls nicht zur Verfügung gestellt werden.

Gegenüber dem SÜDKURIER erklärte die Stadt ihre Entscheidung in einem Schreiben wie folgt: „Die städtische Brachfläche Aurelislinse muss aufgrund der anstehenden Sanierung freigehalten und für Untersuchungsmaßnahmen kurzfristig zur Verfügung gestellt werden.“ Die Aurelislinse könne der Stadt zufolge aktuell nur für interne Zwecke sowie für Infrastrukturmaßnahmen genutzt werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Andere Flächen stünden aufgrund „einer Vielzahl an zu berücksichtigenden Belangen nicht zur Verfügung.“ Deshalb müsse die Stadt die Anfrage des Zirkus leider ablehnen – sowie alle vergleichbaren Anfragen für Veranstaltungen dieser Art oder Größenordnung.

Zirkus kann Begründung nicht nachvollziehen

Für die Begründung der Stadt hat die Zirkus-Direktorin Tina Kaiser wenig Verständnis. „Ich finde es nicht nachvollziehbar“, sagt sie. Der Circus bräuchte den Platz ja nur für kurze Zeit: „Wir wären ja nach einer Woche wieder weg gewesen“, erklärt Kaiser. Und die Stadt müsse ja wissen, wann die Sanierungsmaßnahmen stattfinden.

„Anscheinend will die Stadt keinen Zirkus mehr in Radolfzell haben, sonst wäre es anders abgelaufen“, schließt Tina Kaiser daraus. In ihren Augen sei die Begründung der Stadt eine „schlechte Ausrede.“ Ähnliches würden sie und andere Betreiber bedauerlicherweise auch in anderen Städten erleben.

Auf die Frage des SÜDKURIER, ob die Stadt Zirkussen generell keine Flächen zur Verfügung stellen möchte, etwa aus Bedenken beim Thema Tierwohl oder anderweitigen Gründen, ging die Stadt in ihrem Antwortschreiben als einzige im Fragenkatalog nicht direkt ein.

Circus Alessio kommt doch noch nach Radolfzell

Doch für Zirkus-Fans gibt es eine gute Nachricht. Der Circus Alessio kommt trotzdem nach Radolfzell. „Wir haben ein Privatgelände gefunden, auf dem wir endlich ein Gastspiel veranstalten können“, berichtet Tina Kaiser.

Der Zirkus gastiert nun vom 5. bis zum 21. Juli in der Nähe des Herzenbades in Radolfzell. Die Aufführungen finden jeweils am Freitag um 15.30 Uhr und 19 Uhr, am Samstag um 15.30 Uhr und am Sonntag um 14 Uhr statt.