So mancher Autofahrer hat eine kurze Zündschnur. Stundenlang im Stau stehen, den letzten Parkplatz vor der Nase weggeschnappt bekommen – oder beim Ausparken geschnitten werden. Bei dem einen oder anderen Hitzkopf liegen da schnell die Nerven blank. So ähnlich war es auch bei einem 44 Jahre alten Mann, der wegen seiner emotionalen Reaktion sogar auf der Anklagebank des Radolfzeller Amtsgerichts landete. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Sachbeschädigung.

Streit vor Höllturm-Parkhaus

Denn sie warf dem Mann vor, dass er im Januar 2024 das Fahrzeug einer anderen Autofahrerin mehrfach beschädigt haben soll. Laut Anklage sei der Mann wütend geworden, da diese ihn beim Ausparken aus dem Höllturm-Parkhaus nicht in die Tegginger Straße habe einfädeln lassen. Er sei daraufhin wutentbrannt ausgestiegen, habe vergeblich versucht, ihre Fahrzeugtüre aufzureißen, und anschließend gegen die Scheibe geschlagen.

Noch immer voller Wut soll der Angeklagte im Anschluss vor das Auto gelaufen und mit beiden Beinen auf die Motorhaube gesprungen sein. Schließlich soll er sogar noch das Kennzeichen vom Fahrzeug gerissen haben, ehe die Geschädigte in Panik habe wegfahren können. So hatte diese den Ablauf zumindest bei der Polizei geschildert.

Angeklagter widerspricht Vorwurf

Der Angeklagte, auch vor Gericht sichtbar unter Strom und gespannt darauf, seine Version der Geschichte zu erzählen, schilderte den Sachverhalt hingegen ganz anders – und hoffte auf einen Freispruch. Er berichtete, er sei friedlich und ordnungsgemäß aus dem Parkhaus gefahren und habe sogar noch eine alte Dame am Gehsteig passieren lassen. Anschließend hab er den linken Blinker gesetzt und einen Stadtbus vorbeifahren lassen, um hinter diesem in die Tegginger Straße einzufädeln.

Doch plötzlich sei die vermeintliche Geschädigte mit ihrem Wagen aufgetaucht, habe in letzter Sekunde noch hinter dem Bus abbremsen können – und dabei seine Lücke zugefahren. Er habe ihr deshalb zugewunken. Doch anstatt sich per Geste zu entschuldigen, was der 44-Jährige laut eigener Aussage für selbstverständlich unter Autofahrern gehalten hätte, habe die Frau ihm per Handzeichen zu verstehen gebe, dass er spinne und was er überhaupt wolle.

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Video zeigt: Geschädigte fuhr Angeklagten mit Auto an

„Um ihr ihr Fehlverhalten zu erklären, bin ich dann ausgestiegen. Ich wollte ihr sagen, wie man sich richtig verhält“, rechtfertige der Angeklagte sich. Er habe einmal an der Tür des Autos gezogen. Als diese nicht aufging, sei er vors Auto gelaufen, um Blickkontakt aufzunehmen. „Sie hat aber Gas gegeben und ist gegen mein Schienbein gefahren, sodass sich sogar die Stoßstange eingedellt hat“, berichtete der Angeklagte weiter. Er selbst sei zurückgewichen, wobei vermutlich das Kennzeichen abgerissen sei, an dem sich wohl sein Hosenbein verfangen gehabt habe.

„Dann habe ich mich im Affekt mit dem Po auf die Motorhaube fallen lassen. Drauf gesprungen bin ich aber nicht“ stellte er klar. Er sei zu dieser Zeit wegen familiärer Probleme sehr reizbar gewesen, gab er als Erklärung für sein Verhalten an. Zudem verwies der 44-Jährige auf eine Videoaufnahme seines Tesla, die er als Beweis eingereicht hatte.

Richterin Ulrike Steiner zeigte das Video im Saal. Dieses stützte zwar die Version des Angeklagten nicht vollständig. So war nicht eindeutig zu erkennen, ob die vermeintliche Geschädigte ihn tatsächlich per Gestik provoziert hatte. Allerdings war klar zu erkennen, dass der Angeklagte nicht gegen das Auto getreten oder geschlagen hatte, sondern sich lediglich mit dem Po auf die Motorhaube hatte plumpsen lassen. Wie das Kennzeichen vom Wagen fiel, war nicht zu sehen.

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Gericht stellt Verfahren ein

Steiner deutete an, dass das Video zwar nicht alles eindeutig zeige, die Aussage der Geschädigten aber nicht ausreichend stütze, um eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung zu rechtfertigen.

Sie schlug daher eine Einstellung des Verfahrens vor, der sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte zustimmten. Dieser stellt am Ende in Richtung Steiner fest: „Ohne das Video wäre das hier wohl anders für mich ausgegangen.“