Eine Familie bezieht Sozialleistungen, doch auf einmal ist ein Porsche Cayenne auf die Ehefrau zugelassen. Das passt nicht zusammen und nennt sich Betrug, daher war die Frau nun vor dem Amtsgericht Radolfzell angeklagt. Sie soll zwischen 2018 und 2020 gemeinsam mit ihrem damaligen Mann, der separat angeklagt ist, im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft Sozialleistungen in Höhe von rund 28.000 Euro bezogen haben, obwohl diese ihnen nicht zugestanden hätten.

Denn ihr damaliger Mann habe 2018 über 100.000 Euro geerbt. Das soll die Frau laut der Staatsanwaltschaft gewusst, jedoch nicht den zuständigen Behörden mitgeteilt haben. Dadurch habe sie sich rechtswidrig einen Vermögensvorteil verschafft. In der Verhandlung ging es jedoch nicht um die Schuld oder Unschuld der Angeklagten – die stand bereits fest. Denn die Frau hatte die Vorwürfe bereits im Vorfeld der Verhandlung eingestanden und ihren Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolge beschränkt, also die Höhe des Strafmaßes.

Die Angeklagte zeigte sich in ihren Ausführungen vor Gericht einsichtig, aber teilweise auch unwissend. Die 34-Jährige erklärte, vom Erbe Kenntnis gehabt zu haben: Eigentlich sollte das Erbe an ihre Schwiegermutter gehen, doch die habe es nicht annehmen können, weshalb es an ihren damaligen Mann, von dem sie seit 2020 getrennt lebt und seit Mitte dieses Jahres geschieden ist, übergegangen sei. Doch sie habe nur von 80.000 Euro gewusst, davon habe ihr Ex-Mann die Hälfte an seine Mutter abgeben wollen. Dafür habe er extra ein Konto eröffnet. Ob das Geld tatsächlich aufgeteilt worden sei, das wisse sie nicht.

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Zuschüsse trotz vollem Bankkonto beantragt

Richterin Steiner wundert sich etwas über die Schilderungen der Angeklagten: „Haben sie tatsächlich gedacht, dass sie weiter Leistungen bekommen, mit 40.000 Euro auf der Bank?“

„Ich will nichts schönreden“, sagte die Angeklagte. Sie habe keinen Zugriff auf das Konto ihres damaligen Mannes gehabt. Er habe ihr gesagt, dass das Geld vom Amt für eine Umschulung sei. „Ich habe mir lange Zeit keine Gedanken gemacht, woher das Geld kommt.“ Erst später habe sie bemerkt, dass ihr damaliger Mann – anders als versprochen – das Erbe nicht gemeldet habe.

Die Staatsanwaltschaft erhob Zweifel an den Ausführungen der Angeklagten. Es sei unter anderem ein Porsche Cayenne auf die Angeklagte zugelassen worden, während etwa zur gleichen Zeit Zuschüsse, zum Beispiel für Heizkosten, beantragt worden seien. „Das passt nicht so ganz zusammen“, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Auch die Richterin sah es ähnlich: „Da lebt jemand auf Staatskosten, aber fährt mit dem Porsche Cayenne zum Einkaufen.“

Erklärungsversuche der Angeklagten

Sie habe sich damals auch über den Porsche Cayenne gewundert, erklärte die 34-Jährige. Dass sie sich mit den schwammigen Erklärungen ihres Ex-Mannes abgefunden habe, bezeichnete sie rückblickend als „naiv und dumm“. Sie sei vielleicht zweimal mit dem Wagen gefahren. „Jeder der mich kennt, weiß, dass ich keinen Wert auf so ein Auto lege.“

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Die Verteidigerin versuchte, das Verhalten ihrer Mandantin zu erklären: Da die Frau 2018 und 2019 Kinder bekommen habe, sei sie mit vielen anderen Sachen beschäftigt gewesen. Die Verteidigerin warb auch um Nachsicht bei der Strafbemessung. Für ihre Mandantin könnte demnächst eine Beförderung anstehen, dafür müsse sie nur noch eine Fortbildung machen. Für die Beförderung komme es jedoch darauf an, ob sie nach dem Verfahren eine Vorstrafe habe oder nicht.

Die Angeklagte zeigte sich wiederholt reumütig: „Ich habe definitiv daraus gelernt“, sagte die Mutter von drei Kindern. „Wenn ich es könnte, würde ich es rückgängig machen.“ Wie zu Beginn der Verhandlung bekannt wurde, zahlt die 34-jährige Frau aus Radolfzell bereits seit Längerem 80 Euro pro Monat, um die Schulden zu begleichen. Sie würde das Geld gerne schneller zurückzahlen, erklärte sie vor Gericht, doch das sei nicht so einfach.

Gericht will Beförderung nicht im Weg stehen

Laut der Staatsanwaltschaft handle es sich durch den hohen Schaden für die Allgemeinheit von rund 28.000 Euro zwar um einen schweren Fall. Die Angeklagte habe jedoch keine Vorstrafen, sei Mutter von drei Kindern, berufstätig und leiste bereits Schadenswiedergutmachung. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände beantragte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.

„Die drei Monate sollen eine Chance sein“, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Dadurch könne die Angeklagte die Fortbildung für die angestrebte Beförderung machen. Denn nur Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten führen zu einer Vorstrafe.

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Richterin Steiner hielt die von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafe, der sich auch die Verteidigung angeschlossen hatte, für angemessen, wie sie in ihrer Urteilsverkündung erklärte. Sie verurteilte die 34-Jährige zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, die sie auf Bewährung aussetzte. Die Bewährungszeit legte das Gericht auf zwei Jahre fest.

Die widerrechtlich erlangten Gelder müssen die Frau und der getrennt verfolgte Ex-Mann gesamtschuldnerisch begleichen. Als Bedingung für die gewährte Bewährung müsse die 34-Jährige Schadenswiedergutmachung in Höhe von mindestens 100 Euro pro Monat leisten. Das sei zwar etwas mehr als im Moment, aber es sei dennoch zu stemmen. „Sie haben die Sache in die Hand genommen und gehen trotz drei Kindern wieder arbeiten – das ist eine große Leistung“, sagte die Richterin.