Zufrieden war die Ex-Partnerin des Angeklagten nicht: „Ich hoffe, du schämst dich in Grund und Boden“, rief sie dem Mann hinterher, der sie um 3551,04 Euro gebracht hat. Richterin Ulrike Steiner nannte ihr Urteil hingegen „fair und entgegenkommend“, als sie den Mann aus Radolfzell wegen Betrugs und Urkundenfälschung verurteilte. Die Strafe: 4800 Euro. Doch die Geschädigte weinte bei den Plädoyers. Das wohl nicht zuletzt auch, weil nur eins von sechs Verfahren gegen den 30-jährigen Angeklagten zugelassen werden konnte. Aber was war geschehen?
Er ist hoch verschuldet
Der Angeklagte hatte im November 2021 im Namen seiner damaligen Freundin einen Kredit bei der Creditplus Bank in Stuttgart in Höhe von 3551,04 Euro beantragt und dafür ihre Unterschrift gefälscht. Er selbst musste noch Kredite abbezahlen, die er nach eigenen Angaben für „Privates und Urlaub“ ausgegeben habe. Zur gleichen Zeit hatte der gelernte Maschinen- und Anlagenführer auch Privatinsolvenz angemeldet. Seine aktuellen Schulden belaufen sich auf etwa 40.000 Euro, sagte er.
Zur Bestätigung des Kreditantrages kam es, weil der Angeklagte laut eigener Aussage seiner Ex-Freundin die nötigen Unterlagen für ein sogenanntes POSTIDENT-Verfahren gab und ihr sagte, dass sie es bestätigen müsse. Das Verfahren dient der persönlichen Identifikation von Menschen. Wie der Angeklagte ihr die Notwendigkeit der Bestätigung vermittelte, konnte vor Gericht nicht genauer erläutert werden, denn zu einer Zeugenvernehmung kam es gar nicht erst.
Staatsanwalt wollte die Zeugenaussagen hören
Direkt nachdem Fragen zur Person des Angeklagten geklärt waren, gestand der 30-Jährige nämlich: „Ich habe die Unterschrift gefälscht.“ Mehr wollte er im Gericht nicht sagen. Und das obwohl Richterin Steiner und der Verteidiger, Harald Misol, ihm nahe legten, dass sich ein besseres Verständnis seiner damaligen Situation zu seinen Gunsten auswirken könnte. Dem 30-Jährigen sei es aber nach eigener Aussage zu unangenehm, öffentlich über die damalige Beziehung zu seiner heutigen Ex-Freundin zu sprechen. Die war als Zeugin geladen und wartete mit einer vollen Mappe vor dem Gericht.
Der Staatsanwalt wollte die Aussagen der zwei geladenen Zeugen aber gerne hören. Immerhin gibt es noch fünf weitere Fälle, in denen der Angeklagte verdächtigt wurde, ein hinreichender Tatverdacht jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Worum es dabei ging, wurde vor Gericht nicht gesagt. Die Zeugenaussagen hätten vielleicht Aufschluss darüber geben können. Er gab jedoch Richterin Steiners Argument bei, den Konflikt hier zu befrieden und die Beweisaufnahme ohne Zeugen zu beenden.
Da der Angeklagte das Vertrauensverhältnis zu seiner damaligen Freundin schamlos ausgenutzt habe, wie der Staatsanwalt in seinem Plädoyer erklärte, verlangte er eine Strafe von 6000 Euro – 1200 Euro mehr, als dem Angeklagten letztendlich auferlegt wurden.
Verteidiger beschuldigt Ex-Partnerin
Richterin Steiner begründete ihr milderes Urteil mit der lange Verfahrensdauer, dem Geständnis und der Reue des Angeklagten und weil er zu der Strafe noch den Schaden der Bank und die Verfahrenskosten zahlen muss. Außerdem bemerkte sie auf Hinweis des Verteidigers, dass die Bank sich auch nicht fehlerfrei verhalten habe. Die vorliegenden Unterschriften des Mannes und seiner damaligen Freundin würden sich nämlich derart stark unterscheiden, dass sie nicht nachvollziehen könne, dass nicht eine weitere Prüfung veranlasst wurde, so Steiner.
Doch nicht nur das merkte Verteidiger Misol an. In seinem Plädoyer behauptete er, dass die Ex-Partnerin des Angeklagten nicht unbeteiligt sei an dem Vergehen des Mannes. Er würde gerne das angesprochene „ausgenutzte Vertrauensverhältnis relativieren“, da beide über ihre Verhältnisse gelebt hätten, so Misol. Einen genauen Vorwurf wollte der Anwalt nicht in seinem Plädoyer erläutern, eine genauere Aufarbeitung davon fand an diesem Tag keinen Platz im Gericht.
Doch die Ermittlungen zu den bisher nicht zugelassenen Verfahren laufen derzeit noch, wie der Staatsanwalt dieser Zeitung nach dem Verfahren sagte. Deswegen konnte er sich aber auch nicht zu weiteren Details äußern.