In den 1980er Jahren galten Passagen als modern. Überdachte Einkaufsgassen, gefüllt mir Läden und Gastronomie, das wussten die Kunden zu schätzen. Auch Radolfzell bekam in diesem Jahrzehnt die Höllturmpassage ins Herzen der Innenstadt gebaut. Nun ist diese insolvent. Die Höllturmpassage ist eins von mehr als 50 Tochterunternehmen der Thallos AG mit Sitz in Tübingen. Das Insolvenzverfahren ist in diesem Sommer vor dem Amtsgericht Stuttgart eröffnet worden. Was bedeutet es für die Geschäfte in der Passage? Diese Frage war nicht so einfach zu beantworten.

Nicht nur leer, sondern jetzt auch insolvent: Die Höllturmpassage ist bereits seit vielen Jahren das Sorgenkind des Radolfzeller Handels.
Nicht nur leer, sondern jetzt auch insolvent: Die Höllturmpassage ist bereits seit vielen Jahren das Sorgenkind des Radolfzeller Handels. | Bild: Jarausch, Gerald

Eine Anfrage dieser Zeitung bei der Thallos AG und ihrem Geschäftsführer Thomas Jürgen Schmitt blieb unbeantwortet. Erst auf mehrmalige Nachfrage wurde auf den Insolvenzverwalter verwiesen. Übernommen hat dies die Stuttgarter Anwaltskanzlei Grub Brugger.

Auch hier gibt Rechtsanwalt Tobias Rentschler erst nach mehrmaliger Anfrage Auskunft über den Sachstand in der Radolfzeller Passage. „Es ändert sich erst einmal gar nichts“, so Rentschler. Die Geschäfte würden weiterhin geöffnet bleiben, die Mietverträge ihre Gültigkeit behalten. Kunden könnten wie gewohnt einkaufen gehen.

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Zinsen sind dramatisch gestiegen

Laut Rentschler hätten die gestiegenen Zinsen für die finanzielle Schieflage der Höllturmpassage gesorgt. Die Thallos AG hatte für ihr Tochterunternehmen flexible Zinssätze in der Finanzierung vereinbart. Dies sei in der Branche nicht weiter unüblich, erklärt Rentschler. Denn bisher hätten Investoren in der Regel von sinkenden Zinssätzen auf ihre Kredite profitiert. „Der Zinssatz kannte eine Weile lang nur eine Richtung. Nun ist das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen“, so der Stuttgarter Rechtsanwalt.

Die neu gebaute Höllturmpassage im März 1984.
Die neu gebaute Höllturmpassage im März 1984. | Bild: Günther Sokolowski

Nun seien die vereinbarten Zinssätze für laufende Kredite ausgelaufen, es war es an der Zeit, den flexiblen Zinssatz neu zu verhandeln. Und diese hätten sich wegen der aktuellen Finanzlage plötzlich verdreifacht. Dies habe zur Zahlungsunfähigkeit des Tochterunternehmens geführt. Auch das sei ein Phänomen, welches in jüngster Vergangenheit immer wieder vorkomme, ordnet Tobias Rentschler den Sachverhalt ein. Die gestiegenen Zinssätze hätte einige Immobilieninvestoren in eine finanzielle Schieflage gebracht.

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Passage soll verkauft werden

In der Höllturmpassage gehe trotz der Insolvenz alles erst einmal seinen gewohnten Gang. Laut Rentschler werde jetzt ein „struktureller Veräußerungsprozess“ in die Wege geleitet. Der Insolvenzverwalter Grub Brugger plant, die Passage wieder an den Markt zu bringen und zu veräußern. Was so eine Einkaufspassage kosten soll, dazu möchte der Rechtsanwalt nichts sagen. Der Preis für die Höllturmpassage werde sich an der Nachfrage des Marktes orientieren. Im Idealfall werde die Immobilie bis Mitte 2025 wieder zum Verkauf stehen.