Leere Schaufenster, dunkle Räume und Stromkabel, die aus der Wand hängen: Wer dieser Tage durch die Radolfzeller Innenstadt läuft, sieht zwischen Bahnhof und Seemaxx einige leere Ladenflächen. Zwar ist der zweite Lockdown seit Mai vorbei und das Leben seither in die Innenstadt zurückgekehrt. Es stellt sich aber die Frage: Was steckt hinter diesen Leerständen? Und inwiefern sind sie Auswirkungen der Corona-Pandemie?
Leerstand am Seetorplatz: Gebäude soll Hotel mit Tiefgarage weichen
Ein aktuelles Beispiel für Leerstand in Radolfzell ist die Gewerbefläche des einstigen Taschenladens am Bahnhofsplatz. Ende September verließen die Betreiber von Elizabeth‘s Lederwaren die Ladenfläche und bezogen einen neuen Ort in der Sankt-Johannis-Straße. Doch wer nun aus dem Radolfzeller Bahnhof tritt und die ersten Schritte in der Radolfzeller Altstadt macht, bekommt auf der rechten Seite eine große, leere Ladenfläche präsentiert.

Wie die ehemalige Mieterin und Betreiberin des Taschenladens Claudia Schubach erklärt, seien aber sowohl Umzug als auch Leerstand nicht Corona-bedingt. „Der Grund unseres Umzuges ist der bevorstehende Abriss des Gebäudes laut des Vermieters.“ Dieser habe das Mietverhältnis nicht verlängert. Murat Aktas, Eigentümer des Hauses, bestätigt dies.
Er erklärt, dass im kommenden Jahr ein Neubau am Bahnhofplatz Ecke Seetorplatz entstehen soll. „In das neue Gebäude sollen fünf Gewerbeflächen, eine Tiefgarage und oben ein Hotel kommen.“ Bis zum Baubeginn werden die aktuellen Ladenflächen nicht erneut bezogen. Wann der geplante Neubau fertig sein soll, könne er noch nicht sagen. Zuerst müsse die Baugenehmigung beantragt werden.
„Manchmal kommen Kunden, die vor einem leeren Laden stehen“
Leer steht auch eine Ladenfläche in der Poststraße. Zuvor war dort ein Geschäft des Mobilfunkanbieters O2. Der Eigentümer des Hauses wollte auf Anfrage von dieser Zeitung nicht zum Leerstand zitiert werden. Doch Rosi Singh, Inhaber des Nachbarladens Sarah Fashion, vermutet: „Die Mieter haben den Laden im Mai nach Ende des zweiten Lockdowns aus finanziellen Gründen geräumt.“

Die Betreiber des ehemaligen Mobilfunkladens seien aber noch immer im Mietvertrag. Manchmal kämen noch immer Kunden des Mobilfunkanbieters, die dann vor einem leeren Laden stünde, sagt Singh. Wann wieder ein Gewerbe die 90 Quadratmeter große Ladenfläche beziehe, wisse er aber nicht.
Dauerleerstand auf 128 Quadratmetern in der Höllturmpassage
Auch im Erdgeschoss der Höllturmpassage ist seit längerer Zeit eine Ladenfläche ohne Mieter. Bis kurz nach Beginn der Pandemie war dort noch ein indisches Restaurant. Wann die 128 Quadratmeter große Fläche aber wieder vermietet werde, sei auch hier unklar, erklärt Uli Günter von der thallos AG, dem Besitzer der Höllturmpassage. Aktuell führe man „lose Verhandlungen“ mit zwei Gastronomen.

Zwar habe man bereits Anfragen für eine Nutzung der Fläche als Büro erhalten, diese aber abgelehnt. „Generell wollen wir an der prominentesten Fläche der Passage einen Gastronomiebetrieb ansiedeln“, sagt er. Das Problem sei aber die neun Quadratmeter große Küche. „Diese bietet sich nicht für große gastronomische Angebote an.“ Stattdessen passe eher ein Café zum Ladenobjekt, so Günter.
Stadt: Kein Grund zur Sorge bei aktuellem Leerstand
Trotz weiterer leer stehender oder nicht genutzter Flächen in der Kaufhausstraße, in der Bahnhofstraße, in der Markthallenstraße und in der Untertorstraße sieht die Stadtverwaltung Radolfzell beim Thema Leerstand keinen Grund zur Sorge. Insgesamt seien sieben Leerstände bekannt, erklärt Moritz Schade, Pressesprecher der Stadt Radolfzell.
„Darunter befinden sich zwei Objekte, über die gegenwärtig Gespräche zwischen Interessenten und Eigentümern beziehungsweise Maklern stattfinden.“ Im Vergleich zur Zeit vor Ausbruch der Pandemie sei die Zahl bei den Leerständen aber etwa gleichgeblieben. „Im ersten Quartal 2020 hatten wir acht Leerstände zu verzeichnen“, so Schade. Auch in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 habe die Zahl auf diesem Niveau gelegen.
Schade betont: In den Sommermonaten dieses Jahres habe sich die Lage im Einzelhandel entspannt. „Händler und Gastronomen kamen, wie auch im vergangenen Jahr, die große Anzahl an Touristen zugute.“ Einzelne Geschäftsaufgaben seien nach Informationen der Stadt keine Folge der Pandemie gewesen, sagt er. Vorhandene Leerstände seien schnell wieder ausgefüllt worden, so Schade. Als Beispiel nennt er den Optiker in der Seestraße.