Was raten Lehrer den Schülern häufig vor wichtigen Prüfungen? Gründet Lerngemeinschaften. Vereinbart Treffen und erarbeitet euch den Stoff gemeinsam. In Zeiten der Corona-Pandemie ist das aber nicht möglich. Für Abiturienten ist die Vorbereitung auf ihren Abschluss ungewohnt. Alleine lernen – die gezwungenermaßen neue Devise. Wie ergeht es den Schülern ohne normalen Unterricht, ohne den persönlichen Kontakt zu Mitschülern und Lehrern? Stellen sie sich darauf ein, dass das Abitur trotz anhaltender Corona-Krise ab Mai auch wirklich stattfindet? Und wie genau planen sie für die Zeit danach? Viele ungewisse Fragen, auf die die angehenden Radolfzeller Absolventen Louis Ruf, Alicia Joos und Jonas Haller Antworten suchen.
Enge Taktung für Louis Ruf kein Problem
„Es ist so wie es ist“, sagt Louis Ruf am Telefon. Der 19-Jährige aus Böhringen geht auf das Wirtschafts-Gymnasium im Schloss Gaienhofen und schreibt dort in diesem Jahr sein Abitur. Zumindest geht er zum jetzigen Stand „auf jeden Fall davon aus“. Am 20. Mai startet für ihn der sechstägige Prüfungsmarathon. Eröffnet wird an den Wirtschaftsgymnasien Baden-Württembergs mit der schriftlichen Deutsch-Prüfung. Die enge Taktung sei für ihn kein Problem. Wichtig findet er, dass zwischen der Mathematik- und Wirtschaftsprüfung ein Wochenende sei. „Da kann man dann zwischendurch mal durchschnaufen“, sagt er.
Zufriedenheit mit Online-Lernen
Die Verschiebung des Abiturs sieht er relativ neutral. Ursprünglich wäre es für Louis Ruf am 8. April losgegangen. Es sei Vor-und Nachteil zugleich. „Wir haben noch mehr Zeit für die Vorbereitung. Aber für mich ist der persönliche Kontakt mit Lehrern und Mitschülern eigentlich schon sehr wichtig“, sagt der 19-Jährige. Aus seiner Sicht sei es effektiver, sich zu treffen und dann gemeinsam zu lernen. „Über Videokonferenzen ist es nicht dasselbe“, findet er. Dennoch mache er das Beste aus der Situation: „Der Kontakt mit den Lehrern ist ja immerhin da, über das Internet funktioniert es gut. Und wir wurden ja auch schon in der siebten Klasse mit Online-Lernen vertraut gemacht.“
Ähnlich ergeht es derzeit Alicia Joos. Die 18 Jahre alte Radolfzellerin besucht ebenfalls das Wirtschaftsgymnasium im Schloss Gaienhofen. Sie lerne derzeit meist alleine. „Ich bin ziemlich entspannt. Wir können uns nicht beschweren, haben sehr viel Online-Unterricht und die Lehrer können wir dauerhaft kontaktieren“, erzählt sie. Man brauche zwar mehr Disziplin, dafür könne man sich auf die für das Abitur relevanten Fächer konzentrieren. „Ich glaube, es ist kein großer Nachteil. Die Situation ist einfach neu, aber wir haben immer genug zu tun.“
Wie Alicia Joos und Louis Ruf geht auch Jonas Haller davon aus, dass das Abitur ab Mai geschrieben wird. Er nutze die Verschiebung, um noch präziser zu lernen. „Ich versuche, bei meiner Vorbereitung jetzt noch mehr in die Tiefe zu gehen“, sagt der 19-Jährige, der auf das Soziale Gymnasium am Marianum in Hegne geht. Doch er gibt auch mit einem Schmunzeln ehrlich zu: „Mit dem Lernen habe ich durch den Zeitgewinn schon etwas zurückgeschraubt. Ich bin da aktuell entspannt.“ Dass die Möglichkeit besteht, online Unterricht zu bekommen, schätzt er sehr: „Normaler Unterricht ist zwar persönlicher und fehlt mir auch sehr, aber wir erfahren tolle Unterstützung von den Lehrern.“
Wie sehen die Zukunftspläne der drei aus?
Sowohl Louis Ruf als auch Alicia Joos und Jonas Haller kommen mit ihrer aktuellen Situation also gut klar. Doch wie sieht es mit den Zukunftsplänen der angehenden Absolventen aus? Gibt es durch die Verschiebung des Abiturs Einschränkungen für die drei Noch-Schüler? „Ich mache ab September ein duales Studium. Zum jetzigen Stand sollte das alles funktionieren“, sagt Alicia Joos. Für ihre Planungen habe Corona überhaupt keine Auswirkungen.
Jonas Haller nimmt es gelassen hin
Ähnlich ist es bei Jonas Haller. „Wir haben nun einfach ein bisschen weniger Ferien. Aber das ist ja kein großes Problem. Es sollte ja im Normalfall möglich sein, seinen eigenen Plan ab September umzusetzen“, sagt er. Anders sieht die Situation dagegen bei Louis Ruf aus. Er wollte direkt nach dem Abi drei bis vier Monate in der Schweiz arbeiten, um sich eine anschließende Reise finanzieren zu können. „Die nehmen mich jetzt leider nicht mehr an“, sagt er und ergänzt: „Für mich ist die jetzige Situation ein bisschen schwierig.“ Doch dieses Schicksal teile er, wie er selbst erzählt, mit vielen Schulkollegen. „Da ist jetzt einfach Spontanität gefragt. Eine Reise nach dem Abi sollte man aktuell einfach nicht buchen“, stellt er klar.
Apropos reisen nach dem Abitur. Viele Absolventen nutzen häufig die Gelegenheit, mit dem Zeugnis in der Tasche mit den Mitschülern in einen Kurzurlaub zu gehen – sozusagen als gemeinsamer Abschluss der Schulzeit. Jonas Haller erzählt, dass die Abiturfahrt bei ihm wegfalle. „In dem Zeitraum, in dem wir jetzt unsere schriftlichen Prüfungen schreiben, wären wir eigentlich in Lissabon gewesen“, sagt er. Und der 19-Jährige ergänzt, dass auch eine zudem geplante Abitur-Hütte nicht stattfinde. „Das ist wirklich sehr schade. Ich bin mir sicher, dass es eine richtig coole Zeit geworden wäre nach dem Abi.“
Alicia Joos findet es nebensächlich
Louis Ruf wollte mit seinen Schulkollegen ebenfalls vereisen. „Wir hatten einen Urlaub gebucht, direkt zwei Tage nach dem Abiball. Unser Plan war, dass wir so schnell wie möglich zusammen in den Urlaub gehen, solange noch alle da sind und noch keiner arbeiten geht, reist oder studiert. Das funktioniert jetzt natürlich nicht“, so der 19-Jährige. Auch der Abiball sei abgesagt worden. Aktuell wisse er noch nicht, ob dann überhaupt noch einer stattfinde. „Wir haben für den Abiball auf jeden Fall noch nichts gebucht“, sagt er. Das sei für ihn aber momentan auch nicht so wichtig. „Klar sind auch zur Zeit überhaupt keine Abi-Partys und man hat keine Kontakte zu seinen Freunden. Aber die Maßnahmen müssen zurzeit halt einfach gemacht werden.“ Alicia Joos, bei der eine geplante Reise nach Amsterdam entfällt, stellt klar: „Ich finde es nicht so schlimm. Das ist gerade auch einfach nebensächlich.“