Menschen retten, Brände löschen und bei Unwettern ausrücken – für Nathalie Rode gehört das seit vielen Jahren zu ihrem Leben dazu. Schon als Kind schloss sie sich zunächst der Jugendfeuerwehr Radolfzell an, stieg später in den aktiven Einsatzdienst auf und ist heute, etwa 20 Jahre nach ihrem Beitritt, noch immer dabei – als eine von wenigen Frauen. Zwölf Prozent beträgt laut Kommandant Tobias Oechsle der Frauenanteil bei der gesamten Radolfzeller Feuerwehr. In der Einsatzabteilung sind es sogar nur sechs Prozent. Damit liegt Radolfzell nicht weit vom deutschlandweiten Trend entfernt: Wie der Deutsche Feuerwehrverband berichtet, waren es 2020 insgesamt 10,5 Prozent aktive Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr.
Vorurteile innerhalb der Feuerwehr? Hat sie nie erlebt
Und schon in Nathalie Rodes Jugendzeit waren es „zum Großteil Jungs“ in der Feuerwehr, wie sie berichtet. Dennoch habe sie innerhalb der Feuerwehr nie mit Vorurteilen oder Diskriminierung zu tun gehabt. „Ich hatte nie das Gefühl, dass ich komisch behandelt wurde“, sagt sie. Und Tobias Oechsle versichert, Vorbehalte würden auch nicht geduldet: „So jemand landet sofort bei mir“. Von Feuerwehrfrauen werde genau das gleiche erwartet wie von ihren männlichen Kollegen. Zwar könne es durchaus vorkommen, dass eine Frau keine Atemschutzträgerin werde, weil es körperlich zu anstrengend sei. Ebenso gebe es aber auch Männer, die sich das nicht zutrauen würden und die Ausbildung daher nicht machen.
Auch außerhalb der Feuerwehr ist es laut Nathalie Rode nur zu kleineren Vorfällen gekommen. So sei sie zum Beispiel einmal gefragt worden, was sie denn mache, wenn die Männer zum Einsatz ausrücken. Und Tobias Oechsle kann sich an eine Situation erinnern, an der ein Zuschauer an einem Einsatz fragte, ob man einer Feuerwehrfrau nicht beim Tragen helfen könne. „Aber meistens ist das auch nicht böse gemeint“, sagt Natalie Rode.
Mehr Feuerwehrfrauen als früher
„Ich glaube, Frauen in der Feuerwehr sind heute normal“, ist Tobias Oechsle überzeugt. Radolfzell diene als Ausbildungsstandort im Landkreis und bei Lehrgängen komme es auch mal vor, dass fast die Hälfte der Teilnehmenden Frauen sind. Auch die Statistik zeigt einen Anstieg bei den Feuerwehrfrauen: 2000 etwa machten Frauen nach Zahlen des Deutschen Feuerwehrverbands noch 5,74 Prozent aller Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren in der Bundesrepublik aus.
Und der Blick auf die Kinder- und Jugendfeuerwehr in Radolfzell macht auch Hoffnungen für die Zukunft: Dort sind laut Tobias Oechsle derzeit 30 und 25 Prozent Mädchen. „Es gibt schon viele Mädchen, die sich dafür interessieren“, bestätigt auch Nathalie Rode. Sie muss es wissen: Als stellvertretende Jugendgruppenleiterin hat sie mit dem Feuerwehrnachwuchs viel zu tun.
Äußere Umstände passen nicht
Dennoch: Auch wenn Nathalie Rode in der Radolfzeller Feuerwehr gleichwertig behandelt wird, gibt es dennoch so manche Probleme. So berichten sie und Feuerwehrkommandant Oechsle von einigen Nachteilen, die durch äußerliche Umstände entstehen.
Zum einen lässt so das aktuelle Feuerwehrhaus in der Kernstadt laut Oechsle keine gleichwertigen Verhältnisse bei den Umkleiden und Spinden zu, da sie beim Bau nicht eingeplant waren und nun der Platz fehlt. Die Umkleide, Toilette und Dusche der Feuerwehrfrauen wurden so nachträglich im Keller eingebaut – an einem Ort, der zugleich auch als Durchgang zum Serverraum dient. „Eigentlich ist es eher ein Flur“, sagt Tobias Oechsle.
Zudem liegt er weiter entfernt von den Einsatzfahrzeugen als die Männerspinde. Nathalie Rode berichtet, dass es deshalb schon öfters vorgekommen sei, dass Einsatzfahrzeuge schon weg waren, bis sie sich die Einsatzkleidung angelegt und die Stufen wieder hinaufgelaufen war. „Diese eine Minute, die man da länger braucht, macht was aus.“ Allerdings komme es natürlich darauf an, wie schnell man generell nach der Alarmierung am Feuerwehrhaus sei.
Eine provisorische Notlösung
Um die Situation ein wenig zu verbessern, wurden im März einige Spinde im Erdgeschoss neben den Männern durch einen Sichtschutz für die Frauen abgetrennt. „Das ist provisorisch“, sagt Tobias Oechsle. Und es ersetze auch nicht die Frauenumkleiden, -toiletten und -duschen im Keller. Denn an den abgetrennten Spinden werde lediglich die Einsatzkleidung, also etwa die Jacke und die Stiefel der Feuerwehr angelegt. Komplett auskleiden sollen sich die Frauen dort nicht.

„Das ist natürlich nicht befriedigend“, weiß der Kommandant. Allerdings lasse das aktuelle Feuerwehrhaus keine andere Lösung zu. „Wir werden hier keine richtige Geschlechtertrennung machen können“, bedauert er. Dazu brauche es einen Neubau.
Die normale Einsatzkleidung passt nicht immer
Ein weiteres Problem für die Feuerwehrfrauen gibt es laut Tobias Oechsle auch bei der Einsatzkleidung selbst. Zwar gebe es diese bei dem Hersteller, der die Feuerwehr in Radolfzell beliefere, auch in der Größe S. „Aber wir haben auch Frauen, denen das nicht passt.“ Denn die Kleidung sei dennoch auf Männer zugeschnitten. In Radolfzell habe man daher in den vergangenen Jahren Sonderanfertigungen bestellt, diese bezahle die Stadt.
„Ich denke, die Hürden sind nicht mehr in den Köpfen, sondern technischer Natur“, fasst der Kommandant die Situation zusammen. Bei der Einsatzkleidung bessere sich die Situation aber: „Langsam sind die Hersteller auch aufgewacht.“
Und Nathalie Rode sieht sogar einen Vorteil als Frau in der Feuerwehr: „Wenn bei Männern der Bart zu lang ist, dürfen sie keine Atemschutzmasken tragen“, erklärt sie – denn die Maske könnte dann nicht mehr luftdicht abschließen. Für einen Einsatz unter Atemschutz fallen solche Einsatzkräfte dann also aus. „Da haben wir Frauen keine Probleme.“