Es ist das Ende einer Ära: Über 33 Jahre lang war Helmut Richter Feuerwehrkommandant in Radolfzell, leitete die Feuerwehr und erlebte zahlreiche Einsätze mit. 1987 wurde er in die – damals noch ehrenamtliche – Position gewählt, ab 1991 führte er sie hauptamtlich aus. Nur kurzzeitig zog es ihn beruflich zum TÜV, doch er kehrte zurück zur Feuerwehr. Nun hat er sein Amt abgegeben, am 1. März wurde es von Tobias Oechsle übernommen. Der 35-Jährige wird ab Juli, wenn Helmut Richter in den Ruhestand geht, auch dessen Nachfolger als Leiter des Fachbereichs Feuerwehr und Bevölkerungsschutz.
Ein paar Themen will er noch begleiten
Dennoch wird Helmut Richter der Feuerwehr erhalten bleiben: Anfang März tritt er in die Altersabteilung der Feuerwehr Radolfzell über. Bis Ende März sitzt er noch im Ausschuss des Kreisfeuerwehrverbands und bis 2024 im Vorstand des Landesfeuerwehrverbands. Und ein paar Radolfzeller Themen möchte er bis zu seiner Rente auch noch weiter begleiten: zum einen den Umbau des Feuerwehrhauses Markelfingen, zum anderen die Vorbereitungen für den Neubau des Feuerwehrhauses Böhringen. „Das werde ich vermutlich auch noch mit den politischen Gremien vorantreiben“, sagt er.
Auf diese Weise könne er auch noch ein wenig Tobias Oechsle entlasten. Dieser müsse neben seinen neuen Aufgaben auch noch seine alten bei der Stadtverwaltung Radolfzell erfüllen, bis die Stelle neu besetzt ist. Denn Oechsle ist kein Unbekannter in der Stadt: In den vergangenen Jahren war er stellvertretender Fachbereichsleiter bei der Radolfzeller Feuerwehr und auch für den vorbeugenden Brandschutz, den Einsatzdienst und die Ausbildung zuständig.
Neue Aufgaben für Tobias Oechsle
Tobias Oechsle erklärt, was das bedeutet: Er habe etwa bei der Planung von Bauvorhaben oder Umbauten sowie Veranstaltungen zu Fragen rund um den Brandschutz beraten. Außerdem habe er unter anderem die Einsatzvorplanung für bestimmte Szenarien übernommen.
In Zukunft kommen nun neue Aufgaben auf ihn zu. Zum einen sei da eine neue Verantwortung „für den Feuerschutz und die Hilfeleistung der Stadt“, so Oechsle. Aber auch um Dinge wie Budgetplanung, den Austausch mit Gemeinderat und Ausschüssen sowie Personalführung müsse er sich kümmern.
Von der Berufsfeuerwehr nach Radolfzell
Tobias Oechsle will sich den Herausforderungen stellen. Auf seine neue Stelle habe er sich beworben, „weil ich gerne die Verantwortung trage und auch selbst gestalte“, wie er sagt. Außerdem bereite es ihm Spaß, mit den verschiedenen ehrenamtlichen Feuerwehrleuten zusammenzuarbeiten. Und er habe jahrelang Zeit gehabt, sich Gedanken um eine mögliche Nachfolge für Helmut Richter zu machen.
Zur Feuerwehr Radolfzell kam Tobias Oechsle 2018, nachdem er 2005 erst in die Freiwillige Feuerwehr Konstanz eingetreten war und später mehrere Jahre bei der Berufsfeuerwehr in Frankfurt am Main arbeitete.
Dass er diese wieder verließ, habe zwei Gründe gehabt. Zum einen habe es ihn wieder zurück in den Landkreis Konstanz gezogen. Zum anderen sei es zwar interessant, bei einer Berufsfeuerwehr in einer Großstadt zu arbeiten. „Aber hier ist es tatsächlich ein bisschen vielfältiger“, sagt Oechsle. Während in der Berufsfeuerwehr jede Kraft nur einen bestimmten Arbeitsbereich abdecke, verteile sich in Radolfzell die hauptamtliche Arbeit auf weniger Schultern. „Man bekommt so das gesamte Spektrum der Feuerwehr mit“, erklärt Helmut Richter.
Was in Zukunft ansteht
Themen, um die er sich in der kommenden Zeit kümmern muss, gibt es viele. „Es ist nicht so, dass ab morgen alles anders wird“, sagt er. „Es wurden ja viele auch größere Projekte angefangen und werden umgesetzt.“ Zu den Themen zähle die Motivation der ehrenamtlichen Feuerwehrleute. „Wir sind zu 99 Prozent ehrenamtlich und werden es auch immer sein“, sagt Oechsle. Allerdings hätten Feuerwehren – nicht nur in Radolfzell – bereits seit Jahren mit sinkender Verfügbarkeit der Kräfte zu kämpfen.
Ein Grund sei, dass die Feuerwehrleute sich durch ihren Beruf tagsüber nicht in Radolfzell aufhalten. Helmut Richter weist zudem darauf hin, dass Familie und Freizeit immer wichtiger werden und somit weniger Zeit für ein Engagement in der Feuerwehr bleibe. Auch erfordere die Mitgliedschaft in der Feuerwehr viel Engagement: Die Einsatzkräfte müssten etwa regelmäßig Übungen absolvieren, damit Handgriffe im Ernstfall sitzen.
Die Szenarien im Einsatz ändern sich
Aus- und Fortbildungen sind weitere Themen, die Tobias Oechsle künftig beschäftigen. Nicht nur schreite die technische Ausstattung der Feuerwehrfahrzeuge voran, sondern auch die Einsatzszenarien ändern sich, zum Beispiel weil immer mehr Elektro-Autos unterwegs sind. Es brauche spezielle Technik, um solche Brände zu löschen. „Das ist für das Ehrenamt eine riesige Herausforderung, da fit zu bleiben“, betont Oechsle. „Das muss man vorher irgendwann gelernt haben. Und das muss man auch so gestalten, dass die Leute Spaß dran haben.“
Ein weiteres Dauerthema sei die Notwendigkeit eines neuen Feuerwehrhauses in der Stadt sowie die Umstellung auf eine digitale Einsatzalarmierung in Radolfzell. Entsprechende Meldeempfänger seien bereits geliefert worden, nun müsse das Vorhaben aber weiter vorbereitet werden. Tobias Oechsle geht allerdings davon aus, dass es 2023 mit der Umstellung klappt. Durch den Ukraine-Krieg spiele auch das Thema Bevölkerungsschutz sowie die Energiekrise wieder eine große Rolle.
Zu tun hat Tobias Oechsle also einiges. Freude über seine neue Funktion herrscht bei ihm aber trotzdem: „Ich denke, dass ich den interessantesten Job der Welt habe“, sagt der neue Feuerwehrkommandant.