Was ist daran freiwillig, wenn den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im ersten Gespräch gesagt wird: „Wir sehen für Sie keine Zukunft bei Schiesser“ oder „Wir werden Ihnen kündigen, wenn Sie das Angebot nicht annehmen“?
Die betroffenen Mitarbeiter wurden, beziehungsweise werden im Gesamtkontext informiert. Und zwar im Sinne einer Sensibilisierung bzw. Aufklärung, welchen Einfluss das Marktgeschehen auf den jeweiligen Job hat.
Warum sind es gerade langjährige Mitarbeiter mit in einigen Fällen über 30 Betriebsjahren, die Sie aus der Schiesser AG drängen wollen?
Das ist so nicht richtig. Wir drängen niemanden. Wie bereits erwähnt, werden Mitarbeiter mit „gefährdeten“ Positionen auf die unsichere Zukunft des Jobs und die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes hingewiesen. Es handelt sich dabei keineswegs nur um langjährige Mitarbeiter. Allerdings ergibt sich das bei Schiesser zumindest teilweise automatisch aufgrund der Altersstruktur der Belegschaft und den insgesamt langjährigen Betriebszugehörigkeiten. Es kommen jedoch mehr Mitarbeiter aktiv auf Schiesser zu, als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den betroffenen Bereichen unternehmensseitig angesprochen werden. Viele davon sind schon rentennah.
Stimmt es, dass diese Mitarbeiter schon seit dem ersten Lockdown auf 100 Prozent Kurzarbeit gesetzt worden sind und Ihr Unternehmen seither keinen Kontakt zu diesen Mitarbeitern aufgenommen hat bis zu diesem Gespräch, als es um das „Freiwilligenprogramm“ ging?
Stimmt so nicht. Es ist richtig, dass ein Teil der Mitarbeiter schon seit Ende März 2020 in Kurzarbeit ist. Wir nutzen verschiedene Medien, um mit unserer Belegschaft in Kontakt zu treten, beispielsweise der regelmäßige Newsletter der Personalabteilung, der an alle Mitarbeiter geschickt wird. Zudem haben alle ihre Vorgesetzten als Ansprechpartner in den Bereichsleitungen.
In welchen Abteilungen sind die Mitarbeiter beschäftigt, die von der Geschäftsführung gezielt auf das „Freiwilligenprogramm“ angesprochen werden?
Es handelt sich um die besonders betroffenen Bereiche, wie Vertrieb und vertriebsnahe Bereiche am Standort in Radolfzell und im Wholesale (Großhandel) deutschlandweit.
Wie wird sich die Geschäftsführung verhalten, wenn sich die von Ihnen angesprochenen Mitarbeiter nicht zu einer Kündigung entschließen?
Das Freiwilligenprogramm ist wie gesagt der erste Schritt, in dem wir uns aktuell befinden und beruht auf doppelter Freiwilligkeit. Wir hoffen mit diesem Schritt, die Anzahl von späteren betriebsbedingten Kündigungen reduzieren zu können.
Stimmt es, dass Teile der Belegschaft weiter in 100 Prozent Kurzarbeit sind, während andere Überstunden leisten?
Ja, das stimmt und ist situationsbedingt den unterschiedlichen Berufsbildern geschuldet. Während Teile des Vertriebs, das heißt die Wholesale-Organisation, die sich über ganz Deutschland und Europa verteilt, bis zu 100 Prozent in Kurzarbeit sind, arbeitet die Logistik in Radolfzell nach Beendigung des Lockdowns auf Hochtouren, um die Ware an den Handel ausliefern zu können. Selbstverständlich werden die gesetzlichen Vorgaben zur Kurzarbeit vollumfänglich eingehalten.
Will die Schiesser AG mittelfristig den Standort Radolfzell aufgeben?
Nein. Verschiedene operative und administrative Funktionen der gesamten Schiesser Gruppe werden in dieser Umstrukturierungsphase organisatorisch in der Zentrale konzentriert, was zu einer nachhaltigen Stärkung des Standorts in Radolfzell führen wird.