Es ist ein Werkzeug, das Geld sparen und Korruption verhindern soll: Die öffentliche Ausschreibung von Arbeiten durch die Stadtverwaltung. Doch die macht nur dann wirklich Sinn, wenn auf die Ausschreibungen auch wirklich Angebote erfolgen, am besten mehrere – und das ist nicht immer der Fall. Das wurde etwa im Juni deutlich, als der Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik des Radolfzeller Gemeinderats über die Vergabe von Tiefbauarbeiten am Sankt- Meinrads-Platz entscheiden sollte – und deutlich wurde, dass gerade einmal ein Angebot eingegangen war.
Tiefbau ist hauptsächlich betroffen
Tatsächlich ist das kein Einzelfall, wie im Gespräch mit Angelique Augenstein, Leiterin des Dezernats für nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, deutlich wird. „Grundsätzlich gehen Angebote nach Angebotsaufforderung ein“, betont sie zwar. Allerdings sei ein Auftragsrückgang hauptsächlich in Bereichen des Tiefbaus spürbar. Zum Teil gehe auf Ausschreibungen auch gar kein Angebot bei der Stadt ein – nicht nur bei Handwerker-Aarbeiten, sondern auch durch Investoren.
Das war zum Beispiel bei Investorenwettbewerb zur Seebar so und auch bei der ursprünglich geplanten Kita in der Hebelstraße – trotz zwei- beziehungsweise dreimaliger Ausschreibung. „Die angespannte wirtschaftlich Lage ist in allen Bereichen spürbar. Eine Veränderung ist zu erkennen“, fasst Angelique Augenstein zusammen. Woran genau es liegt, dass zum Teil weniger Angebote eingehen, kann sie nicht sagen. Sie vermutet allerdings, dass Fachkräftemangel eine Rolle spielen könnte.
Folgen für die Stadt
Das hat Folgen: Zum einen können Projekte unter Umständen nicht weitergeführt werden – die Kita in der Hebelstraße musste so schließlich mit Baumodulen eingerichtet werden. Zum anderen gibt es keinen Vergleich und keine Auswahlmöglichkeit, wenn nur ein Angebot eingeht. Und das kann zu Mehrausgaben für die Stadt führen, weil nicht mehr wie sonst üblich das günstigste ausgewählt werden kann.
Wie geht die Stadt damit um? Wie Angelique Augenstein berichtet, weise die Verwaltung manchmal Firmen im Vorfeld schon darauf hin, dass demnächst Ausschreibungen erfolgen, sodass diese sich darauf bereits einstellen können. Außerdem würden Ausschreibungen, auf die keine Angebote erfolgten, mitunter abgeändert und erneut ausgeschrieben. Das geschehe in der Hoffnung, dass zu einem späteren Zeitpunkt Angebote eingehen. Nachteil dabei sei allerdings, dass sich diese Bauprojekte dann verzögern, so Augenstein.
Technische Betriebe können aushelfen
„Die Konsequenz eines kompletten Stillstandes an Angeboten für den Tiefbau hätte selbstverständlich zur Folge, dass keine Umsetzung mehr erfolgt“, sagt Augenstein zudem. Allerdings könnten die Technischen Betriebe Radolfzell in einem solchen Fall gegebenenfalls unterstützen und einzelne Aufgaben übernehmen.
Und Angelique Augensteins Blick in die Zukunft bleibt positiv: „Ich bin optimistisch, dass sich die Lage wieder entspannen wird“, erklärt sie. „Das merkt man in Teilen auch schon.“