Wer am Radolfzeller Seeufer unterwegs ist, der hat sie vermutlich bereits an mehreren Stellen gesehen: Abgenagte und umgeknickte Bäume, die etwa im Bereich neben dem Konzertsegel zu finden sind. Biberspuren, wie sie im Buche stehen. Sie zeigen deutlich, dass sich der fleißige Nager auch in Radolfzell ausbreitet – und zum Teil auch mal für Ärger sorgt.

2022 sorgte so etwa durch Biber aufgestautes Wasser zu einer Verunreinigung von Trinkwasser in Böhringen und im gleichen Jahr staute eines der Tiere mit einem Bau? den Bach am Sportheim des SV Markelfingen und sorgte dort für feuchte Wände und zwischen Radolfzell und Böhringen musste zudem ein Weg gesperrt werden. Aber wie viele Biber gibt es derzeit eigentlich in Radolfzell und den Ortsteilen? Und wie können Schäden durch die Tiere vermieden werden?

Reviere am gesamten Seeufer

Eindeutige Zahlen kann die Stadt Radolfzell nicht nennen. Wie sie auf Nachfrage berichtet, liege das daran, „dass je Revier Einzeltiere oder Paare und gegebenenfalls noch Jungtiere des aktuellen sowie auch des vergangenen Jahres leben können“. Allerdings kann die Stadt Angaben machen, wo sich Stand Mitte März Biber niedergelassen haben – und die Liste umfasst so einige Orte.

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In der Kernstadt finden sich so Reviere am gesamten Seeufer, die Zahl sei jedoch nicht erfasst. Weiter gebe es jeweils ein Biberrevier südlich des Gewerbegebiets Hundertjauchert, das am Ortsausgang Richtung Moos liegt, und im Graben des Regenüberlaufbeckens im Streuhau. Auch hätten sich Biber in den Reichenauer Wiesen breit gemacht.

Auch in den Ortsteilen leben Biber

Und auch in den Ortsteilen sind die Nager zu finden: In Böhringen gibt es so laut Stadtverwaltung vermutlich zwei Reviere am Mangässer Bächle, ein Revier am Mühlbach an der Grenze zu Steißlingen, sowie ein oder maximal zwei Reviere am Böhringer See. In Güttingen haben sich Biber im Naturschutzgebiet Buchenseen angesiedelt, in Stahringen gibt es jeweils ein Revier südlich des Ortes in Richtung Brandbühl neben dem Bahnübergang sowie nördlich des Gewerbegebiets Gemeine Wiesen.

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Weiter zählt die Stadtverwaltung vermutlich ein oder maximal zwei Reviere im Bereich des Max Planck-Instituts in Möggingen bis zum Mindelsee sowie Biber im Naturschutzgebiet Mindelsee auf und in Markelfingen gebe es ein Revier im Bereich des Unterdorfs.

Maximaler Bestand vermutlich bald erreicht

Dabei ist die Anzahl der Reviere laut Stadtverwaltung seit 2022 etwa gleich geblieben, eine Zunahme sei nicht zu verzeichnen. Allerdings hat der Bestand in der Vergangenheit generell durchaus zugenommen. Das Landratsamt Konstanz teilt so auf Nachfrage mit, die Biberpopulation sei seit der Ausrottung im 19. Jahrhundert im Landkreis für lange Zeit kaum vorhanden gewesen.

Seit den 1980er-Jahren regeneriere sich der Verstand „und solange für Biberreviere geeignete Gebiete unbesiedelt sind, wird die Population ansteigen“. Allerdings sei im Landkreis Konstanz der maximale Bestand vermutlich bald erreicht.

Typische Biberspuren am Radolfzeller Seeufer.
Typische Biberspuren am Radolfzeller Seeufer. | Bild: Marinovic, Laura

Denn Biber, die sich in einem Revier ansiedeln, halten andere Biber fern. Das hatte die Biologin Bettina Sättele, die seit 2003 die intensive Ausbreitung der Biber in den Landkreisen des Regierungsbezirks Freiburg beobachtet und lange vom Regierungspräsidium als Biberbeauftragte eingesetzt wurde, hatte schon in der Vergangenheit berichtet, dass Biber starke Revierkämpfe führen und sich die Population dadurch von selbst reguliere.

Vergrämung und Umsiedelung nicht einfach möglich

Aber was ist mit den Problemen, die durch Biber entstehen, etwa Stauwasser auf landwirtschaftlichen Flächen oder die Verunreinigung des Trinkwassers wie 2022? Wie können sie vermieden werden? Eine Umsiedlung der geschützten Tiere kommt laut Landratsamt Konstanz nicht regelmäßig in Betracht, denn dafür sei erst einmal ein freies und geeignetes Revier notwendig. Und auch Vergrämungen, bei denen die Tiere dazu gebracht werden, ihre Reviere zu verlassen, sind laut Landratsamt „nur unter strengen Voraussetzungen und in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium als Höherer Naturschutzbehörde zulässig“.

Laut der Stadt hat es eine solche Ausnahmegenehmigung jedoch kürzlich in Radolfzell gegeben, an der seeabgewandten Seite am Bahndamm in Markelfingen sei in diesem Jahr daher schon eine Vergrämung durchgeführt worden. Denn: „Grabaktivitäten in den Bahndamm hinein können auf lange Sicht dessen Standsicherheit negativ beeinflussen“, erklärt die Stadt. Grundlage zur Genehmigung des Antrags sei daher ein funktionierender und sicherer öffentlicher Nahverkehr gewesen.

Frühzeitiges Management kann helfen

Allerdings können Schäden laut der Stadt Radolfzell am besten „durch frühzeitiges und schnelles Management vermieden werden“. Seit 2023 gebe es wieder einen Biberbeauftragten für den Landkreis Konstanz, daher sei das nun wieder deutlich besser möglich als in den vergangenen Jahren. Laut Landratsamt hat ein Biberbeauftragter eine beratende Funktion, die den Unteren Naturschutzbehörden in komplexen Fällen mit ihrer Expertise zur Seite stehen.

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Zudem hat das Landratsamt laut der Stadt Radolfzell sein internes Bibermanagement umgestellt, über eine E-Mail-Adresse gebe es werktags in der Regel spätestens nach einem Tag eine fachliche Antwort auf eine Anfrage, „oft auch schon mit einer Ersteinschätzung und Anweisungen“. Auch könnten Managementkonzepte erstellt werden, um tiefergehende Probleme oder gesamte Gewässerläufe zu betrachten. „Eine Konzeption wurde für den Bereich um den Trinkwasserbrunnen erstellt, derzeit wird eine Konzeption für den gesamten Lauf des Mangässer Bächle in Auftrag gegeben“, so die Stadt.